Polizei räumt Kulturstätte in Flensburg: Wasserwerfer gegen Luftschlossfabrik

Flensburgs Bürgermeister wollte die autonomen Besetzer einer Brachfläche um jeden Preis loswerden. Was nun auf dem Areal passieren soll, ist unklar.

Hochausgerüstete Polizei stürmt über einen Räumpanzer den ersten Stock eines Pavillons.

Die Polizei hat es sich bei der Räumung augenscheinlich so bequem wie möglich gemacht. Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Brachfläche an der Flensburger Harniskai-Spitze ist wieder im Besitz der Stadt: Eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei Schleswig-Holsteins räumte am Mittwochmorgen das seit August 2013 als Bauwagenplatz und Kulturstätte „Luftschlossfabrik“ besetzte und genutzte Areal. Sie setzte Wasserwerfer und Räumpanzer ein, als sich die BesetzerInnen und UnterstützerInnen in den Pavillons auf dem Gelände verschanzten und mit Böllern und Holzlatten warfen.

Zuvor hatte ein Gerichtsvollzieher die Besetzer vergeblich aufgefordert, den Platz zu räumen. Wenig später durchbrachen Sonderfahrzeuge die Barrikaden, Beamte stürmten auf das Gelände, enterten schließlich mit Leitern über die Dächer die Pavillons und führten die etwa 20 Besetzer ohne großen Widerstand ab. Lediglich zwei Personen bereiteten der Polizei vorrübergehend Kopfzerbrechen, da sie sich in einem Turm an einem Fass angekettet hatten. Unmittelbar nach der Räumung sollte am Nachmittag mit dem Abriss der Pavillons begonnen werden. „Alles, was da steht, wird abgerissen“ sagte Flensburgs Pressesprecher Clemens Teschendorf der taz.

Um die Räumung hatte es in Flensburg zuletzt eine heftige politische Kontroverse gegeben. Die Stadtverwaltung wollte das Areal um jeden Preis räumen, obwohl es für die Gewerbefläche zurzeit keinerlei Verwendung gibt. In der Sitzung des Hauptausschusses des Flensburger Stadtrates am Dienstagabend, die erst auf Intervention der SPD-Landtagsabgeordneten und Flensburger Oberbürgermeisterkandidatin Simone Lange zustande gekommen war, hatten die Grünen einen Antrag auf ein Räumungsaufschub gestellt.

Die Grünen zogen den Antrag jedoch wieder zurück, nachdem Oberbürgermeister Simon Faber (SSW) ankündigte, einen solchen Beschluss rechtlich anzufechten. „Wir hätten die Abstimmung verloren, weil nur die Linke mit uns gestimmt hätte“, sagt die grüne Fraktionsvorsitzende Ellen Kittel-Wegner der taz. In der Sitzung sei von allen Fraktionen bekräftigt worden, das Kulturprojekt Luftschlossfabrik fördern zu wollen und auch Flächen für Bauwagenplätze andernorts einzurichten. Dass der Oberbürgermeister bereits zwölf Stunden später das Gelände räumen lässt, nennt Kittel-Wegner „irre, skurril und ganz furchtbar“.

Das Areal Harniskai war 2010 von der Firma Tycoon GmbH & Co. KG gepachtet worden, die mit der „Highship Ltd“ einen Industriepark für Flugboote-Montage aufbauen wollte – der Plan floppte. Mit stillschweigender Billigung der Pächterin Barbara Geisel nutzten die 15 Bauwagenbewohner das Terrain und bauten eine Kulturstätte mit Probe-, Performance-, Ausstellungsräumen sowie Werkstätten und einer Skaterbahn auf. Die Stadt hatte 2015 die Rückgabe des Grundstücks von der Firma Tycoon gerichtlich durchsetzen können.

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