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Politikstil von US-Präsident TrumpWas wir von Donald lernen können

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Mit Donald Trump ist die Welt keine bessere geworden. Doch der Pöbel im Weißen Haus beweist auch: „Eine andere Welt ist möglich“.

Dieser Mann zeigt, wie einfach es ist, die Welt zu verändern: Donald Trump Foto: reuters

D er Mann ist eine Katastrophe, ja. In weniger als zwei Jahren hat Donald Trump die Welt in tiefe Verunsicherung gestürzt, Krisen angeheizt, Bünd­nis­partnerInnen brüskiert, Handelskonflikte angezettelt. Die Welt ist mit dem Präsidenten Trump eine andere geworden. Keine bessere.

Rasant hat er mit den Gewissheiten der herkömmlichen Weltordnung aufgeräumt. Er hat die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt und die Nahostkrise angeheizt. Der nordkoreanische Despot Kim Jong Un ist für die USA plötzlich keine Unperson mehr. Ein bizarrer Frieden ist besser als ein möglicherweise ausufernder Krieg. Aber trotz Schulterschluss zwischen den Staatschefs bleibt die Lage beunruhigend.

Denn Trump ist unberechenbar. Das Treffen der G7 hat er per Twitter erledigt. Früher diente der Gipfel von sieben Staats- und Regierungschefs dazu, die Geschlossenheit der westlich orientierten Industrienationen zu demonstrieren. Das war einmal.

Ungewiss ist auch, was mit der Nato wird. Trump will eine gigantische Aufrüstungsspirale in Gang setzen. Unklar auch, ob die Welthandelsorganisation und damit das jetzige Welthandelssystem überlebt. Nach den Zöllen auf europäischen Stahl und Aluminium sollen jetzt auch Zölle auf spanische Oliven kommen.

So einfach, die Welt aus den Angeln zu heben

Trump führt vor, wie fragil als unumstößlich geltende Institutionen und Standards sind. In und außerhalb der USA. Er feuert Leute, die ihm nicht passen. Er zerstört Reformprojekte seiner Vorgänger. Proteste, schlechte Presse und Schmähungen sind ihm egal. Diplomatische Gepflogenheiten ignoriert er. Das Koordinatensystem verrutscht, mühsam ausgehandelte Lieferquoten und Normen mit Handelspartnern werden obsolet.

Hoffentlich wird der Präsident mit seinem Vorhaben, der Welt seine Regeln aufzuzwingen, krachend scheitern. Doch selbst wenn das der Fall sein wird, hat er eine enorme Dynamik in Gang gesetzt.

Frappierend ist: Trump lehrt uns, dass es so einfach sein kann, die Welt aus den Angeln zu heben. Die Richtung, in die Trump will, führt ins Dunkle. Aber: Wo es einen Weg in die eine Richtung gibt, gibt es auch einen in die andere. „Eine andere Welt ist möglich“, ist die Losung globalisierungskritischer Organisationen wie Attac. Trump demonstriert auf fatale Weise, dass das stimmt.

Ist eine andere Welt möglich, dann auch eine bessere: mit Frieden statt Aufrüstung, Gerechtigkeit statt Ausbeutung, ökologischem Wirtschaften statt Umweltzerstörung. Und nicht erst in 153 Jahren im 22. Jahrhundert, sondern hier und jetzt. Die Umverteilung von Reichtum in Deutschland, der EU und dem Rest der Welt könnte Gesellschaften entstehen lassen, in denen alle genug zum Leben haben.

Angeblich gibt es keine Alternative

Trumps Wüten zeigt uns, dass es an der Zeit ist, grundlegend umzusteuern. Ist es wirklich sinnvoll, dass sich ein exklusiver Club von sieben Staatenlenkern darüber unterhält, wie man am besten weiter gemeinsam die übrige Welt ausplündert?

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Ist es nicht Zeit für die Überführung der Nato in ein neues System der kollektiven Sicherheit, das auf Abrüstung und Entspannung setzt? Und will jemand allen Ernstes behaupten, dass jetzige Welthandelssystem wäre gerecht oder würde gegen den Klimawandel wirken?

Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks erklären die Mächtigen der westlichen Welt, dass es keine Alternative zum Kapitalismus und zum eingeschlagenen Weg gibt: Damit Staaten wettbewerbsfähig sind, kürzen sie Sozialleistungen, schaffen Regeln für Unternehmen ab, privatisieren staatliche Leistungen.

Das ist das Credo der Neoliberalen, das in die Hirne und Herzen weit über den kleinen Kreis der AnhängerInnen dieser Weltanschauung Einzug gehalten hat. Das Postulat der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher „There is no alternative“ – es gibt keine Alternative – ist zur Leitlosung der westlichen Welt geworden. Jahrzehnte schien es so, als könne Politik nur in Nuancen verändert werden.

Linke können was von Trump lernen

Viele Menschen haben zu Recht genug von dieser Welt, sie sehnen sich nach einer anderen. Es ist eine Katastrophe, dass sich diese Sehnsucht im rechten politischen Spektrum artikuliert. Zu viele Menschen setzen – nicht nur in den USA – auf Trump oder auf Rechtspopulisten, damit sich die Dinge ändern. Und sie erleben jetzt, dass sich die Dinge mit Trump tatsächlich ändern. Er liefert. Leider.

Für Linke und Fortschrittliche ist Trump kein Vorbild. Dennoch können sie etwas von ihm lernen: Politik kann etwas verändern. Aber das braucht Mut, und es ist mitunter sehr mühsam. Wer etwas verändern will, muss auch bereit sein, sich mit mächtigen Interessengruppen anzulegen.

Vor allem: Menschen wollen eine echte Alternative zum Bestehenden, nicht nur kleine Abweichungen. Eine echte Veränderung ist nicht die Einführung eines Rechts auf die Rückkehr zur Vollzeit für Teilzeitbeschäftigte oder die Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Da muss es schon mehr geben, zum Beispiel eine radikale Arbeitszeitverkürzung für alle oder ein bedingungsloses Grundeinkommen, das den Menschen Existenzängste nimmt. Wenn es solche Angebote nicht von links gibt, gehen zu viele zu denen, denen sie die Veränderung der Welt zutrauen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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13 Kommentare

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  • Danke Anja Krüger für den Beitrag.

     

    Rechte artikulieren nicht Sehnsüchte an Grundbedürftigkeit sondern Wunderglaube, verfahrene Lagen per vorherig gescheiterte Mittel zu richten, indem sie diese totalisieren. Zu Hitler fiel selbst seinen Gegnern viel ein, wie es Hannah Arendt Günter Gaus 1964 zu Protokoll gab, Im Fall Trump gilt dasselbe, weil es wieder an Vermittlung belastbar weltökonomischer Analyse fehlt in Zeiten durch Kreditvolumen, Nullzinspolitik für Weltwährungs Fetischkurse aufgeblasener Weltschuldenwirtschaft, die durch anschwellendes Kreditvolumen über Meistbegünstigungsklauseln für Insidegroup Länder für Kredit- , Waren- , Dienstleistungsverkehr bei auseinander driftendem Handelsbilanzdefizit zu Handelsbilanzüberschüssen der Länder aufrecht erhalten wird. Trumps Agenda ist jene Roosevelts New Deal mit der Konsequenz von Kriegs- , Nachkriegskonjunktur über Credit Spending vor 1941, danach für militärisch-industriellen Komplex, eben anders als 1917 US-Präsident Woodrow nicht durch europäische Mächte in Weltkrieg Kladderadatsch statt friedlicher Auflösung eigener Kolonialreiche hineingezogen zu werden, sondern eigenen Schlamassel krisen- , kriegstreibend durch New Deal Credit Spending zu inszenieren. Dieses Mal nicht, wie 1941, um Schuldnerländer Deutsche Reich Japan durch US-Proktionsausstoss an Rüstungsgütern erblassen zu lassen, sondern selber als Schuldnerland USA mit 20 Billionen $ allein an Auslandsschulden, die im Binnenland nicht gerechnet, auf das Ende des Krieges hin offensiv gedacht, den ersten USA Währungsschnitt per Blut und Tränen Politik vor eigener Bevölkerung exekutiert zu rechtfertigen.

    Anders gesagt, die Weltwirtschaft kommt nicht umhin, die Organisation von Automatismen für Mechanismen, wie den ESM für Banken, Versicherungen im Krisenfall durch Länder umlagefinanzierte Fonds im Rahmen eines Ausgleichs zwischen Schuldner- , Gläubigerländern nicht als Last sondern als Chance für nachhaltig friedliches Wachstum zu kommunizieren.

  • Eigentlich ein guter Kommentar.

    Nur:

     

    "Ein bizarrer Frieden ist besser als ein möglicherweise ausufernder Krieg."

     

    Ja geht's noch? Krieg auf der koreanischen Halbinsel würde innerhalb der ersten 30 Minuten 15-20 Mio Menschen das Leben kosten - und das ist die optimistische Schätzung.

     

    Mir ist ein "bizarrer Friede" wesentlich lieber als ein "möglicherweise ausufernder Krieg".

     

    Völlig egal ob den "bizarren Frieden" am Ende ein Obama, eine Clinton oder der oft gescholtene Trump aushandelt.

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      Dem stimme ich zu. Frieden, auf der Basis eines wie auch immer gearteten Arrangements mit einer Figur wie Kim, als Alternative zu solch einem Krieg als „bizarr“ zu bezeichnen, ist reichlich zynisch.

       

      Und nebenbei: So bizarr der vielgescholtene Trump auch sein mag; es wird bei all dem Wehklagen über die Bedrohung des ach so großartigen Freihandels kaum je erwähnt, dass er es war, der uns TTIP erspart hat. Dieses tolle Freihandelsabkommen, das trotz einer Ablehnung von 97% der befragten Europäer (EU-Umfrage von 2014) wohl gnadenlos durchgepeitscht worden wäre. Und das unser Leben hier vmtl. stärker betroffen hätte, als alles, was Trump bisher so angestellt und verbockt hat.

  • Analyse nochmal korrekt.

    Die Ableitungen, die WÜnsche und Forderungen?

    Ohne Beschreibung eines Wegs zum Ziel aber Illusion und entfernt von Mehrheiten.

  • Volle Zustimmung; bloß, um die Welt zu verändern, muß man offensichtlich korrupt, skrupellos und reich sein. Und man braucht unermeßlich reiche Unterstützer, die noch reicher werden wollen.

    Und das alles zusammen gibt es halt eher im rechten Spektrum.

  • Versteh ich das richtig? Der Kampf gegen Trumps Blödheit, Skrupellosigkeit, persönlichem Gewinnstreben, Vertragsbrüche und Twittern statt verhandeln, ausbalancieren und damit regieren geht nur indem wir dassselbe machen?

    Na dann schon mal vielen Dank für die tollen Ausichten!

  • Die Umverteilung von Reichtum ist ja in vollem Gange.

    Friedenspolitik heisst, sich möglichst differenziert mit den anderen, aber auch selbstkritisch mit seiner eigenen Position zu beschäftigen und nicht wie es im Zuge militärischer Mobilmachungen oft geschieht, auf Extreme und Schlagzeilen zu verlassen.

     

    Paradox ist, das einer der Gründe für Trumps Wahl in der Militarisierung des Abendlandes zu finden ist, während er im Anerkennen der Kräfte Russlands, sich als friedensstiftend etabliert, was die Demokraten nicht oder noch nicht gebogen kriegen. Siehe auch eine Überschrift in der ZEIT zu diesem Thema, der letzen zwei Wochen : "Bewaffnet Euch endlich." Beklagt wird dabei eine vermeintlich strukturelle Impotenz.

     

    Ein Merkmal für schlechte Kultur in Kriegszeiten bzw. Vorkriegszeiten, ist neben ungefilterten Anschuldingen der FEHLENDE PLAN EXIT (von Anfang an), den zum Beispiel die Iraner (Teheran Times, in der übrigens auch viel über Ökologie berichtet wird) als auch die Russen zumindest aktuell und permanent anbieten. Wenn sie wirklich wissen wollen, ungefiltert und direkt, wie der Kreml tickt, lesen Sie einfach kremlin.ru, die Homepage Wladimir Putins, da sind sie schneller als die Tagesschau. (Mai Dekret, Kurilen Abkommen, Stabilisierung naher Osten.)

    Eine entsprechende Praxis bietet AL Arabiya, also die Saudis leider nicht an.

     

    Aus der Entfernung ist es leicht die Akteure gegeneinander aufzustacheln (Mit welchem Recht und welcher Gerechtigkeit?) und fragt sich anschliessend nach tausenden Bildern getöteter Kinder in Syrien, warum und wie eigentlich schon wieder, Irakkrieg war ja kaum vorbei.

  • Sympathisch ist mir der Trump auch nicht. Aber er hat zumindest noch keinen Krieg angefangen.

  • Das Blöde ist nur, dass sich in der Regel Frechheit und Skrupellosigkeit durchsetzen. Und natürlich das Kapital. "Siehe neuestes Kapitel: Seattle versus Amazon. Wer hat gewonnen: Das Geld. So wird die Politik zunehmend von Konzernen erpresst und gelenkt. Wo jetzt der Optimismus herkommen soll? Ich weiß es nicht.

  • "Linke und Fortschrittliche" - Dies erinnert mich an den wohl wichtigsten Unterschied zwischen "rechts" und "links": Die einen schwelgen im stetig unverklärten und umverkehrten Vergangenem um diese Illusion der/einer Geschichte in die Zukunft zu tragen. Die anderen haben,ebenfalls diffuse Ahnungen wie die Zukunft aussehen soll, - Doch haben sie gelesen und dazugelernt wie notwendig die Erschaffung anderer Welten für den menschlichen Geist ist um diese eine zu bewahren, auf der wir alle leben wollen-und können,jetzt und hier: Frieden erhalten,Naturgewalt!- Zusammen_Gestalten,Die Liebe wird alLt.

  • Toller Kommentar

  • Ein sehr guter Artikel.

  • Die Autorin scheint etwas begriffen zu haben. Nichtsdestotrotz kann sie es nicht vermeiden, überholte Klischees ("Trumps Weg führt ins Dunkle") zu schreiben.

    Ich empfehle jedem die Zusammensetzung (youtube) der Journalistenpanels im Vorfeld (1-2 Jahre) der US-Präsidentschaftswahlen. Die hatten echt keine Ahnung - nicht vom Land, nicht von seinen Einwohnern. Das ist in Deutschland nicht viel anders, wie z.B. eine Journalistin des öff. Rundfunks blendend bewiesen hatte, indem sie dem Herrn Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband entgegnete [frei wiedrgegeben]: "Sie malen hier uns ein falsches Bild von der Gesellschaft Herr Schneider. Ich kann all das, was sie hier schildern in meiner Gegend und in meinem Bekanntenkreis nicht beobachten". Echt jetzt.