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Polizeiruf 110 aus MünchenTod in der Ausnüchterungszelle

Ein tragischer Unfall? Oder musste die junge Frau sterben, weil sie transsexuell ist? Kommissar Hanns von Meuffels und seine Partnerin gehen in einer dubiosen Wache um.

Ohne Furcht vor nix: Almandine (Lars Eidinger). Bild: BR/Kerstin Stelter

„Wenn ich auf was keine Lust hab, dann auf interne Ermittlungen“, sagt Kommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt). Aber es ist nun mal sein Job. Und so gerät er zwar in eine moralische Zwickmühle, hat aber die Chance auf eine gute Tat. Er ist dennoch so kotzbrockig, dass seine loyale Mitarbeiterin Anna Burnhauser (spitzenmäßig: Anna Maria Sturm) entnervt hinschmeißt.

Der BR-„Polizeiruf“ „Der Tod macht Engel aus uns allen“ holt uns, der Premiere am 4. Juli beim Filmfest München geschuldet, noch mal aus dem drögen Sommerkrimi-Wiederholungsloch. Und zwar mit Kawumms. Erst recht mit den letzten Minuten, die in doppeltem Sinn brutal sind. Und jetzt eine steile These: Es könnte der beste Sonntagskrimi des Jahres bleiben. Im Zentrum ein schwarzes Loch: das, was in der Ausnüchterungszelle eines Polizeireviers mit der Transsexuellen passiert, die am Morgen tot ist. Nur die Lebensgefährtin, auch sie transsexuell, glaubt, dass etwas faul ist, und erstattet Anzeige.

Lars Eidinger spielt diese Almandine mit roséfarbenem Pulli, Glatzenansatz, Glitzerohrclips und fettem Kajal ohne Furcht vor gar nix. Er ist eine Wucht (gut, Brandt auch, muss man das überhaupt erwähnen?), so fern von einer Karikatur, wie man nur sein kann, zwischen zart und brüllend.

Dazwischen zu nüchternem Piano-Plingplong der triste Alltag der Revierpolizisten. Private Abgründe und andere Plotelemente sind nur angerissen, aber so meisterlich, dass man so viel Geschichte und Tiefe für seine 90 Minuten bekommt wie lange nicht – dank der leichten Hand des Jungregisseurs Jan Bonny und der elliptischen Schreibe von Drehbuchautor Günter Schütter (von ihm ist die erste Meuffels-Folge und der „Tatort“-Klassiker „Frau Bu lacht“).

Und dann ist da nonstop diese schmale Ironie. Etwa wenn Almandine sagt: „Was ist denn bitte ein Beischlaf?“ Preisverdächtig.

„Polizeiruf 110“: „Der Tod macht Engel aus uns allen“; So., 20.15 Uhr, ARD

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2 Kommentare

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  • SJ
    Spans Jomas

    Nein! Dieser Polizeiruf war schlecht.

    Der Ton war mies, man hat die Leute schlecht verstanden und wenn man lauter gestellt hat, waren die hohen Frequenzen viel zu überbetont.

    Und nein, schlecht verständlicher Ton ist keine Chiffre für die beinahe unmöglich gewordene Verständigung in unseren (post-)modernen Gesellschaften, sondern ein handwerklicher Fauxpas.

    Die Handlung war an manchen Stellen wenig kohärent. Was sollte diese eine Szene, wo die Polizisten zu einem Einsatz gerufen werden und dann von einer kruden Komparsenmischung aus Linken, Hooligans, Gaaangstas und Hartz IVlern verprügelt wird. Was soll das?

    (Von der völligen Realitätsferne einmal abgesehen)

     

    Und von einer anspruchsvollen psychologischen Darstellung zu reden, finde Ich dann doch arg übertrieben....

     

    Das Ende in all seiner Ratlosigkeit ist gut gelungen, allerdings kommt es mir so vor, als ob man mit dieser wirklich konstruiert wirkenden Affäre von Polizistenfrau und Staatsanwalt einfach nur Zeit gutmachen wollte.

  • O
    oranier

    "von ihm ist die erste Meuffels-Folge und der „Tatort“-Klassiker „Frau Bu lacht“

    - "von ihm sind die erste Meuffels-Folge und der „Tatort“-Klassiker „Frau Bu lacht“, gell?