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Politologe über PegidaDas Repräsentationsloch

Werner Patzelt zeigt viel Verständnis für die rechten Pegida-Demos. Die Organisatoren erinnert er an ihre „Pflicht zur politischen Führung“.

Der Wissenschaftler zu Gast in der Talkshow „Anne Will“ Bild: imago/Müller-Stauffenberg

DRESDEN taz | Wer nach Erklärungen für den Erfolg der Pegida-Proteste in Sachsen sucht, landet in diesen Wochen oft bei Werner Patzelt. Der Dresdner Politologe wird gern als Experte bemüht und redet dann Politikern ins Gewissen.

Das hat Werner Patzelt schon immer gern getan, seit er 1992 als Professor an das neu gegründete Institut für Politikwissenschaft der TU Dresden berufen wurde. Scharfe Grenzen zwischen objektivierender Wissenschaft und subjektiver Positionierung zieht der zumindest in Sachsen recht bekannte Professor dabei nicht immer. Manches mag manchem dabei so kraus erscheinen wie sein Wuschelkopf, etwa wenn er sich für ein Mehrheitswahlrecht nach britisch-amerikanischem Vorbild einsetzte, um stabilere Mehrheiten zu erlangen.

Seine schillernden Locken spiegeln auch seine schillernde Persönlichkeit. Patzelt spielt ein bisschen Cello nebenbei, hat als Student Esperanto gelernt und steht dem Freundeskreis Esperanto vor, hat auch den Vorsitz im Förderforum der Staatsoperette Dresden inne. Vor allem ist er ein glänzender Rhetoriker, versteht es, volkspädagogisch zu agitieren wie akademisch vergnüglich zu disputieren. Deshalb wird er gern als Referent eingeladen, nicht nur von Kreisen, denen er aufgrund seiner Passauer Herkunft und als CDU-Mitglied innerlich nahesteht.

Der Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme und Systemvergleich an der Dresdner Universität gibt der Jungen Freiheit ebenso Interviews wie dem Neuen Deutschland. Er trat bei PDS und Linksfraktion ebenso auf wie beim Deutschen Burschentag 2006 in Eisenach. Im Rahmen des Studium generale an der TU Dresden betreute er die Ringvorlesung „Füxe, Kneipen und Couleur“ über das Brauchtum von Studentenverbindungen.

Für Aufsehen sorgte 2011 sein Auftritt bei der extrem rechten Dresdner Burschenschaft Cheruskia. Sein Lieblingsthema damals wie heute erinnert an das Postulat von Franz Josef Strauß, rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben. Was bei den Burschenschaftern noch die Suche nach dem „Platz zwischen CDU und NPD“ war, nennt er nun vor Pegida-Sympathisanten in der Landeszentrale für Politische Bildung das „Repräsentationsloch“.

In dem Haus, in dessen Kuratorium Patzelt sitzt, bekam er bei einer Anhörung frustrierter Bürger in der Vorwoche durchweg Beifall, zumal er den Pegida-Organisatoren gute Ratschläge gab und sie an ihre „Pflicht zur politischen Führung“ erinnerte. Hier wiederholte Patzelt auch, was er schon der Jungen Freiheit im Dezember gesagt hatte: „Der Diskurs in politischer Klasse und Mediensystem hat sich nach links verschoben.“

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17 Kommentare

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  • Da stellt sich die Frage, ob der Herr, der úbrigens im neuten deutschland immer als CDU-Vertreter angesprochen und vorgestellt wurde, nicht nur über seine Auslassungen im ElbTV an der geistigen Misere dort seinen Anteil hat? Den Schůler Hofreiters sollte man das fragen dürfen!

  • Es kommt einen vor, als ob der Herr Patzelt einen suggerieren möchte, dass wir eine Repräsentation im rechten Spektrum auch benötigen und diese, mit dem nach links verschobenen Diskurs in politischer Klasse und Mediensystem, auch benötigt wird.

  • Warum ist der Spiegel eigentlich nicht mehr links?

  • Das Interessanteste an diesem Artikel war für mich, dass Herr Patzelt in seiner Jugend Esperanto gelernt hat. Er teilt damit das Schicksal etwa mit dem ehemaligen Botschafter in Russland, Ulrich Brandenburg, oder dem einzigen deutschen Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Professor Reinhard Selten, der auch Mitglied im Deutschen Esperantobund ist.







    Ich würde mich freuen, wenn der Autor zusammen mit Professor Patzelt und vielleicht Detlev Blanke, ehemaliger Vorsitzender der Esperantisten in DDR, einen Besuch in Herzberg tätigen würde mit einem Besuch bei unserem Bürgermeister und einen Artikel darüber schreiben würde.







     

  • Also irgendwie ging es in dem Artikel nur darum den Herrn zu diffamieren, statt seine Thesen zu untersuchen und vielleicht etwas zu argumentieren.

     

    Tut mir Leid, aber dieser Artikel ist nicht gerade eine journalistisches Meisterwerk...

    • @SomeoneOutThere:

      Haben Sie da mal was näheres zu seinen Thesen, was der Untersuchung wert wäre?

  • Zitat aus Wiki:

    "Ab 1974 studierte Patzelt Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Universität Straßburg sowie der University of Michigan und erlangte 1980 den akademischen Grad eines Magister Artium (M.A.) an der LMU München"

     

    Was kann man eigentlich mit einem solchen Lebenslauf anderes machen als irgendwelchen Parteien in den Arsch zu kriechen und zu hoffen, dass die ein ordentliches Pöstchen im Parlament oder im öffentlichen Dienst wie einer Uni für einen übrig haben?

  • einige stoßen sich an dem "Der Diskurs hat sich nach links verschoben". M.E. ist damit gemeint, dass es früher - ich hab das selbst noch erlebt - immer 2 relativ gleiche Meinungsstränge in der öffentlichen Wahrnehmung gab. Links Spiegel, rechts Focus (den es in meiner Jugend noch gar nicht gab). Links FR, recht FAZ, links-liberal SZ, rechts WELT. Und so weiter. Es gab aber nicht diese komische PC-Lehre, nach denen sehr viele "rechte" Themen nur noch im privaten geäußert wurden, während öffentlich nur noch "Linkes" zu hören war. Am extremsten bei der Frage der Ausländerpolitik, wo die öffentliche Diskussion so ist, dass sogar die Beibehaltung der Rechtslage (Aufenthaltsrecht gekoppelt an die Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten, keine schweren Straftaten zu begehen usw.) schon kaum noch öffentlich vertreten werden kann, ohne dass ein Politiker als mindestens "Rechtsaußen" gern auch "Nazi" bezeichnet wird.

    Aber auch in Fragen der inneren Sicherheit (Vorratsdaten; NSA) hört man öffentlich eigentlich immer nur die eine Meinung, die der Datenschützer. Im privaten habe ich aber auch oft gehört, dass Leute sich tatsächlich nicht an der NSA stören, solange dadurch Anschläge verhindert werden, hat ein einziger Politiker das gesagt??

    Ähnliches gilt für eine Reihe von "linken" Themen, ob Klimawandel, Frauenrechte, neue Familienmodelle. Der Mainstream ist immer links, Abweichungen öffentlich nicht wahrnehmbar, soweit ich es sehe.

    Das alles sagt nicht, dass ich das falsch finde (in vielen Bereichen teile ich den linken Mainstream, in anderen nicht), aber mein Eindruck ist durchaus, dass der Satz richtig ist. Einzige Ausnahme die Sozialpolitik: da ist es heute leichter möglich als früher, an die "Eigenverantwortung" zu appellieren und sozial Schwachen selbst die Schuld an ihrer Situation zu geben. Hier ist der Mainstream nach rechts gerückt.

    • @Dr. McSchreck:

      Ein wahres Wort. Besonders problematisch ist die Spaltung in vier-Augen Wahrheiten und einer Meinung für die Öffentlichkeit. Das ist Duckmäusertum und es gebiert noch schlimmeres Duckmäusertum. Es ist eine unwürdige Situation und das Gegenteil eines herrschaftsfreien Diskurs und das Gegenteil einer freien, offenen Gesellschaft, die die Linke ja angeblich will.

      • @Ron Jeremy:

        Auch durch permanentes Wiederholen dieses Zerrbildes einer nach „links“ verschobenen Deutungshoheit wird sie leider nicht wahrer. Hinzu kommt die stets aus selben Munde verkündete Selbststilisierung als Opfer einer „links-grünen“ Meinungsdiktatur. Es langweilt.

         

        Weiter unten („learn your history!“) wird auf die weitaus heißeren Diskussionen“ in den 70ern & frühen 80er im öffentlichen Raum und in den BRD-Medien verwiesen. Ich erinnere mal an „Panorama“ (NDR-TV) mit Stefan Aust, als man den noch in der Tat als linken Journalisten bezeichnen konnte, an Theaterintendanten wie Zadek, Kurt Hübner. Im Printbereich konnten selbst Blätter wie der „Stern“ Diskurse (Abtreibungsparagraph 218) vorantreiben. Im Bildungbereich wurden bundesweit Reformunis gegründet, eine Zeit in der das Wort „Reform“ noch einen linken, aufklärerischen Impetus beinhaltete und marxistische Theorie gleichberechtigter Bestandteil von Ökonomiestudiengängen war zum Erkenntnisgewinn wie der entwickelte Kapitalismus funktioniert. Alles passé.

        • @Daniel L:

          Spätestens mit der „geistig moralischen Wende“ unter Kohl und sowie der Installation privater TV-Kanäle setzte die Weichspülung der Republik ein, einer scheinbaren Entpolitisierung, die genauer betrachtet natürlich ein hoch politisches Geschäft ist. Die Sedierung der abhängig Beschäftigten in Zeiten verschärfter Wirtschaftskrisen war und ist ein Bestandteil des Medienbetriebes. Um es mit dem Links-rechts Denkschema zu beschreiben: Die Reise ging nach rechts. Die Durchdringung des gesellschaftlichen Diskurses kam unter die Räder der allumfassenden Ökonomisierung. Was heute als EU-Troika oder Agendapolitik daherkommt, fing damals Anfang der 80er an mit monetaristischen Austeritätsprogrammen („Lambsdorff-FDP“, „Standort Deutschland“-Debatte u.v.a.m.)

           

          Gesellschaftspolitisch hat es in der Tat Fortschritte gegeben. Nur … dies als Meinungsdiktatur zu verunglimpfen ist absurd. Wenn es aufgeklärte Konservative bis weit in die CDU hinein heute nicht mehr für zeitgemäß erachten, dass man z.B. Schwule & Lesben als Menschen zweiter Klasse behandeln kann (beim Thema Ehe & Adoption tun sie dies immer noch!), hat das was mit Erkenntnisgewinn zu tun, ebenso wie Konservative es historisch und weltweit irgendwann mal kapiert hatten, dass Sklaverei irgendwie nicht mehr so OK ist oder das Frauenwahlrecht eigentlich auch akzeptabel ist.

  • .... und der Autor dieses Artikels sollte bei aller Freiheit und Liebe zum subjektiven Wort das Eigentliche, die Objektivität nämlich nicht verlieren. Die vermisse ich hier nicht nur, ich wundere mich auch, was uns der Autor ausser seiner reinen Subjektivwahrnehmung eigentlich miteilen will. Frei nach der Prämisse: wer in dem Artikel weiterführende Informationen zum eigentlichen Überthema findet kann sie behalten...?

    taz, das kannst du besser!

  • „Der Diskurs in politischer Klasse und Mediensystem hat sich nach links verschoben.“

     

    Das ist doch so offensichtlich Unsinn, daß man es kaum sagen mag. Der Diskurs in den 70ern war in Westdeutschland deutlich linker als der heutzutage. (Klar erkennbar, wenn man z. B. mal einen Blick in frühere "Spiegel"-Ausgaben wirft.)

     

    Oder meint er etwa die neuen Bundesländer? Wäre ´ne extrem steile These, daß der Diskurs in der DDR weniger links gewesen sein soll als der im heutigen Gesamtdeutschland...

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Anjetta Christner:

      Unter "links" versteht er wahrscheinlich weniger den ökonomischen Aspekt und vielmehr solche Schreckgespenster wie die Homosexuellenemanzipation, doppelte Staatsbürgerschaft oder die Beschränkung des Nationalgefühls auf die Weltmeisterschaften.

    • @Anjetta Christner:

      damals war der spiegel links.

      und der diskurs deutlichst(!) weiter am rechten rand anzusiedeln.

      sry, aber learn your history...

  • Patzelt gehört zu jener unseligen sächsischen Politologen-Kaste, die nun schon seit Jahrzehnten eine ganz eigene Agenda aus rechts blinken und vor links warnen fährt (Jesse, Backes u.a gehören noch dazu). Und Patzelt ist damit nicht einer, der hilft das Probelm Pegida in Sachsen zu verstehen, der mit seinen Hinweisen an Politik und Pegida nicht zur Lösung des Problems beiträgt. Vielmehr ist Patzelt ein Teil des Problems!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    „Der Diskurs in politischer Klasse und Mediensystem hat sich nach links verschoben.“

     

    Anscheinend war es notwendig.

    BTW, dem musisch-humanistischen Geist von Werner Patzelt sollte man ein Treffen im guten Restaurant inkl. Plauderei mit Lutz Bachmann spendieren. Dann würde er vielleicht nicht mehr über den Realitäten schwebend so einen Quatsch erzählen.