Politische Krise in Somalia: Machtkampf in Mogadischu

Streit um Wahlen führt zum Bruch zwischen Präsident und Premierminister. Angst vor einer bewaffneten Konfrontation nimmt zu.

PräsidentMohamed Abdullahi Mohamed.

Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed Foto: Vladimir Smirnov/Itar-Tass/imago

BERLIN taz | Ein neuer Machtkampf zwischen den beiden mächtigsten Politikern der somalischen Hauptstadt Mogadischu droht, die politische Wiedervereinigung des seit Jahrzehnten zerrissenen Somalia erneut in weite Ferne rücken zu lassen. Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed, allgemein unter seinem Spitznamen „Farmaajo“ (Käse) bekannt, verkündete am Montagmorgen die Suspendierung seines Premierministers Mohamed Hussein Roble. Er entzog ihm sämtliche Vollmachten „wegen seiner Verbindungen zur Korruption“, wie es in einer Erklärung des Präsidentensitzes „Villa Somalia“ in Mogadischu hieß.

Roble wies seine Suspendierung umgehend als verfassungswidrig zurück und erklärte, er werde sein Amt weiter ausüben und „seine Pflichten gegenüber der Nation ausüben, um das Land zu Wahlen zu führen, die eine friedliche Machtübergabe vorbereiten“.

Am Nachmittag legte Roble vor Journalisten nach, warf Präsident Farmaajo einen „bewaffneten Umsturzversuch“ vor und rief die Kommandanten der Sicherheitskräfte dazu auf, nur noch von ihm selbst Befehle anzunehmen.

Soldaten riegelten die Straßen zur Villa Somalia ab, Beobachter hielten jederzeit den Ausbruch von Kämpfen für möglich.

Wahlen ziehen sich ewig hin
Premierminister Mohamed Hussein Roble.

Premierminister Mohamed Hussein Roble Foto: Feisal Omar/reuters

Hintergrund ist die Wahl eines Zweikammerparlaments und eines Präsidenten, um den 1991 beim Sturz der Militärdiktatur von Siad Barre zerfallenen somalischen Staat wiederzuvereinen, mit Ausnahme der abgespaltenen Republik Somaliland im Norden. Mehrere Zehntausend Stammesälteste sollen ein Unterhaus wählen und die fünf Regionalregierungen des südlichen Landesteils ein Oberhaus. Das Unterhaus bestimmt dann den Präsidenten.

Das komplizierte Prozedere ist seit Jahren im Verzug und die Amtszeit des seit 2017 amtierenden Präsidenten Farmaajo lief schon im Februar aus. Sein Versuch, sie um zwei Jahre zu verlängern, führte im April zu Kämpfen in Mogadischu, bei denen sich der 2020 ernannte Premier Roble bereits gemeinsam mit wichtigen Teilen des Militärs gegen den Präsidenten stellte.

Roble ist für die Wahlen zuständig und macht Farmaajo wegen dessen ständiger Einsprüche gegen Details der Wahletappen für die ständigen Verzögerungen verantwortlich, mit denen der Präsident seine Amtszeit doch noch so lange wie möglich ausdehnen wolle.

Zuletzt sollte die Wahl der 275 Abgeordneten des Unterhauses bis 24. Dezember abgeschlossen sein. Aber bislang sind nur 24 von ihnen bestimmt worden. Die Oberhauswahl ist in vier der fünf Teilregionen abgeschlossen.

Farmaajo wiederum bezichtigt Roble der Korruption gemeinsam mit hohen Generälen. Es geht unter anderem um lukrative Grundstücke in Armeebesitz an der Küste von Mogadischu.

Der Machtkampf hat sich in den vergangenen Monaten immer weiter verschärft. Am Sonntag schließlich entließ Premier Roble den Chef der Wahlkommission und Präsident Farmaajo entzog daraufhin dem Premier die Zuständigkeit für Wahlen. Das war einen Tag bevor der Präsident den Premier suspendierte und der Premier das Oberkommando über die Streitkräfte beanspruchte.

Die internationale Sorge, dass das über viele Jahre sorgsam aufgebaute Machtgleichgewicht zwischen Somalias vielen politischen Rivalen wieder zusammenbricht, ist nun groß – zumal das Nachbarland Äthiopien bereits im Bürgerkrieg versunken ist.

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