Positiver Trend bei den Coronazahlen: Zurück in die Zukunft
Nach Monaten des Lockdowns und der Einschränkungen ist endlich Land in Sicht. Das Leben wird zurückkommen – aber doch anders als gewohnt.
N ach geschlagenen vierzehn Monaten der Einschränkungen, des Abwartens, der Verbote und – ja, auch das – der Angst, einer manchmal nagenden Angst, scheint es unvorstellbar, dass es in absehbarer Zeit eine Rückkehr zu Verhältnissen geben könnte, die landläufig als normal bezeichnet werden.
Manche haben schon fast vergessen, wie das war, dieses Leben unter Freunden mit Kino und Restaurant, mit Reisen, auf dem Bolzplatz und beim Konzert, mit Kindern, die tatsächlich in Schulen unterrichtet werden, und Studierenden, die auf einem Campus lernen.
Aber tatsächlich ist es so, dass die Wiederkehr dieses prallen Lebens endlich näher rückt. Die Inzidenz bewegt sich deutlich nach unten. Auch die Zahl der Hospitalisierten sinkt. Noch immer sterben erschreckend viele Menschen an Covid-19, aber auch ihre Anzahl ist rückläufig.
Die Bundesnotbremse mit ihren Ausgangsbeschränkungen verliert damit zunehmend an Bedeutung, denn sie wird erst bei einer hohen Zahl an Infizierten wirksam. Sinkt dieser Wert wie erwartet weiter ab, dann beginnt ein Wettlauf im Land: Wer darf zuerst öffnen? Die ersten Bundesländer haben angekündigt, Gastronomie- und Hotelbetriebe wieder dort zuzulassen, wo das möglich erscheint.
Die Impfkampagne hat gehörig an Tempo gewonnen und drückt die Zahlen. Noch ist die Zahl der vollständig Geimpften gering. Aber mit jedem Piks wird auch die Bedeutung der Schnelltests zurückgehen – außer für diejenigen, die Solidarität verweigern und sich nicht impfen lassen wollen.
Keine alte Normalität
Und dann? Nein, das Leben wird nicht zur alten Normalität zurückkehren. Denn im September wird das Virus nicht verschwunden sein und auch nicht im nächsten Jahr, vielleicht auch noch nicht im übernächsten. Die Gefahr einer die Immunisierung ignorierenden Mutation bleibt bestehen. Die Gesellschaft wird sich an neue Maßstäbe gewöhnen müssen wie regelmäßiges Nachimpfen, Hygiene und Masketragen. Das Leben kehrt zurück – aber doch anders als gewohnt.
Wenige Wochen werden darüber entscheiden, wann es so weit sein wird. Wer jetzt zu schlampen beginnt und meint, die Angelegenheit habe sich erledigt, verbaut vielleicht nicht nur sich selbst, sondern auch vielen anderen den nächsten Sommerurlaub. Wer als Politiker jetzt meint, im Sinne von Handel und Wandel bei einer Inzidenz von 99,9 alle Tore auf einmal öffnen zu können, riskiert nicht nur seine eigene Abwahl, sondern weitere Todesopfer und Schwerstkranke.
Aber wenn sich ein Mindestmaß an Vernunft durchsetzt, dann, ja dann schreibe ich im Juli im Biergarten einen Jubelkommentar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen