Platini vor Rückkehr in den Fußball: Wettbewerb der Schurken
Mit Michel Platini könnte Fifa-Chef Gianni Infantino einen Gegenspieler bekommen. Eine gute Nachricht ist das nicht.
F ür Gianni Infantino könnte es ungemütlich werden. Ein mächtiger Konkurrent, so wird gemunkelt, steht vor der Rückkehr auf die große sportpolitische Bühne. Ist das für den europäischen Freundeskreis der One-Love-Binde, die dem Schurken Infantino bei der Weltmeisterschaft in Katar eigentlich gemeinsam die Stirn bieten und dem Fifa-Regelwerk moralische Standards hinzufügen wollten, nicht eine gute Nachricht?
Nein, leider nicht. Im Gegenteil, denn der Mann, von dem da gesprochen wird, heißt Michel Platini, der offenbar französischer Fußballpräsident werden will. Infantinos einstiger Ziehvater und Lehrmeister bei der Uefa, ehe dieser dann zum Brutus wurde.
So sieht das zumindest Platini, der doch als Nachfolger von Fifa-Präsident Sepp Blatter vorgesehen war. Plötzlich aber hatte er die Berner Bundesanwaltschaft im Nacken wegen 2 Millionen Franken, die ihm Blatter überwiesen hatte für angebliche Beraterdienste, und prompt wurde der Franzose von der Fifa-Ethikkommission aus dem Verkehr gezogen.
Wer ist dreister?
Platini hat unfreiwilligerweise Infantino sein Heim in Katar bereitet, wohin der Fifa-Präsident vor einem Jahr seinen Wohnsitz verlegte. Bei der Frage, wie Katar trotz schlechtester Bewerbernoten WM-Gastgeber werden konnte, wird gern an dieses Abendessen in Paris erinnert, an dem neben Platini, der damaliger Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der heutige Emir Tamim bin Hamad al-Thani teilnahmen. Monate später wurde der französische Klub Paris St. Germain an einen katarischen Investmentfonds verkauft, in dem Platinis Sohn Laurent dann angestellt wurde.
Ein Machtkampf zwischen Infantino und Platini kann also nur zu einem Schurkenwettbewerb werden. Die Frage wird lediglich sein, wer schneller beim Überschreiten von noch verbliebenen roten Linien ist. Diejenigen, die von der Fantasie beflügelt waren, in Europa könnte sich ein Bündnis für einen neuen Fußball entwickeln, werden schnell ernüchtert sein.
Nachdem sich der 81-jährige Noël Le Graët vom Fußballpräsidentenamt zurückgezogen hat, der Ewiggestrige, gegen den auch Untersuchungen wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung laufen, wartet nun in Frankreich adäquater Ersatz. Für einen Wandel und einen anderen Fußball spricht derzeit leider nichts. Zumal Platini offenbar von privaten Rachegefühlen angetrieben wird. Vergangenen Sommer drohte er in Richtung derer, die er für seinen Absturz verantwortlich macht: „Wir werden uns wiedersehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül