Podcast zum Literaturbetrieb: Ein wahrlich random Business
Das deprimierendste Geschäft überhaupt scheint der Buchmarkt zu sein. Zumindest für die literarischen Akteure und alle, die noch nicht berühmt sind.
Wem würden Sie lieber im Wald begegnen, einem Verleger oder einem Bären?
Falls Sie Zweifel hegen, dieser Podcast nimmt sie Ihnen. Es sei denn natürlich, Sie sind eine celebrity. Denn die, hören wir in der Folge „Bestseller: Nichts ist planbar“ des röstereigeförderten Podcasts beans & books von Victoria Hohmann und Andreas Vierheller, sind die Einzigen, die auf dem Buchmarkt eine Chance haben.
Berühmtheiten wie die Obamas haben für die Verlage zudem den Vorteil, dass fast nichts in Werbung investiert werden muss – die läuft prima über die Promi-Reichweite auf Social Media.
Weitergedacht muss man sagen: Kein Buch erreicht die Zugriffszahlen eines gut gepflegten und besuchten Instagram-Accounts. Es sei denn, natürlich, man hat die Rechte für die Bibel, die „Kleine Raupe Nimmersatt“ oder „Der Herr der Ringe“ auf Halde im Programm. Ohne eine solche Backlist, die über mindestens zehn Jahre aufgebaut werden muss, geht nichts im Geschäft, hören wir. Neue, kleine Verlage sind schlicht „nicht marktfähig“.
Na – auch ein Buch schreiben?
Was also tun, wenn man wie angeblich die Hälfte der Deutschen nicht vom Gedanken lassen kann, ein Buch zu schreiben? Hohmann, die selbst als Autorin und Verlegerin dabei ist, setzt auf „true“ beziehungsweise „superfans“ auf allen Kanälen, die nicht nur ihre Bücher und ihr „merch“ kaufen, sondern auch mal spenden und auf Lesungen gehen. Wenn jede:r Fan 100 Euro im Jahr für seine Künstler:in ausgibt, dann können Sie sich eventuell selbst ausrechnen, ob für Ihre Bedürfnisse genug zusammenkommt.
zehn Folgen, bei Spotify
Nachlesen lassen sich die vielen deprimierenden Zahlen im Artikel „No One Buys Books“ der US-Autorin Elle Griffin, der als Quelle genannt wird. Sie kam an ihre Erkenntnisse wiederum durch die Lektüre von „The Trial“. Der Bericht über das Branchengeheimnisse offenlegende Kartellverfahren zur geplanten Vereinigung der Verlage Penguin Random House und Simon & Schuster hat 1.000 Seiten und kostet 113 Dollar. Wissen hat eben seinen Preis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste