Politischer Angriff auf freies Radio: Konzept Pressefreiheit unbekannt
In Flensburg wollen FDP und CDU dem freien Radiosender Fratz Gelder entziehen. Das offenbart demokratische Defizite bei den Fraktionen.
Z um Glück ist niemand gezwungen, diesen oder jenen Radiosender zu hören oder diese oder jene Zeitung zu lesen. In demokratischen Gesellschaften, in denen noch nicht alle Medien privaten Unternehmer*innen gehören, kann ja Jede*r nach ihren Vorlieben wählen, woher sie ihre Informationen und ihre Unterhaltung bezieht.
Dieses Konzept, man nennt es auch Pressefreiheit und Meinungspluralität, scheint bei der Flensburger FDP und CDU noch nicht ganz angekommen zu sein. Die Fraktionen beantragen im Stadtrat, dem freien Sender „Fratz“, dessen Redaktion ehrenamtlich arbeitet, die Förderung zu entziehen.
Die Christdemokraten argumentieren, Polizist*innen von der Mitarbeit im Sender auszuschließen, sei „undemokratisch und totalitär“. Die FDP behauptet, dem Sender fehle ein Bekenntnis zu demokratischen Grundwerten.
Freie Radios bilden eine Gegenöffentlichkeit
Dabei leisten gerade freie Radios in ihrer radikalen Unabhängigkeit einen fundamentalen Beitrag zur Demokratie. Anders als private sind sie nicht von Werbekund*innen abhängig und anders als öffentlich-rechtliche nicht vom Programmauftrag der Rundfunkanstalten. Dadurch können sie eine Gegenöffentlichkeit bilden und Menschen und Positionen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.
Dass Polizist*innen nicht mitarbeiten dürfen, begründet die Redaktion nachvollziehbar mit dem anderenfalls schwer zu gewährleistenden Quellenschutz und dem Interesse, kritisch über Sicherheitsbehörden zu berichten. Es ist noch gut in Erinnerung, dass die Hamburger Polizei in den freien Sender FSK eine verdeckte Ermittlerin eingeschleust hatte.
Die Bestrebungen von FDP und CDU offenbaren vor allem das fehlende demokratische Grundverständnis in ihren eigenen Reihen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Sport und Krieg in der Ukraine
Helden am Ball