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Politische Lösung für Syrien?Verfassung gesucht

Erstmals seit Beginn des Bürgerkrieges setzen sich die Konfliktparteien im Genfer Uno-Gebäude an einen Tisch. Die kurdischen Kräfte sind nicht dabei.

Der UNO-Sonderbeauftragte für Syrien lauscht in Genf der Rede von Hadi al-Bahra von der Opposition Foto: Martial Trezzini/ap

GENF taz | Achteinhalb Jahre nach Beginn des syrischen Bürgerkrieges im März 2011 sind VertreterInnen der Assad-Regierung und einer Koalition diverser Oppositionsgruppen und Rebellenmilizen am Mittwoch erstmals in einem Raum zusammengekommen: Mit einer Eröffnungszeremonie im historischen Ratssaal des Genfer Gebäudes der Vereinten Nationen nahm der Ausschuss zur Ausarbeitung einer neuen syrischen Verfassung seine Arbeit auf.

Dem Ausschuss gehören je 50 VertreterInnen der Regierung, der Oppositionskoalition sowie der syrischen Zivilgesellschaft an. Sie sollen in den nächsten Tagen noch im Plenum tagen und dann in kleinerem Rahmen mit je 15 VertreterInnen der drei Gruppen die eigentlichen Verhandlungen beginnen. Beschlüsse sollen, wenn möglich, im Konsens getroffen werden, bedürfen aber mindestens der Zustimmung von 75 Prozent der Ausschussmitglieder.

Die Einigung auf die 150 Namen und Verfahrensregeln ist die erste Verständigung überhaupt, die die syrischen Konfliktparteien seit 2011 erzielt haben. Sie erfolgte in den letzten zwölf Monaten in mühsamen Verhandlungen unter Führung des Norwegers Geir O. Pedersen.

Pedersen, der Anfang der 1990er Jahre bei den Verhandlungen über das Oslo-Abkommen zwischen Israel und den PalästinenserInnen vermittelte, ist der vierte Syrienbeauftragte der Vereinten Nationen seit 2012 – nach Ex-Generalsekretär Kofi Annan, dem Algerier Lakmar Brahimi und dem schwedisch-italienischen Diplomaten Staffan di Mistura.

Für ein säkulares und multiethnisches Syrien

Die Genfer Verhandlungen zur Beendigung des Syrienkrieges und damit die Suche nach einer politischen Konfliktlösung begannen bereits Ende Januar 2016. Basis ist eine einstimmig verabschiedete Resolution des UNO-Sicherheitsrates vom Dezember 2015.

Die Resolution proklamiert als Ziel ein säkulares, multiethnisches und demokratisches Syrien auf dem gesamten bisherigen Staatsgebiet und bestimmt als wichtigste Umsetzungsschritte einen landesweiten Waffenstillstand, die Bildung einer Übergangsregierung sowie die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, nach deren Annahme in einer Volksabstimmung dann von den Vereinten Nationen überwachte Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden sollen.

Doch alle neun Genfer Verhandlungsrunden bis September 2017 blieben ergebnislos. Die Delegation der Assad-Regierung verweigerte bis zuletzt direkte Gespräche mit der Oppositionsdelegation oder auch nur den gemeinsamen Aufenthalt in einem Verhandlungssaal.

Eine zumindest teilweise sowie zeitlich befristete Waffenruhe wurde erst in Verhandlungen zwischen Russland, Türkei und Iran in der kasachischen Hauptstadt Astana vereinbart. In der Provinz Idlib dauert der Krieg aber an. Die Bildung einer Übergangsregierung wurde von der Delegation der Assad-Regierung abgelehnt.

Ankaras Veto

Vermittler Pedersen konnte durchsetzen, dass knapp 30 Prozent der Mitglieder des Ausschusses Frauen sind. Die Türkei verhinderte mit ihrem Veto allerdings eine Beteiligung der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), zu denen die von Ankara als „Terroristen“ eingestuften und militärisch bekämpften kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gehören.

Die Delegation der Assad-Regierung verweigerte bis zuletzt direkte Gespräche mit der Opposition

„Die Tatsache, dass Sie bereit sind, einen Dialog zu starten, ist ein starkes Signal der Hoffnung für Syrer überall“, erklärte Pedersen bei der Eröffungssitzung. Auch die beiden Co-Vorsitzenden des Ausschusse, Ahmad Kuzbari für die Assad-Regierung und Hadi Albahra für die Opposition, gaben sich verhalten optimistisch.

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8 Kommentare

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  • Die Welt hat nicht "nur" die Kurden kollektiv im Stich gelassen die man zuvor benutzte um Dschihadisten die mit viel ausländischem Geld (auch aus der Türkei + Saudi Arabien) militärisch auch die größte Bedrohung für syrisches und russisches Militär war zu besiegen. All die Zivilisten die seit 2011 weil sie auf Demos gegen die systematische Folter und Unterdrückung durch den Geheimdienstapparat protestierten mit noch mehr willkürlichen Verhaftungen, "Verschwinden" lassen (knapp 100.000 sind dokumentiert), systematischer Folter bis zum Tod (knapp 15.000 dokumentiert) Massenhinrichtungen im Gefängnis, (bis zu 13.000 in einem einzigen Gefängnis "Saydnaya" von 2011 - 2015) all jene also die aus gutem Grund das syrische Geheimdienstregime mit friedlichen Massendemos zu Fall bringen wollten und innenpolitisch tatsächlich die größte Gefahr für eben diese Geheimdienstdiktatur sind, sie wurden von der Weltöffentlichkeit vollkommen im Stich gelassen. Noch nicht einmal jene die aus eigener Kraft aus Syrien fliehen konnten erfahren freundliche Aufnahme. Stattdessen kümmert sich die EU seit 2015 intensiv darum die Fluchtwege für Syrer zu kappen. (Größte Fluchtgruppe weltweit). Schließen der "Balkan-Route", EU-Türkei Deal, Finanzierung der türkischen Grenzmauer damit sie gar nicht erst aus Syrien herauskommen. Zu den Fluchtgründen Folter und Massentötungen in syrischen Gefängnissen kommt der militärische Krieg gegen die eigene Bevölkerung hinzu. Ganze Stadtviertel als "aufmüpfig" identifizierter Bewohner dem Erdboden gleichgemacht. Einziger Lichtblick: die Klagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegen hohe syrische Funktionäre wegen Folter und Tötungen Tausender Zivilisten in Gefängnissen. Nach der Verhaftung zweier Beteiligter wird es 2020 den ersten Prozess gegen syrische Staatsfolter in Deutschland geben. Die Verdächtigen konnten nach ihrer Flucht aus Syrien verhaftet werden. Vorwurf: Folter in 4000 Fällen in nur gut einem Jahr in nur einem Gefängnis!

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Die Delegation der Assad-Regierung verweigerte bis zuletzt direkte Gespräche mit der Oppositionsdelegation oder auch nur den gemeinsamen Aufenthalt in einem Verhandlungssaal.""

    ==

    Diejenigen die sich friedlich für einen Weg Syriens in das 21. Jahrhundert eingesetzt hatten sind in den Folterkellern und in den Konzentrationslagern wie Sednaya verschwunden - diejenigen die aus dieser Bewegung übrig geblieben sind wird nun die Teilnahme an der verfassungsgebenden Versammlung verweigert.

    Dabei hat der pseudoreligiöse Rassist Erdogan genauso seine Finger im Spiel wie Khamenei und die Milizen aus Moskau - die glauben mit einer verrotteten Bande von Verbrechern Politik machen zu können - aus welchen niederträchtigen Motiven auch immer.

    Woran bestand noch mal die Kritik an AKK, die mit einer internationalen Friedenstruppe ein Beenden der Kampfhandlungen -- zumindest in der Grenzregion, erreichen wollte?

    Darin das es besser ist Putin, Erdogan und Khamenei untertänigst zu versichern - das ein Giftgasmörder, Massenmörder und Chef der syrischen Konzentrationslager die bessere Alternative ist?

    Was mich wundert - warum findet diese komische Versammlung eigentlich nicht in Astana statt?

    Was im Ansatz fehlt ist dass die Auseinandersetzung darüber fehlt, unter welchen Bedingungen diese Versammlung in Genf stattfinden soll.

    So verkommt die Versammlung zur Feigenblattveranstaltung derjenigen, welche mit der Bombardierung von Krankenhäusern Politik machen.

    Astana wäre der bessere Ort für diese Versammlung der Niedertracht gewesen.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Sehe ich genauso.

  • tja Herr Zumachen. Der Vorschlag von AKK war also doch besser als das, was jetzt passiert. Ohne die Interessen der Kurden zu beachten, regeln das, was in diesem Land passieren wird, Diktatoren, die nur geopolitisch denken.

    • @Monika Frommel :

      So ist es. Es war ein Fehler reflexartig auf AKK einzudreschen!

  • Die kurdischen Kräfte sind nicht dabei.

    Damit ist geklärt, was von dieser Verfassung zu halten sein wird. Nichts.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @nelly_m:

      Sehe ich genauso.

      Und was das sein soll:

      "sowie der syrischen Zivilgesellschaft"

      mag sich mir auch nicht erschließen.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Kann ich auch nicht verstehen. Eine Verfassung an der nicht alle Volksgruppen beteiligt sind und das unter dem Dach der UNO? Leider steht mir der Mund offen, sonst würde mir ein Schimpfwort einfallen.