Portrait Ursula Caberta: Die abservierte Sektenjägerin
18 Jahre lang leitete Ursula Caberta die jetzt aufgelöste "Arbeitsgruppe Scientology" in Hamburg. Die Bekämpfung der Sekte machte sie zu ihrer Lebensaufgabe.
HAMBURG taz | Wenn Ursula Caberta etwas macht, dann richtig, und so reiste Hamburgs oberste Sektenbeauftragte im Jahr 2000 einmal nach Clearwater, Florida, dem Ort, wo Scientology ihren Hauptsitz hat. Auf dem Flughafen wurde sie von einer wütenden Menschenmenge empfangen, Rufe wie "Nazi Criminal, go back to Germany" ertönten. Caberta flüchtete durch die Ankunftshalle, eine Rolltreppe hoch. Ihr Gesicht auf dem verwackelten Youtube-Video sieht dabei merkwürdig zufrieden aus.
Seit die ehemalige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete 1992 die jetzt aufgelöste "Arbeitsgruppe Scientology" bei der Hamburger Innenbehörde übernahm, hat sie den Kampf gegen die Psychosekte zu ihrer Lebensaufgabe gemacht. Sie saß auf Podien, hat zahllose Gerichtsprozesse gegen die als klagewütig gefürchtete Organisation geführt. Mal gewann sie, mal Scientology.
Vom Verwaltungsgericht Hamburg kassierte Caberta 2003 eine Rüge, weil sie einige nicht gerichtsfeste Behauptungen über die Sekte wiederholt hatte, trotz Verbots. Sie verletze das "staatliche Neutralitätsgebot", befand das Gericht. Für Ursula Caberta dürfte dieses Urteil so etwas wie ein Ritterschlag gewesen sein, denn um Neutralität war es ihr im Kampf gegen die Organisation nie zu tun. Im Gegenteil: Wer es wie Fernsehpastor Jürgen Fliege wagte, Scientology in ihrem Beisein als Religion zu bezeichnen, wurde angeschnaubt: Scientology sei eine verfassungsfeindliche Organisation, Ende der Diskussion.
Dabei ist das Wissen, das Caberta über Scientology zusammengetragen hat, immens. Kaum jemand in Deutschland weiß besser über die dubiosen Methoden der Sekte Bescheid, die in den USA Tom Cruise und John Travolta zu ihren Erleuchteten zählt.
Der Ton, in dem Caberta dieses Wissen vortrug, wurde jedoch immer schriller, ihre Auskünfte gingen mehr und mehr in Scientology-Beschimpfungen über. Ihre Mitarbeiter, ist zu hören, sollen sich schon vor der jetzt verkündeten Auflösung der Arbeitsgruppe "anderweitig orientiert" haben. Caberta aber wird weitermachen, als One-Woman-Show. Sie ist jetzt 60. Fünf Jahre hat sie noch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken