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PolenOpposition beklagt mafiöse Zustände

Premier Kaczynski hat seinen kürzlich entlassenen Innenminister festnehmen lassen - um ihn zum Schweigen zu bringen, sagen Kritiker.

Festnahme von polnischem Ex-Innenminister Bild: dpa

Die Agenten des polnischen Inlandsgeheimdienstes schlagen am liebsten im Morgengrauen zu. Auch gestern wieder, als sie den ehemaligen Innenminister Janusz Kaczmarek verhafteten. Wieder einmal waren Filmaufnahmen der Aktion kurz darauf im Fernsehen zu sehen - wie so oft, seit die national-konservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) regiert. Zur selben Zeit nahmen zwei andere Trupps den Ex-Polizeipräsidenten Konrad Kornatowski und den Leiter der staatlich kontrollierten Versicherungsgesellschaft, Jaromir Netzel, fest. Allen dreien werde die "Behinderung der Justiz" vorgeworfen, sagte Kaczmareks Anwalt.

"Ich habe Angst um mein Leben", bekannte Kaczmarek Anfang August, nachdem er kurz zuvor überraschend aus dem Kabinett entlassen worden war. In dramatischem Ton fügte er hinzu: "Ich will nicht so enden wie Barbara Blida." Die frühere Ministerin der Demokratischen Linken hatte sich wenige Wochen zuvor in ihrer Wohnung erschossen, als um sechs Uhr früh vermummte Agenten des Geheimdienstes vor ihrer Tür standen, um sie zu verhaften. Damals hieß es, Blida sei in einen Kohle-Korruptionsskandal verwickelt. Doch das Verfahren wurde inzwischen eingestellt. Sie war wohl unschuldig.

Als Kaczmarek vor die Öffentlichkeit trat, erhob er schwere Vorwürfe gegen Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski und Justizminister Zbigniew Ziobro und bezichtigte sie des Machtmissbrauchs. Der Geheimdienst würde dazu benutzt, Oppositionspolitiker unter Druck zu setzen und Journalisten zu bespitzeln.

In der vorigen Woche hatte er vor dem Geheimdienstausschuss des Parlaments ausgesagt. Alle anderen Abgeordneten konnten sich in einer geschlossenen Nachtsitzung des Parlaments mit diesen Anschuldigungen vertraut machen. Parlamentspräsident Ludwik Dorn las in einer stundenlangen Sitzung die Aussagen des ehemaligen Innenministers vor, verschwieg allerdings die Namen derjenigen Politiker und Journalisten, die Kaczmarek als Ziel der Bespitzelungen genannt hatte. Heute hätte der ehemalige Polizeipräsident Kornatowski vor dem Geheimdienstausschuss aussagen sollen.

Der Hintergrund der Verhaftungen ist eine misslungene Aktion der Antikorruptionsbehörde, die allein dem Ministerpräsidenten untersteht und nicht vom Parlament kontrolliert wird. Mitarbeiter der Behörde wollten den Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper, den Vorsitzenden der populistischen Partei Samoobrona, auf frischer Tat dabei ertappen, wie er Schmiergeld in Millionenhöhe entgegennähme. Mit dieser Aktion wollte die regierende PiS offenbar ihren eigenen Koalitionspartner diskreditieren. Doch die aufwändig inszenierte Falle schnappte nicht zu, weil Lepper angeblich rechtzeitig einen Tipp erhielt. Dabei sollen ihm neben dem ehemaligen Innenminister und dem früheren Polizeipräsidenten auch der Direktor des Zentralen Ermittlungsbehörde geholfen haben. Welche Rolle der Versicherungschef Netzel gespielt haben soll, ist unklar.

"In der Mafia ist es üblich, den Kronzeugen, der auspacken will, einen Tag vor der Verhandlung umzubringen. So ähnlich scheint es heute auch in Polen zuzugehen", sagte Donald Tusk, der Vorsitzende der liberalen Bürgerplattform. Mit den Festnahmen seien alle "Versuche gestoppt worden, Licht in die Affäre zu bringen", ergänzte Pawel Gras, der Vorsitzende des parlamentarischen Geheimdienstausschusses. Friedensnobelpreisträger Lech Walesa schließlich fühlte sich an das staatliche Vorgehen gegen die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc erinnert. Nur Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski findet die Aktion "völlig normal für einen Staat, in dem Recht und Gerechtigkeit herrschen".

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