Podcast „Paardiologie“: Charlotte Roche wird intim
Gewalt, Eifersucht und alltägliche Freuden. Autorin Charlotte Roche seziert künftig mit ihrem Ehemann Martin Keß in einem Podcast ihre Ehe.
Einmal versuchte Charlotte Roche betrunken im Streit einen massiven Eichenwurzeltisch auf ihren Ehemann Martin Keß zu werfen, ein anderes Mal diente ein Metallbecher gefüllt mit heißer Milch als Wurfgeschoss. Getroffen hat sie nicht. Es war in einer Zeit, in der sich die Autorin häufig zur Besinnungslosigkeit trank. Heute trinken Keß und Roche keinen Alkohol mehr. Das erzählt das Ehepaar in ihrem neuen Podcast „Paardiologie“, der künftig wöchentlich bei Spotfiy erscheint.
Roche und Keß, der bei der Kölner Kaffeerösterei Van Dyck arbeitet, trennen 15 Jahre, seit zwölf sind sie verheiratet. Und wie ihre Ehe so läuft, daran möchten sie künftig vermutlich Tausende Hörer*innen teilhaben lassen. In ihrer ersten knapp einstündigen Folge erzählen sie nicht nur von Gewaltvorkommnissen, sondern auch von Sexualität in der Ehe, peinlichem Pärchenverhalten und Eifersucht.
Der Podcast passt in unsere Zeit, in der öffentliche Selbstdarstellung via Instagram und Co für viele zum Alltag geworden ist. Und er passt zu Charlotte Roche. Denn Roche liebt es, Tabus zu brechen und Intimes an die Öffentlichkeit zu bringen – worüber im Rest der Gesellschaft lieber geschwiegen wird. Das war auch schon mit ihren Romanen so, die zu großen Teilen autobiografisch sind.
Nachdem sie schon einige Bekanntheit als Moderatorin der Musiksendung „Fast Forward“ bei Viva Zwei erlangt hatte, veröffentlichte sie 2008 ihren ersten Roman, „Feuchtgebiete“. Das Buch, das mit seinem offenen Umgang mit den Themen Krankheiten, Sexualität und Körperhygiene provozierte, wurde schnell zum Bestseller. Auch ihre folgenden Romane „Schoßgebete“ und „Mädchen für alles“ waren ähnlich erfolgreich und überforderten die Feuilletonisten mit expliziten Sexszenen.
Nun aber gesprochenes statt geschriebenes Wort: Es ist wie ein gemeinsameres Älterwerden mit Charlotte Roche. Die manchmal tatsächlich etwas plump daherkommende Provokation wird ersetzt durch ein meist ruhiges Nachdenken über heteronormative Beziehungen mit all ihren Freuden und Problemen in unsere heutigen Gesellschaft.
Fünfzehn Wochen lang wollen Keß und Roche nun Privates teilen und ihre Beziehung sezieren. Doch die Frage, die wohl die meisten interessiert, nämlich warum Roche 2012 die gemeinsame Show mit Jan Böhmermann WIRKLICH verlassen hat, wird vermutlich auch hier nicht beantwortet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert