Plastikmüll beim Berlin-Marathon: Nachhaltig ist nur der Muskelkater
Der Berlin-Marathon ist ein großartiges Sportfest – das unglaublich viel Plastikmüll produziert. Besonders die Einwegbecher sind ein Problem.
Das Geräusch von Einwegplastikbechern, die unter Laufschuhen knirschen, ist ein ziemlich markantes Geräusch. Wer, wie die Autorin, beim Berlin-Marathon mitgelaufen ist, weiß: Die Verpflegungsstationen links und rechts am Straßenrand, mit Wasser, Tee oder diesen furchtbar pappsüßen Sportgetränken, kann man im Eifer des Gefechts kaum übersehen – aber garantiert auch nicht überhören.
Der Berlin-Marathon, 37.000 Menschen rannten ihn am Sonntag, ist jedes Jahr ein wahnsinnig tolles, großartiges Straßenfest – das einen wahnsinnig großen Müllberg produziert. Etwa 1 Million Einweg-Plastikbecher werden an die durstigen Läufer*innen im Ziel und zwischendurch auf der Strecke gereicht, sagt Michael Gerlach, Umweltmanagement-Beauftragter beim ausrichtenden Verein SCC Berlin.
Dazu kommen die Wärmeschutzfolien für die erschöpften Läufer*innen im Ziel, die Plastiktüten mit Fressalien, die jede*r im Ziel bekommt, und laut Gerlach „15 große Mülltonnen“ an Kleidungsstücken: Jacken, Pullover, Schals, derer sich die Läufer*innen noch kurz vor dem Start entledigen. Etwa 20 Prozent, schätzt Gerlach, könne über die Stadtmission an Bedürftige gespendet werden. Der Rest werde, das immerhin, weiterverarbeitet zu Putzlappen oder anderem. Wie groß der Abfallberg genau ist, wisse man so kurz nach der Veranstaltung noch nicht: Abfallentsorger Alba müsse die Zahlen erst auswerten.
Weniger Müll Insgesamt 35 Tonnen Abfall wurden vom Dienstleister Alba nach dem Berlin-Marathon entsorgt. Davon waren 2 Tonnen Papier und 3 Tonnen Leichtverpackungen – also Wertstoffe für den Recyclingkreislauf. Das teilte das Unternehmen auf Anfrage am Mittwoch mit. Insgesamt sei das weniger Müll als in den zurückliegenden Jahren: 2019, als der Marathon mit 48.000 Teilnehmer*innen eine vergleichbare Größe hatte, waren es noch 52 Tonnen, so ein Unternehmenssprecher. In diesem Jahr zählte das Event mit Marathon und Skate-Marathon am letzten Septemberwochenende rund 45.000 Sportler*innen. (akl)
Natürlich kann es sich eine Großveranstaltung im Jahr 2022 überhaupt nicht mehr leisten, das Thema Nachhaltigkeit zu ignorieren. Weshalb auch der Charlottenburger SCC sehr bemüht ist, allen an und auf der Strecke zu signalisieren: Wir tun etwas.
Vier Tage lang konnte man mit der Startnummer kostenlos Bus und Bahn fahren, sogar noch in der Tarifzone C. Die Äpfel für die Läufer*innen-Verpflegung sind regional gewachsen, die Bananen wenigstens Bio. Die Wärmeschutzfolien, das war neu dieses Jahr, sollte man nach Gebrauch zurückgeben: Sie würden „zu Ballen gepresst und an den Hersteller zurückgeführt“, der daraus wieder neue Folien produziere, informiert der Ausrichter.
Und doch, sagt auch Gerlach: Das Recycling des Plastikmülls bleibe die größte Herausforderung. „Die Wertstoffe müssen sortenrein sein. Wenn Sie da eine Bananenschale im Plastikmüll haben, dann landet der Container im Zweifel in der Müllverbrennung statt im Recycling.“
Der Halbmarathon ist sauberer
Übrigens bemerke man da durchaus Unterschiede bei den großen Laufveranstaltungen, die der SCC übers Jahr ausrichtet, sagt der Umwelt-Beauftragte. „Beim Halbmarathon im Frühjahr haben wir ein eher nationales Publikum und hier in Deutschland ist Mülltrennung ja sehr verbreitet.“ Da lande an den Getränkestationen kaum ein Becher auf der Straße – die Läufer*innen bemühten sich tatsächlich, das Plastik in die großen Müllcontainer am Streckenrand zu schmeißen. Alles, was da drin landet kann nämlich recyclet werden. Was die Alba-Männer und -Frauen hingegen von der Straße kehren, landet in der Müllverbrennung.
Beim Marathon klappe das nicht so toll, auch weil das internationalere Publikum mit der speziellen Technik der Mülltrennung „vielleicht nicht so vertraut ist“, sagt Gerlach.
Nun will man im kommenden Jahr beim Halbmarathon einen Pilotversuch neu auflegen: An einer Wasserstation sollen Mehrwegbecher ausgegeben werden. Das Material zerbricht, wenn man drauftritt, so dass Becher, die doch auf der Straße landen, nicht zu Stolperfallen werden. Ein ähnlicher Pilot scheiterte allerdings schon mal an den Kosten. Jetzt will man es mit einem anderen Hersteller nochmal probieren.
So richtig nachhaltig ist Marathonlaufen noch nicht. Aber niemand hat gesagt, dass es ein Sprint wird, die Umwelt zu retten.
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