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Polizei bei den KoalitionsverhandlungenGroKo gibt alles für die Polizei

Die Große Koalition will die Polizei aufrüsten: Es geht um 15.000 neue Stellen, mehr IT-Befugnisse und eine neue Spezialeinheit.

„Pakt für den Rechtsstaat“: Sie sollen 15.000 neue KollegInnen bekommen Foto: imago/Gottfried Czepluch

Berlin taz | Holger Münch warnt. Heutige Straftäter seien mit modernster Technik unterwegs, immer besser vernetzt, auch international. „Da müssen wir uns als Polizei besser aufstellen“, appelliert der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) am Dienstag auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin. Auch die Terrorgefahr sei keineswegs gebannt. Der „Islamische Staat“ sei „sehr anpassungsfähig“. 743 islamistische Gefährder zähle seine Behörde hierzulande, auch unter Flüchtlingen bestehe eine „erhöhte Radikalisierungsgefahr“. Soll heißen: Seine Polizei kann jede Unterstützung gebrauchen.

Und die soll sie auch bekommen, wenn nun eine Regierung aus Union und SPD zustandekommt: In ihren Koalitionsverhandlungen einigten sich die Parteien auf einen „Pakt für den Rechtsstaat“. 7.500 Stellen für die Bundespolizei soll es darin geben. Die Länder sollen noch einmal genauso viele Polizeistellen neu schaffen. 2.000 neue Stellen soll es zudem in der Justiz geben. Für die Länder soll ein Musterpolizeigesetz erarbeitet werden, das gemeinsame Ermittlungsstandards definiert.

Zudem wird die Spezialeinheit GSG 9 einen zweiten Standort in Berlin aufbauen, mit dem Schwerpunkt der Abwehr von Angriffen mit Massenvernichtungswaffen. Auch wird die Sicherheitspolitik weiter zentralisiert, mit dem BKA als „zentralem Datenhaus“ für alle Polizeien, dem Bundesverfassungsschutz als „zentrale Servicedienststelle“ für operative Technik und einer bundesweiten Cyberabwehr. Die Videoüberwachung soll „mit Augenmaß effektiv ausgebaut“ werden. Die IT-Ausstattung der Sicherheitsbehörden soll ebenfalls ausgebaut werden: Für Ermittlungen im Internet brauche es gleichwertige Befugnisse wie außerhalb, vereinbarten Union und SPD.

BKA-Chef Münch führte am Dienstag das Beispiel Kinderpornografie im Internet an: In 8.400 Fällen habe im vergangenen Jahr kein Täter ermittelt werden können, weil der Polizei Verbindungsdaten nicht mehr vorgelegen hätten. Münch forderte hier eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung.

Das Instrument ist seit Jahren stark umstritten. Die Jamaika-Sondierer hatten sich, nach zähem Ringen, auf eine Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Bei der Groko wird dies nicht passieren. Nach taz-Informationen wird das Thema im Koalitionsvertrag gänzlich ausgespart. Die Parteien wollen vorerst die Rechtsprechung zur Datensammlung abwarten. Die war bisher restriktiv: Zuletzt im Juni 2017 hatte das Oberverwaltungsgericht NRW die anlasslose Speicherung als unvereinbar mit EU-Recht bezeichnet.

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