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PorträtDer Star, der aus der Kneipe kam

Die Hand, die macht, dass es kracht: Steff Schmid  Foto: pirvat

Steff Schmid steht an einem Kickertisch in der Bar 3Raumwohnung. Einmal in der Woche unterrichtet sie für den Verein TFC Devils hier die Anfänger. Bis die kommen, wärmt sie sich auf. „Sonst geht es auf Gelenke und Sehnen.“ Die 26-Jährige führt den Ball mühelos über den Tisch. Sie weiß, was sie tut. „Eigentlich habe ich zu wenig Zeit für das Training“, sagt Schmid. Und knallt den Ball ins Tor, dass es scheppert.

Immerhin reicht es, um Deutsche Meisterin im Einzel zu werden. „Ich hatte einen guten Trainer, das hält an“, sagt sie. Vor acht Jahren ist sie in ihrer Heimatstadt München zum Sport gekommen. „So ein Typ hat mich in meiner Lieblingskneipe richtig weggeputzt.“ Noch ein Ball knallt ins Tor. Sie lacht. Da habe sie wissen wollen, wie man so gut wird. „Und wenn ich etwas mache, dann richtig.“ Also lernte sie die Technik bis ins Detail. Zum Beispiel, dass die Spielstangen an der Innenseite des Unterarms abgerollt statt aus dem Handgelenk gedreht werden. Und dass der Daumen vor dem Schuss nicht den Griff umfasst, sondern die ganze Hand seitlich anliegt.

Heute ist Steff Schmid die Trainerin. An den Nebentischen üben ihre Schüler Ballkontrolle und Schüsse mit Namen wie „Pin Shot“ oder „Jet“. Immer wieder. Schmid flachst mit ihnen, besonders wenn etwas schiefgeht. Dann korrigiert sie wieder konzentriert. Mit dem Feierabend-Kickern unter Freunden hat das hier wenig zu tun. „Kickern ist eben nicht nur draufhauen und es ist schon lange kein Kneipensport mehr“, sagt Schmid. Es gibt Turniere auf Stadt-, Landes- und Bundesebene, sogar Weltmeisterschaften.

Jeden dieser Titel hat sie mindestens einmal gewonnen. Sechs Monate nach ihrem Start als Kickerin wurde sie bayerische Landesmeisterin. Anfangs fuhr sie noch jedes Wochenende auf Turniere. Auch, als sie für die Ausbildung zur Zootierpflegerin nach Oldenburg zog. „Es machte mir Spaß, so richtig mit guten Spielern zu kämpfen.“ Schmid kickerte sieben bis neun Stunden täglich. Zu Hause am eigenen Kickertisch, im Verein, dann noch in der Kneipe.

Das hat sich geändert. Weil sie gerade ihr Abitur nachholt. Und weil sie mit dem Taekwondo eine neue sportliche Herausforderung für sich entdeckt hat. Außerdem hat Steff Schmid sich bei der Polizei in Bremen beworben. Die Aufnahmeprüfungen sind im Februar. „Ich will mal wissen, ob das was für mich ist.“ Trotzdem lässt sie das Kickern irgendwie nicht los. Als Deutsche Meisterin ist Schmid für die Weltmeisterschaften 2017 in Hamburg qualifiziert. Vorher will sie sich auch noch im Doppel die Deutsche Meisterschaft holen. „Dann kann ich in Hamburg beides spielen“, sagt sie und grinst. Wenn sie etwas macht, dann richtig. sies

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