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Politische Krise in SüdkoreaBanges Warten auf Trump

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Südkoreas Präsident Yoons Griff nach der Macht entpuppte sich als Griff ins Klo. Nun hofft er auf Schützenhilfe aus Washington.

Im Stile Trumps: Unterstützer von Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol sprechen von Diebstahl Foto: Minwoo Park/reuters

E s ist bittere Ironie, dass ausgerechnet Yoon Suk Yeol, der als früherer Generalstaatsanwalt Südkoreas Rechtsstaat verteidigen und stärken sollte, diesen jetzt als Staatspräsident komplett missachtet und damit zu schwächen versucht.

Schon Yoons aus rein innen- und machtpolitischen Gründen erfolgte Verhängung des Kriegsrechts am 3. Dezember 2024, für die Nordkoreas Feindschaft als Begründung missbraucht wurde, war Rechtsbeugung. Das Kriegsrecht wurde dann auch von mutigen Abgeordneten zur Überraschung Yoons nach nur wenigen Stunden den Regeln der Verfassung folgend wieder aufgehoben – mit Hilfe einiger Mitglieder seiner eigenen Partei.

Yoon wurde am 14. Dezember 2024 vom Parlament im zweiten Anlauf abgesetzt, was noch vom Verfassungsgericht bestätigt werden muss. Seit der Aufhebung des Kriegsrechts wird zudem gegen ihn ermittelt. Er weigerte sich bisher, entsprechenden Vorladungen Folge zu leisten. Deshalb erfolgte der Haftbefehl, dessen Durchsetzung Yoons Präsidialgarde wie seine Anhänger bisher vereitelten.

Warten auf Hilfe aus Washington

Yoon selbst bestärkt seine von rechten Verschwörungsyoutubern aufgestachelten Anhänger wie einst Donald Trump im Glauben, dass die Niederlage seiner Partei bei den letzten Parlamentswahlen nur durch massiven Wahlbetrug zu erklären sei. Deshalb sei Widerstand zur Rettung des Landes dringend nötig.

Yoon diffamiert die Ermittler als „amoklaufende Staatsfeinde“. Dabei zeichnet diese aus, trotz entsprechender Gerichtsurteile die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Statt Yoons Residenz zu stürmen, was Tote zur Folge haben könnte, wird jetzt erst einmal eine Verlängerung der Frist des Haftbefehls beantragt.

Am Montag hat US-Außenminister Antony Blinken während einem Besuch in Seoul gezeigt, dass die USA Yoons Verhalten nicht goutieren und Südkoreas antiliberale Rechte nicht mehr wie früher auf Washingtons Rückendeckung zählen kann. Das dürfte sich mit Trumps Amtsübernahme in zwei Wochen allerdings ändern, was für Yoon Ansporn sein könnte, seine Rechts­brüche fortzusetzen.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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