piwik no script img

Poroschenkos Besuch in PolenGen Westen

In Warschau wirbt der ukrainische Präsident Petro Poroschenko um Unterstützung. Polen soll bei einer Annäherung an den Westen helfen.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko bei seinem Auftritt im polnischen Parlament. Bild: ap

WARSCHAU taz | Der Plenarsaal des polnischen Parlaments in Warschau ist voll besetzt, als der ukrainische Präsident Petro Petroschenko am Mittwochnachmittag ans Rednerpult tritt. Anders als Polen habe die Ukraine in den vergangenen 25 Jahren viele Chancen vertan, bekennt er. Dann lobt er die Nachbarn für ihr entschlossenes Streben nach Westen: „Polen hat von Anfang an den richtigen Weg eingeschlagen.“ Auch wenn es nicht immer ganz einfach gewesen sei, so habe Polen doch sein Ziel erreicht und sei heute Nato- und EU-Mitglied.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine habe endgültig klar gemacht, dass es für die Ukraine keine Sicherheit und erst recht keine Zukunft als „blockfreier Staat“ geben könne. Die Ukraine werde nun ebenfalls ganz klar in die Nato und die EU streben. Der Majdan habe eine neue Chance eröffnet, die die Ukraine diesmal nicht verschenken werde.

Mit Hilfe der Polen werde den Ukrainern der Weg in den Westen gelingen. Die Sicherheitsgarantien, die die Ukraine 1994 von den USA, Russland, Großbritannien und Frankreich erhalten habe, als es um den Verzicht auf die Atomwaffen ging, seien das Papier nicht wert, das die Politiker damals unterschrieben hätten. „Faktisch sind wir heute im Kriegszustand“, bilanziert er die aktuelle Lage der Ukraine. Der Waffenstillstand werde immer wieder von den Kämpfern im Donbass gebrochen. Sicherheit werde es für die Ukraine nur in der Nato geben. Das sei nun klar. „Nach meiner Rückkehr in die Ukraine werde ich die Aufhebung der Blockfreiheit meines Landes beantragen. Wir kehren zurück zum euroatlantischen Integrationskurs.“

Noch während der Rede Poroschenkos vor dem polnischen Parlament kommentierten Osteuropa-Experten und Politiker im Fernsehsender TVN24 die Perspektiven der Ukraine auf eine Nato- und EU-Mitgliedschaft. In absehbarer Zeit sei die Nato-Beitritt der Ukraine völlig unrealistisch, so die einhellige Meinung.

Eine Prüfung für Europa und die USA

Die Zeit bis zur „Nato-Reife“ der Ukraine sei aber auch eine Zeit der Prüfung für ganz Europa und die USA. Polen, das als postkommunistisches Land in der Nato heute zu den tragenden Säulen des Bündnisses gehöre, müsse der Ideologie von den "Einflusssphären" wie sie zu Zeiten des Hitler-Stalin-Paktes oder des Kalten Krieges bestanden, entschieden entgegentreten.

Auch die Ukraine habe eine nationales Selbstbestimmungsrecht. Wenn die Ukrainer tatsächlich in die Nato wollten und das Land die Bedingungen für eine Aufnahme erfülle, müssten die Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

Einem EU-Beitritt stünden die mangelnden Reformen und die massive Korruption in der Ukraine entgegen. Bevor das Land seine Hausaufgaben hier nicht erledigt habe, stehe ein EU-Beitritt nicht zur Debatte.

Derweil appellierte Poroschenko erneut an die Solidarität der Polen. Sein Ziel sei es, die Ukraine bis zum Jahre 2020 für einen Antrag auf die EU-Mitgliedschaft fit zu machen. „Gemeinsam sind wir unbesiegbar“, rief er den Abgeordneten zu und erinnerte damit an eine Zeit in der Geschichte, als die beiden Länder einen gemeinsamen Staat bildeten und sich erfolgreich gegen Russland wehren konnten.

Demonstrativ unterzeichnete Polens Präsident Bronislaw Komorowski das Gesetz zur Ratifizierung des Assoziierungsvertrags zwischen der Ukraine und der EU während seines Treffens mit Poroschenko. Kurz darauf wurden zwei polnische Konvois mit Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung in der Ostukraine und für das ukrainische Militär verabschiedet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Aber die jenen rechtsgerichteten Polen, die Lemberg noch nicht vergessen haben, werden die Worte mit Wohlwollen und Schadenfreude gehört haben."

     

    Sie entschuldigen sich sofort für diese pauschale Volksverhetzung!

  • "Kurz darauf wurden zwei polnische Konvois mit Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung in der Ostukraine und für das polnische Militär verabschiedet."

     

    Versteh ich nicht: kämpft polnisches Militär in der Ukraine ? oder warum braucht polnisches Militär, polnische Hilfsgüter...,

     

    naja, bis denne

    • @tomas:

      Gute Frage. Das hatte ich doch glatt überlesen.

  • "...erinnerte damit an eine Zeit in der Geschichte, als die beiden Länder einen gemeinsamen Staat bildeten und sich erfolgreich gegen Russland wehren konnten."

     

    Ich wusste gar nicht, dass der Schokohase jetzt unter die Komiker gegangen ist. Lange bevor die Bezeichnung Ukraine aufkam, wurde ein Teil des Territoriums der heutigen Ukraine von Polen-Litauen erobert und dem Staatsgebiet einverleibt. In den folgenden Jahrhunderten standen die Menschen, deren Nachkommen sich heute als Ukrainer bezeichnen, auf der untersten Stufe der Gesellschaft. Nur ganz klein wenig über den Juden. Egal ob das Gebiet von Krakau, Wien oder Warschau aus regiert wurde. Von einem gemeinsamen Staat konnte beim besten Willen keine Rede sein. Das hatte übrigens auch der „Nationalheld“ der heutigen Herren in Kiew gemerkt. Bandera wurde nämlich von den Nazis in einem polnischen Gefängnis quasi erbeutet. Dort saß er, weil er mitgeholfen hatte, den polnischen Innenminister (verantwortlich für die Unterdrückung der „Ukrainer“) zu ermorden.

     

    Aber die jenen rechtsgerichteten Polen, die Lemberg noch nicht vergessen haben, werden die Worte mit Wohlwollen und Schadenfreude gehört haben.

  • Wie wäre es mit Hilfe für Poroschenko und die Ukraine nach Hartz-IV Grundsätzen?

    Bevor es etwas gibt muss erst eigenes Vermögen und das Vermögen der Angehörigen (in diesem Falle der Angehörigen des Staates) verwendet werden!!!

     

    Die Oligarchen haben doch viele zweistellige Milliarden im Ausland versteckt.

  • Warum steht in dem Bericht nichts über die Kriegstreiberei der Ukraine, sprich das Ersuchen an Polen Waffen zu liefern.

    Viele Grüße