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„Politisch dumm“

■ Was der „Bremischen“ droht: Aus dem Entwurf für einen Gesellschaftervertrag Von Rainer Oellerich

Immer wenn es in letzter Zeit in Bremen um Privatisierungen und Anteilsverkäufe der von der öffentlichen Hand beherrschten Wohnungsbaugesellschaften ging, hörte man aus der SPD, man behalte ja die Mehrheit. Oder im Originalzitat: „Es dürfen nur bis maximal 49,9 Prozent der Anteile (der Bremischen und der Bremer Entsorgungsbetriebe BEB) verkauft werden, damit der mehrheitliche öffentliche Einfluß erhalten bleibt“ (Carsten Sieling, MdBBü, Ostertorblatt des Ortsvereins Altstadt der SPD, Oktober 1996).

Der in der Finanzdeputation vorgelegte Entwurf eines neuen GmbH-Vertrages für die „Bremische“, auch unter Einbeziehung des von der SPD erfundenen Konsortialausschusses zur Steuerung des Unternehmens, hält diesen Anspruch des entscheidenden Einflusses auf die „Bremische“ nicht ein, sondern konterkariert ihn geradezu.

Dem künftigen Minderheitsgesellschafter wird die Benennung eines gleichberechtigten Geschäftsführers sowie der Vorsitz im Aufsichtsrat zugebilligt. Kern der Änderungen ist jedoch die Aufhebung der bisher im Gesellschaftsvertrag verankerten Dividendenbegrenzung von bisher maximal 4 Prozent des eingezahlten Stammkapitals (rund 33 Millionen Mark) sowie die in der von der Finanzdeputation mehrheitlich beschlossenen Vorlage enthaltene Vorabzusage Bremens, die Mieterhöhungspotentiale künftig auszuschöpfen. Künftig soll § 29 GmbH-Gesetz gelten, wonach der Gewinn in voller Höhe an die Gesellschafter auszuschütten ist. Vergegenwärtigt man sich, daß bei einer derartigen Vertragskonstruktion des Gesellschaftsvertrages ein Erlös von bis zu 100 Mio. Mark für knapp die Hälfte der „Bremischen“ von einem Minderheitsgesellschafter erwartet wird, ist der Rest ein leichtes Rechenexempel. Vorauszuschicken ist, daß die „Bremische“ in den letzten Jahren immer rund 0,9 bis 1,2 Mio. Mark Gewinn an den Haushalt ausgeschüttet hat. Gehen wir nun von einem Investor aus, der seinen 100 Mio. Mark-Anteil für die Hälfte des Unternehmens auch nur mit 5 Prozent (gleich 5 Mio. Mark) verzinst haben will, müßte entweder Bremen auf Gewinne weitgehend verzichten oder der Gewinn der „Bremischen“ müßte auf mindestens 10 Mio. Mark jährlich explodieren. Dabei sind zusätzlich anfallende Steuern noch nicht einmal berücksichtigt.

Dies ist nur vorstellbar, wenn die Mieten so drastisch erhöht werden, wie der Markt es hergibt, wenn die Erhaltungs- und Verbesserungsinvestitionen im Bestand zurückgefahren werden, wenn Wohnungen verkauft werden und wenn mittelfristig die Dienstleistungen für die Stadtgemeinde teurer werden oder aus „Imagegründen“ gar nicht mehr erbracht werden. Und die „Bremische“ erbringt erhebliche Dienstleistungen für die Stadtgemeinde:

-Sie verwaltet die Liegenschaften der Stadtgemeinde kostendeckend – dafür konnte fast ein ganzes Amt aufgelöst werden –, diese Verwaltungsbetreuung umfaßt 2.500 bebaute und 4.900 unbebaute Einheiten;

-Sie betreut als Treuhänderin im Auftrag der Stadtgemeinde Bremen rund 6.500 Plätze für Asylbewerber, Spätaussiedler und Bürgerkriegsflüchtlinge (Stand November '95);

-Sie betreut als Sanierungsträger mehrere Gebiete der Stadterneuerung.

Für alle diese Tätigkeiten bekommt die „Bremische“ natürlich Geld, aber sie wirtschaftet damit flexibler und kostengünstiger als eine Behörde.

Die „Bremische“ bringt in ihrem Bestand von knapp 7.000 Wohnungen die mehr Wohnungsnotstandsfälle als alle anderen Wohnungsgesellschaften unter. Es liegt auf der Hand, daß gerade die sozialen Aufgaben, die der „Bremischen“ übertragen sind, bei einer Politik der Gewinnmaximierung als erstes lästig werden und über Bord gehen.

Gegen diese Entwicklung hilft auch kein Konsortialausschuß, in dem Minderheits- und Mehrheitsgesellschafter gleichberechtigt vertreten sind, in dem teilweise Einvernehmenszwang herrscht und in dem dem Minderheitsgesellschafter in jedem Fall eine Veto-Position eingeräumt wird. Dies gilt umso mehr, als sich ein neuer Minderheitsgesellschafter voraussichtlich seinen Mindestgewinn garantieren lassen wird und schon darüber die Geschäftspolitik prägt.

Fazit: Die rund 33 Mio. Mark eingezahltes Eigenkapital der Stadtgemeinde, die sogar einen bescheidenen Gewinn abwerfen, sind gut angelegtes Geld für eine sozial verpflichtete und kommunal steuerbare Wohnungspolitik. Ein Teilverkauf von 49,9 Prozent kann nur kurzfristig kleinere Haushaltslöcher stopfen, verspielt aber langfristige Gestaltungsmöglichkeiten. Der Verkauf ist im eigentlichen Sinne politisch dumm, weil kurzsichtig. Der Autor Rainer Oellerich ist Fraktionsgeschäftsführer BüNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Bremischen Bürgerschaft

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