Portugals Kreditwürdigkeit herabgesetzt: Nur noch Ramschstatus
Die Ratingagentur Moody's stuft Portugals Bonität um vier Stufen herunter. Es bestehe ein hohes Risiko, dass Portugal seine Schulden nicht bezahlen könne, vermutet die Agentur.
NEW YORK rtr/afp | Die Ratingagentur Moody's hat Portugal eine heftige Ohrfeige verpasst und als erste Agentur die Bonitätsnote des schuldengeplagten Landes auf Ramschstatus gesenkt. Es gebe ein hohes Risiko, dass Portugal ein zweites Hilfspaket benötige, bevor es an die Kapitalmärkte zurückkehren könne, begründete Moody's am Dienstag diesen Schritt.
Die Agentur bewertet die Kreditwürdigkeit des Landes, das bereits Hilfen der Europäischen Union (EU) und des Internationalem Währungsfonds (IWF) über 78 Milliarden Euro erhält, nun mit Ba2 und damit vier Stufen unter dem bisherigen Rating. Der Ausblick sei negativ, hieß es .
Portugals Regierung erklärte, Moody's würde die jüngst eingeführte Sondersteuer und die politische Unterstützung für den Sparkurs nicht berücksichtigen. Der Euro fiel auf ein Tagestief. Investoren verschreckte die Aussicht, dass neben Griechenland ein weiterer Euro-Staat zusätzliche Unterstützung beantragen könnte.
Moody's hegt nach eigenen Angaben größere Bedenken, dass Portugal nicht in der Lage sein werde, die mit der EU und dem IWF vereinbarten Defizitziele zu erreichen. Zugleich sei das Risiko gestiegen, dass sich das Land im zweiten Halbjahr 2013 und einige Zeit danach nicht zu tragbaren Zinsen Geld leihen könne.
Das bisherige Sparpaket sieht vor, dass sich Portugal ab 2013 wieder selbst an den Märkten refinanziert. Der Staat steht laut Moody's vor Herausforderungen bei der Kürzung der Staatsausgaben, den Hilfen für das Finanzsystem sowie einer Ankurbelung des Wirtschaftswachstums.
Analyst Robert Tipp von Prudential sah die Herunterstufung als Beleg dafür, dass die Schuldenkrise – auch, wenn Griechenland ein zweites Paket erhält – nicht vor anderen Ländern Halt macht. Diese Situation werde auch im nächsten oder übernächsten Jahr andauern.
Portugals neue Mitte-Recht-Regierung teilte mit, die Herabstufung verdeutliche die Anfälligkeit der portugiesischen Wirtschaft in der Schuldenkrise. Zugleich versicherte sie, es werde alles getan, um die verschärften Sparanstrengungen zu bewältigen. Anders als die griechische Regierung wird die Koalition in Lissabon in ihrem Sparkurs von den kürzlich abgewählten Sozialdemokraten unterstützt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag die Macht der Ratingagenturen bei der Bewertung eines Landes in Frage gestellt. Die Staaten dürften sich ihre eigene Urteilsfähigkeit nicht "wegnehmen lassen", sagte sie in Berlin. Merkel äußerte sich nach den Querschüssen der US-Ratingagentur Standard & Poor's gegen die europäischen Rettungspläne für Griechenland, die eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger vorsehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht