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PortraitAlternative zu Petry

Jung, neoliberal, lesbisch: AfD-Aufsteigerin Alice Weidel Foto: dpa

Das Video, in dem Frauke Petry ihren Verzicht auf die AfD-Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl erklärt, war gerade zwei Stunden online. Da brachte der baden-württembergische Landesverband eine neue Kandidatin ins Spiel: Alice Weidel, die auf Platz eins der dortigen Landesliste kandidiert. Obwohl hinter den Kulissen seit Langem an dieser Personalie gearbeitet wird, überrascht sie auf den ersten Blick: Die 38-Jährige entspricht in vielem nicht dem dominanten Bild der AfD.

Weidel, die meist mit Bluse und Jackett auftritt, die blonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden, ist promovierte Ökonomin. Ihre Doktorarbeit hat sie mit Hilfe eines Stipendiums der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung über Chinas Rentensystem geschrieben. Über die Kritik am Euro und an der EU-Rettungspolitik fand Weidel zur AfD. Als mit Parteigründer Bernd Lucke viele Wirtschaftsliberale die AfD verließen, ließ sich Weidel in den Bundesvorstand wählen.

Weidel ist in der Nähe von Gütersloh aufgewachsen, nach dem Studium arbeitete sie unter anderem für Goldman Sachs und Allianz Global Investors. Sechs Jahre hat sie in China gelebt, heute ist die Unternehmensberaterin in Überlingen am Bodensee zu Hause. Mit ihrer Lebenspartnerin, einer Schweizer Film- und Fernsehproduzentin, hat sie zwei kleine Söhne.

Neben wirtschaftspolitischen Themen äußert sich Weidel immer wieder zu Islam und Migration, hier wird ihr Ton mitunter recht schrill. Zuletzt empfahl sie Deutschtürken, die für Erdoğans Präsidialsystem gestimmt hatten, in die Türkei zu gehen. Ende letzten Jahres sagte Weidel, Kanzlerin Merkel sei „selbstverständlich“ mitverantwortlich für den Tod einer jungen Frau in Freiburg, die mutmaßlich von einem Asylbewerber getötet worden war.

Im Bundesvorstand ist Weidel keinem Lager klar zuzuordnen. Zuletzt hat sie mit Petry für das Parteiausschlussverfahren gegen Rechtsaußen Björn Höcke gestimmt. Ob sie dem Druck in der ersten Reihe der AfD standhalten kann, muss sich erst zeigen. Wirklich stark ist ihre Position in der Partei nicht: Im März wollte sie Landeschefin werden, unterlag aber in einer Stichwahl.

Sabine am Orde

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