Polizeigewalt in Berlin-Kreuzberg: Neue Vorwürfe gegen Beamte
Nach dem viel kritisierten Polizeieinsatz am „Kotti“ sollen zwei Jugendliche von Beamten brutal und entwürdigend behandelt worden sein.
Die Jugendlichen sagten der Zeitung, sie hätten sich im Polizeigewahrsam zweimal vor Beamten nackt ausziehen müssen. Ein Beamter soll gesagt haben: „In den USA hätten sie dir den Knüppel schon in den A … geschoben. Du hast Glück, dass der schwule Kollege nicht da ist.“ Sie hätten zudem weder einen Anwalt noch ihre Familien kontaktieren dürfen.
Am vorvergangenen Donnerstag war die Verhaftung eines mutmaßlichen Fahrraddiebes in Kreuzberg völlig eskaliert. Nach Darstellung der Polizei war der Mann nach einer eigentlich beendeten Personenkontrolle aggressiv auf die Beamten losgegangen. Auf Videos von Augenzeugen, die einen Tag später auf Twitter viral gingen, ist zu sehen, dass zwei Beamte schwer mit dem Mann zu kämpfen haben und dabei von Umstehenden mit Gegenständen, laut Polizei Flaschen und Blumentöpfe, beworfen werden. Im Ton ist zu hören, wie Passanten die Polizisten unter anderem als „Hurensöhne“ beschimpfen und die Gewaltanwendung gegen den Mann kritisieren.
Dazu kommende Beamte halten die Passanten mit Pfefferspray auf Abstand, am Ende bringen vier Beamte den Mann am Boden unter Kontrolle. Schließlich sieht man, wie ein dazu kommender Polizist den fixierten Verdächtigen zwei Mal feste tritt. Gegen diesen Beamten wurde einen Tag später ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet.
Empfohlener externer Inhalt
Debatte auf Twitter über Polizeigewalt
Die Videos hatten bei Twitter-Nutzern eine lebhafte Debatte über Polizeigewalt ausgelöst. Weil der Verdächtige Afrikaner ist, steht für manche zudem der Verdacht des Rassismus im Raum. Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) hat per Twitter Augenzeugen aufgerufen sich zu melden. KOP-Mitbegründer Biblap Basu hat zudem aufgrund der Videos gegen mehrere am Einsatz beteiligte Beamte Strafanzeige gestellt, wie er der taz sagte. Dies mache er regelmäßig, wenn er von solchen Fällen höre, auch wenn dies in der Regel keinen Erfolg habe.
Die Polizei nahm zu den neuen Vorwürfen der Jugendlichen bislang keine Stellung. Eine entsprechende Anfrage der taz von Donnerstag wurde bis Redaktionsschluss am Freitag nicht beantwortet. Zum Verbleib des verhafteten jungen Mannes erklärte ein Sprecher, dieser sei nach seiner Festnahme zunächst dem zuständigen Fachkommissariat Fahrraddiebstahl vorgeführt und am nächsten Tag entlassen worden. Es gebe gegen ihn nun ein Ermittlungsverfahren. Bei dem Einsatz seien drei Beamte verletzt worden und hätten im Krankenhaus ambulant behandelt werden müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies