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Polarisierung der GesellschaftenDümmer als Trump

Nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten: Braucht die liberale Demokratie eine neue Antwort auf Rechtspopulismus?

Auch wenn er bald weg ist: Das Erbe Trump wird uns nicht nur in Stickern erhalten bleiben Foto: Imago

U nlängst erzählte mir der Philosoph Markus Gabriel, wie er in Shanghai von einer Milliardärin auf das Dach des größten Gebäudes der Stadt geführt wurde. Als er so runterschaut auf diese riesige Metropole und denkt, was für ein Kaff New York dagegen ist, da sagt sie: „Bald machen eure Kinder meine Handys.“

Das ist Punkt eins von dreien, die die meisten noch nicht richtig ernst nehmen, wie ich unterstelle: eine näher rückende geopolitische Umkehrung der als normal betrachteten Verhältnisse. Punkt 2: Die eskalierende Klimakrise. Punkt 3: Der Vormarsch des Narrativs Trump und seine Auswirkungen auf uns Europäer, der durch einen baldigen Einzug des Demokraten Joe Biden ins Weiße Haus mitnichten gestoppt ist, so erleichternd das auch wäre.

Mein Eindruck ist, dass noch zu viele Leute, auf die es ankommt, sich auf die Moralstandpauke „Geht ja gar nicht!“ reduzieren. Die letzten vier Jahre, die letzten Tage speziell, waren geprägt von einem Moralunterhaltungs-Staccato, was alles gar nicht geht von Trump, diesem „dummen Deppen“.

Ganz falsch. Es geht. Es geht seinen Gang. Das ist doch genau der Punkt, dass Trump die institutionellen Regeln einfach ignoriert und damit das Gemeinwesen und eine gemeinsame Wertebasis zerstört und die Aufklärung schrumpft. Die „Geht ja gar nicht“-Empörung, so verständlich sie ist, ist eindeutig dümmer als Trump.

Es braucht jetzt eine positive Antwort. Sie besteht definitiv nicht in mehr und vehementerer Kritik am Rechtspopulismus und seinen Wählern. Wenn man Leuten, die sich nicht gesehen und beteiligt fühlen, sagt: Doch, ich sehe dich, du bist Dreck, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sie sich von Drecksäcken vertreten lassen.

Demokratie erodiert

Es reicht für die liberale Mitte, ihre Leute, ihre Medien und ihre Parteien nicht, sich pseudoheldenhaft gegen die autoritäre Konkurrenz zu verwahren, sich hinter einer Moralwagenburg zu verstecken, und schon gar nicht, sich gegenseitig zu beschuldigen, deren Gehilfen zu sein. Auch das erodiert Demokratie und lässt Leute davonlaufen.

Worüber wir reden können müssen, ist die intellektuelle und praktische Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft, die dem überwiegenden Teil der Gesellschaft eine materielle, kulturelle und emotionale Perspektive bietet.

Es wird darum gehen, kleine Brötchen zu backen. Ja, ist so. Aber diese eben wirklich zu backen, statt reflexhaft die Brötchen der Populisten zu kritisieren und sie damit größer aussehen zu lassen. Die Beschwörung, wie schlimm alles ist, das ist der Job von Rechts- und Linkspopulisten. Unserer ist es, auf der Basis eines nicht blinden, sondern konstruktiven Vertrauens in die Demokratie und ihre Institutionen (einschließlich Polizei) eine Zukunftspolitik der Mehrheit zu befördern.

Ich kann verstehen, dass speziell junge Klimaaktivisten das zunächst als abgefuckte Erwachsenenpolitik interpretieren. Aber ich kann nicht zurück in den gemütlichen Hochsitz und von dort aus die radikale Klimapolitik fordern, die aus meiner Sicht objektiv notwendig ist. Ich muss damit umgehen, dass Florida Trump wählt, obwohl Teile davon demnächst unter Wasser stehen, und dass Positionen gegen Fracking und für erneuerbare Energien Biden fast die Wahl gekostet haben. Ich muss damit umgehen, dass die EU künftig machtpolitisch viel härter werden muss, ein neues, aber stabiles Verhältnis zu den USA und gleichzeitig gemeinsame Werte mit den Chinesen finden, damit unsere Kinder nicht bald als Sklaven deren Handys zusammenschrauben. Und klimapolitisch gibt es sowieso keinen anderen Weg in die Zukunft als einen gemeinsamen.

Das geht doch alles gar nicht? Im Gegenteil: Es geht nur so.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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14 Kommentare

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  • Biden war Pro Fracking....(bitte korrigieren). Eine Google Suche hätte da geholfen. Und dafür das seine Position zu erneuerbarer Energien ihm fast die Wahl gekostet hat, muss ich auch erstmal Beweise sehen.

    Fox News Exit Poll: Increasing government spending on green and renewable Energy: 70% in Favor

    Ich bin echt kein Fan von der Chinesischen Regierung, aber für die Behauptung das uns eine geopolitschen Umkehr bevorsteht braucht man auch Belege.



    Und sonst meint er man solle kein Kritik äußern an unseren liberalen Institutionen, damit wir den Rechtsextremen nicht helfen.



    Ist nicht deren Versagen im Kampf gegen Rassismus und Ungleichheit schuld an der Situation in der wir grade sind? ich finde grade jetzt sollten wir sie kritisieren.



    Freundlich zu Rechtsextremen zu sein ist auch keine Lösung, oder haben sie die Pegida Demos verpasst?

  • Ich sag mal so: Der Erfolg des Rechtspopulismus ist zu signifikanten Teilen einer Spielart des Liberalismus zu verdanken. Dem Neoliberalismus nämlich, der in den USA dafür gesorgt hat, dass jeder seit Beginn der 80er zusätzlich verdiente Dollar in die Taschen der oberen 10% gewandert ist. Insofern sollte die "liberale Mitte" vor allem mal eines tun: sich an die eigene Nase fassen. Denn ohne den neoliberalen Irrsinn hätte es Trump nie gegeben. Die Demokraten in den USA haben das bekanntlich nicht nur mitgetragen, sondern ebenfalls massiv vorangetrieben

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    So viele hohle Phrasen, da fällt mir glatt die Mao Bibel aus der Hand.



    UndWas für ein Schlusssatz: Es geht nur so.



    Wieder jemand der die absolute Wahrheit für sich beansprucht.

  • 0G
    06227 (Profil gelöscht)

    Von diesem inhaltsentleerten Phrasendreschen bekomm ich ja Pickel. Liberale Mitte? Kann man sich natürlich schön auf's Brot schmieren um als braver Demokrat nicht zuu kritisch werden zu müssen..



    Und in welchem Universum heißt 'Menschenfeindlichkeit und/oder unwissenschiftlicher Unsinn haben keinen Platz im demokratischen Diskurs' denn ''du bist Dreck''?...

  • Der prototypische liberale Standpunkt, der erst dann Handlungsbedarf sieht, wenn die eigenen weißen Kinder "Sklaven" zu werden drohen. Aber man muss schon sagen, so offen und klar positioniert liest man es selten! Wir oder die! Von einem linken Minimalkonsens ist dieser Standpunkt maximal entfernt.

  • Eine Kolumne, die zeigt, dass Mittelmäßigkeit und Weichspülen jetzt auch bei der TAZ angekommen sind. Dann nehmen wir mal alle AfD-Anhänger*innen ans Händchen, darauf haben die gewartet.

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

    “ Denkwürdige Sätze: "Doch, ich sehe dich, du bist Dreck, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sie sich von Drecksäcken vertreten lassen."



    [....] "..Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft, die dem überwiegenden Teil der Gesellschaft eine materielle, kulturelle und emotionale Perspektive bietet."



    Emotional sind Menschen immer. Da braucht`s keine Perspektiven.



    Hinter "emotionale Perspektiven" verbirgt sich gleich wieder ein (unbewuster) Erziehungsanspruch.



    Und die materielle Perspektive hat der Kapitalismus doch als Ersatz für die kulturelle angeboten.



    Wie sagte schon der große Arbeiterphilosoph Adolf Tegtmeier auf die Anmerkung seiner Chefs (sinngemäß): "Aber sind Sie denn nicht zufrieden? Sie haben doch alles. Schicke Wohnung, flotten Wagen, Kühlschrank , alles..." So war das, und da sagte der Adolf Tegtmeier: "Ja, und dann, was kommt dann?"







    Ansonsten: „Bald machen eure Kinder meine Handys.“ Ist doch OK, wenn es "grüne" Handys sind.“

    kurz - Soviele - selbst fein reingezirkelte Eigentore - sind selbst dem Au 🥅 selten



    Wie sagte es Adolf Tegtmeier so schön:



    “Jung - mach die Augen auf. Dann siehste mehr!“ & dess - is dem flättlig Häusle-Bauer doch arg schwer. Gell.



    Normal & dess ändert sichnichso schnell •

    • @Lowandorder:

      Sorry & Schade - Überschrift -

      “Pol Arisierung…“ - hatte ich vergessen.

      Dabei so passend. Newahr.



      Normal.

  • Ich kann euch ja verstehen, aber was wir brauchen, das ist eine Zukunftspolitik der Mehrheit. Und da gehört ihr natürlich auch dazu.

    Das wäre ja mal ein Anfang!!!

  • Na Servus

    Ach was! Wir - SM PU von tazes Gnaden!

    🥚jòò 🥚jòò . Mal wieder the Fool - hoch vom Hochsitz sei Dachstuhl! - 😱 -

    kurz - Einfach göttlich. Gellewelle..



    Hoffe - daß es irgendwann mal - Dämmert. Newahr.



    Normal - wär‘s - Schonn Schön - 🤫 - nich so belämmert!



    Denn!



    Wenn etwas nicht gelingt in Unfrieds Peterle sei Welt.



    Dann gelingt‘s auch nicht in Bielefeld •



    &



    unterm——



    Zu sei Prognosen ist zu sagen: - erst Silikon Valley - als alle 🦉 verflogen!



    Dann Superhyper a Superperformer Lindtner - “der alte Blödmann“ - Oh jui!



    & Däh! - lang lang - fing fang - 🤫 -



    Es war sein Landsmann - Altnazi - Kiesinger BK - Silberlocke



    Im Bundestag mit “China China 🇨🇳“ bimmelte erregt die Alarmglocke.



    Das ist zwar ne gute Backpfeife her. But.



    Aber im Wald pfeife - is inne taz nicht schwer.



    Dazu a Fjutscher2 immer & immer wieder.



    Präsentiert er die dreisten neoneoliberale SchwesterBrüder.



    & dess! Oh Graus! Oh Tort! -



    Das zieht einem zwar ständig sämtlich Schuhe aus.



    Er aber klempnert fröhlich fort&fort - Macht sich nichts draus.

    kurz - Na. Nú stopp ich mei arg Strudel - mal ganz unverdrossen.



    Nó. Dem sei dreist gut abgehange Pudel 🐩 - is genug begossen - 🥳 -

    Ende des Vorstehenden

    • @Lowandorder:

      Sie waren wohl noch nie mit einer Milliardärin auf dem Dach der taz? Da kann man bis nach Shanghai sehen.

      "statt reflexhaft die Brötchen der Populisten zu kritisieren und sie damit größer aussehen zu lassen."

      Und was heißt dann das genau?

      Am besten zu den Vorkommnissen in Leipzig, nur mal so zum Beispiel, gar nichts sagen?

      Oder zu den Nazis, Hools und Spinnern sagen:

      Ich kann euch ja verstehen, aber was wir brauchen, das ist eine Zukunftspolitik der Mehrheit. Und da gehört ihr natürlich auch dazu.

      • @Jim Hawkins:

        Nö & Tja.

        So ist das bei Gummigefederten.



        Die merken halt nix & sind noch schwer stolz darauf.

        kurz - Da mähtste nix.



        Normal.

  • 9G
    97627 (Profil gelöscht)

    Immer dieser Mythos vom nicht gesehn oder beteiligt fühlen. Bitte mal Nachweisbares vorlegen.

  • Geht ja gar nicht. Davon werden ja sogar die Leute auf den Fotos gelb im Gesicht.