Polizist wegen Demo-Schlag verurteilt: 1.500 Euro für einen Faustschlag
Weil er einen 16-Jährigen bei der "Freiheit statt Angst"-Demo ins Gesichts schlug, verurteilt das Amtsgericht einen Polizisten zu einer Geldstrafe.
Ein Polizist wurde am Donnerstag vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt, weil er bei der "Freiheit statt Angst"-Demo im vergangenen Jahr einen 17-jährigen Demonstranten mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Richterin Birgit Balzer sagte, der 41-jährige Beamte habe "falsch" gehandelt.
Am 12. September 2009 gingen in Berlin zehntausende Demonstranten gegen die Vorratsdatenspeicherung auf die Straße. Dabei ereigneten sich verschiedene brutale Polizeiübergriffe. Mehrere Videos auf dem Portal YouTube dokumentieren die Attacken. Sie brachten mehrere Strafverfahren ins Rollen.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht "der Mann in Blau", der, wie ein Video belegt, von mehreren Beamten niedergerissen und geschlagen wird. Dokumentiert sind noch zwei weitere Angriffe. Einer davon ist der Faustschlag des 41-Jährigen. Ursprünglich wurde gegen ihn ein Strafbefehl in Höhe von 4.500 Euro angesetzt. Das wollte der Polizist nicht akzeptieren, es kam zum Prozess.
In dessen Mittelpunkt stand die Frage, ob der Angeklagte aus Notwehr gehandelt hatte. Zusammen mit anderen Beamten hatte er eine "Glocke", also eine Schutzreihe, um den "Mann in Blau" gebildet, als mehrere Demonstranten versuchten, diesem zu Hilfe zu eilen. Darunter auch das damals noch 16-jährige Opfer. "Was macht ihr denn? Seid ihr behindert?", habe er den Polizisten zugerufen, sagte er im Prozess. Dabei habe er stark gestikuliert und einen Arm gehoben. Daraufhin habe der Beamte ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Das YouTube-Video dokumentiert dies. Kurz darauf wird der 16-Jährige festgenommen.
Der Beamte hingegen erklärt seine Attacke so: "Er versuchte in die Sicherheitsglocke einzudringen, ich packte ihn am Arm und schob ihn zurück." Schon davor habe er ihm einen Platzverweis erteilt, doch der Schüler sei zurückgekommen und habe die Hand gehoben. "Ich dachte, er will mich attackieren. So schlug ich ihm reflexartig an den Kopf."
Als Zeuge wurde auch der Ausbilder des Angeklagten angehört. Er hielt den Schlag für angemessen. "Wenn sich eine Person in so unmittelbarer Nähe befindet, dass Angriffe fatale Folgen haben könnten, muss man alles tun, um das zu verhindern."
Die Richterin indes kann keine Notwehr erkennen und verweist darauf, dass der Beamte seit zehn Jahren bei Demonstrationen eingesetzt wird. So hätte er wissen müssen, dass es nichts Außergewöhnliches sei, wenn sich Demonstranten lautstark einmischten. "Sie haben sich falsch verhalten. Ein weiteres Schubsen hätte ausgereicht." Dennoch fiel ihr Urteil milde aus. "Das Opfer wurde nicht ernsthaft verletzt, es handelt sich um einen minder schweren Fall."
Der Verteidiger des Opfers sieht das anders: "Die Tat war keine Banalität. So ein Schlag hätte auch zu Kieferbruch führen können." Dennoch habe es ihn überrascht, dass es überhaupt zu einer Verurteilung gekommen ist, sagte er der taz. "Das gibt es nur selten. Wenn der Beamte in Berufung geht, dann ist recht wahrscheinlich, dass er einen Freispruch erhält." MARTIN RANK
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