Politikerin mit rassistischem Vergleich: „Casting-Fehler“ beim Front National
Eine Kommunalpolitikerin des Front National vergleicht die farbige französische Justizministerin mit einem Affen. Ihre Erklärungen machen es nur schlimmer.
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PARIS taz | Eine Fernsehsendung von France-2 wollte am Donnerstagabend den Zuschauern die „neuen Gesichter“ des rechtsextremen Front National (FN) vorstellen. Die Partei von Marine Le Pen ist laut Umfragen auf dem Vormarsch und zieht entsprechend Leute an, die mit diesem Trend Karriere machen wollen. Im Fall von Anne-Sophie Leclere, die vom FN als Kandidatin für die Kommunalwahlen in Rethel in den Ardennen nominiert worden war, zeigen die Rechtsextremisten aber eher ihre alte rassistische Fratze.
Nur mit ihrer Unerfahrenheit kann Leclere ihren Ausrutscher nicht entschuldigen. Für ihre rassistischen Äußerungen vor der Kamera in der TV-Reportage gibt es keine Ausrede. Ihre Hasstirade gilt der aus Französisch-Guayana stammenden Justizministerin Christiane Taubira, die sie amüsiert mit einem Affen verglich. „Ich hätte sie lieber in den Ästen eines Baums als in der Regierung“, meinte Leclere dazu.
Auf ihrer Facebook-Seite hat sie das mit einer Fotomontage illustriert, auf der neben Taubira ein Äffchen abgebildet ist. Die FN-Lokalpolitikerin versteht nicht, was es daran auszusetzen gibt und will darum das Bild auch nicht entfernen: „Der Affe ist ein Tier, der Schwarze bleibt ein menschliches Wesen...“
Und wie die meisten Rassisten bringt sie das unvermeidliche Argument gegen den Rassismusvorwurf, sie habe (sogar) Freunde, die Schwarze seien, und deswegen nenne sie diese ja nicht Affen. Mit Rassismus habe das alles „nichts zu tun“, beteuert sie. Eine Nachfrage genügt aber, und schon legt Leclere nach, indem sie die dunkelhäutige Justizministerin als dahergelaufene „Wilde mit ihrem Teufelslächeln“ verunglimpft.
Die 33-Jährige wurde suspendiert
So etwas konnte in Frankreich selbstverständlich nicht unbemerkt und unwidersprochen bleiben. Die 33-jährige Anne-Sophie Leclere, die mit ihrem Mann Fischereizubehör verkauft und laut eigenen Worten schon immer FN gewählt hat, ist inzwischen als Kandidatin „suspendiert“ worden. Ihre Nominierung sei ein bedauerlicher „Casting-Fehler“ gewesen, hat FN-Vizepräsident Florian Philippot erklärt. Das sei wohl das Minimum, meint dazu Bernadette Hétier von der Antirassismusorganisation MRAP. Sie ist der Ansicht, der Affenvergleich sei eine strafbare Anstiftung zum Rassenhass.
Der FN-Parteiführung kommen solch plumpe rassistische Bemerkungen sehr ungelegen – wenn sie in aller Öffentlichkeit oder wie in diesem Fall sogar im Fernsehen fallen. Marine Le Pen bemüht sich seit Jahren ihre Partei „salonfähig“ zu machen. Zu den Problemen, mit denen sie dabei zu kämpfen hat, gehören nicht nur Altlasten wie die antisemitischen Sprüche ihres Vaters Jean-Marie Le Pen, sondern eben auch neue Sympathisanten der radikalen Rechten mit rassistischer Gesinnung. Dass diese im FN ihre politische Heimat finden, ist auch kein Zufall.
Für Alain Jakubowicz von der Liga gegen Rassismus und Antisemitismus (Licra) ist die verhinderte Kandidatin eben doch „repräsentativ dafür, was man in dieser Partei insgeheim denkt“. Für die Normalisierungsstrategie der Parteichefin, die sich derzeit gern über die Einstufung des FN als rechtsextreme Partei empört, ist der Vorfall ein Rückschlag, denn er beweist, dass sich am wahren Antlitz des FN nichts geändert hat.
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