piwik no script img

Pläne zur SteuersenkungIn der Union rumort es

Es regt sich Widerstand in der Union. Teile von CDU/CSU sind gegen die schwarz-gelben Steuersenkungspläne. Die Kanzlerin ließ derweil verlauten: Die Entlastungen werden kommen.

Steuern runter, Skepsis rauf: In der Union formiert sich der Widerstand. Bild: dpa

BERLIN dapd/afp/rtr/dpa | In der Unionsfraktion sind mögliche Steuersenkungen umstritten. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael Kretschmer sagte dem Kölner Stadtanzeiger, er sehe für ein solches Vorhaben "derzeit überhaupt keine Mehrheit". Die Bürger wollten keine Wohltaten, sondern dass "die Sache von A bis Z stimmig ist". In einer guten Wirtschaftslage senke man keine Steuern, "sondern man nimmt das Geld, um Schulden abzubauen", sagte der CDU-Politiker.

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bekräftigte am Donnerstag im Deutschlandfunk seine ablehnende Haltung. "Ich schließe doch nicht aus, dass langfristig Steuersenkungen möglich sind, und dass man die gegebenenfalls auch jetzt schon ins Visier nimmt. Nur: Für diese Legislaturperiode ist es schlicht und einfach ausgeschlossen und unverantwortlich."

Dagegen wies der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, die Kritik an Steuerentlastungen zurück. "Es geht hier nicht um Wohltaten. Es geht darum, wie viel sich der Staat vom Einkommen der Bürger durch Steuern und Abgaben nehmen darf", sagte Michelbach in München. "Wer den Bürgern jetzt bei hervorragendem Wachstum und sprudelnden Einnahmen des Fiskus Steuerentlastungen verweigert, trägt zur Politikverdrossenheit bei." Michelbach ist Obmann der Union im Bundestagsfinanzausschuss.

Auch der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt mahnte rasches Handeln an. "Wir haben die Zusage gemacht, die Steuern in dieser Wahlperiode zu senken", sagte Dobrindt der Passauer Neuen Presse. "Das werden wir einhalten", kündigte er an. "Ein Teil davon ist bereits erfüllt, ein anderer steht noch aus." Wichtig sei nun eine weitere Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Dobrindt sagte, er erwarte in der Frage eine baldige Einigung mit dem Koalitionspartner FDP.

Regierungssprecher: Steuererleichterungen werden beschlossen

Indessen kam ein klares Zeichen aus dem Kanzleramt. Die Steuerentlastung für untere und mittlere Einkommen kommt - aber noch nicht zum 1. Januar nächsten Jahres. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin: "Die Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode Steuererleichterungen für kleine und mittlere Einkommen beschließen - aber noch nicht zum 1. Januar 2012."

Einen genauen Zeitraum ließ er offen. Seibert sagte, Union und FDP würden gemeinsam sehr genau betrachten, welche finanzielle Spielräume sich ergeben. "Denn es versteht sich, dass die Haushaltsentwicklung vorgibt, welche Entlastungen wir den Bürgern verschaffen können."

Bereits am Mittwoch hatte die Bundesregierung angekündigt, angesichts des kräftigen Wirtschaftswachstums in den kommenden Wochen mögliche Steuersenkungen prüfen zu wollen. Aus den Ländern kam allerdings scharfe Kritik an den Überlegungen. Mehrere Ministerpräsidenten lehnten Steuersenkungen mit Verweis auf die hohe Verschuldung ab.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler fordert die Kritiker in den Bundesländern und der SPD auf, ihren Widerstand gegen Steuersenkungspläne der Regierung aufzugeben. "Zunächst einmal steigen die Steuereinnahmen ja auch in den Ländern", sagte Rösler dem Nachrichtensender n-tv. Beim Ziel, Wachstum für alle möglich zu machen, sollten sich Bund und Länder einig sein. Zudem forderte er gezielt die SPD auf, zu honorieren, dass es um Steuerentlastungen für untere und mittlere Einkommen gehe. Blieben die Sozialdemokraten bei ihrem Widerstand, so zeige die SPD damit "ihr wahres Gesicht". Der Minister und FDP-Chef folgerte: "Das heißt also, die Regierung sollte hier handeln". Er glaube, der Kurs rascher Steuersenkungen sei richtig.

Den Vorwurf, es gehe bei den geplanten Steuersenkungen nur um eine Unterstützung seiner schwächelnden Partei wies der FDP-Chef zurück. "Das ist keine parteipolitische Frage, sondern eine ökonomische Frage", sagte Rösler.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • R
    rauhfuß

    Wäre mir neu, dass die FDP was für Leute mit kleinen und mittleren Einkommen übrig hat. Das wird doch nur eine weitere Umverteilung von unten nach oben durch die Hintertür.

  • MH
    Mario H.

    Wenn man bei Schuldnerberatungen fragt, wie die Menschen so tief in die Sch---e kamen, zeigt sich manchmal folgendes Bild: über die eigene Verhältnisse gelebt, Schulden gemacht, und wenn dann mal Geld da war, dies auch gleich ausgegeben. In schlechten Zeiten über die hohen Kredite gejammert und in Guten diese nicht bedient.

    Genau das gleiche macht die Regierung... und um das alles abzufedern, werden Sozialausgaben gekürzt, Stellen im sozialen Bereich abgebaut, Kulturprogramme gestrichen...

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Man muss sich den ganzen Mist, den diese Regierung am Fliessband produziert, gar nicht mehr anhören. Wenn sie und ihre Parlaments-Satrapen den Mund aufmachen, quellen die Lügen- und Manupulationsblasen nur so heraus:

     

    Man fragt sich, wann diese Staasumbau-Parteien auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Sie haben den ganzen Wahnsinn der Staatsverarmung und Umverteilung des Reichtums von unten nach oben von langer Hand geplant. Sie sind die Marodeure eines funktionsfähigen Staates, der der Staat der Bürgerinnen und Bürger sein sollte.

     

    Steuersenkungen schwadronieren sie:

    Die Städte sind pleite, die Infrastruktur liegt vieler Orts am Boden, das Bildungs- und Gesundheitssystem "hat fertig" etc. etc.

     

    Man muss wissen: Der ganze neoliberale Staatsumbau, d.h. das "unter Stress setzen" der Staatsfinanzen hat System und ist integraler Bestandteil ihres neoliberalen Hayek'schen Projekts. Alles was geschieht ist bei Friedrich August von Hayek nachzulesen. Seine marktradikale Theorie wird von den Regierungen der westlichen Wertegemeinschaft 1:1 umgesetzt.

     

    Da sie den offenen Staatsstreich vermeiden, führt der Weg der Entdemokratisierung primär über den verarmten Staat, der seinen genuinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann.

     

    Ihr Ziel ist also, den Staat weiter zu verarmen, damit sie die Reste des Staatseigentums privatisieren können, um dann die selbstaufgerissenen Löcher zu stopfen. Ihren Amtseid, "Schaden vom Volke abzuwenden", verletzen sie täglich.

     

    Die Steuersenker sind die schlimmsten Ideologen. Sie wollen den Staat der Bürgerinnen und Bürger zerstören. Sie sind die realen Staatsfeinde, denn kein Staat kann ohne eine solide Finanzierungsbasis seinen Aufgaben nachkommen.

  • H
    Hasso

    Erst einmal will die Möchtegern-Kanzlerin die Wahlen gewinnen, daher keine sofortigen Steuersenkungen-die kommt erst kurz vor der Bundestagswahl 2013 . Sollte sie dann wieder gewählt werden, kommen Steuererhöhungen. So trickst man die (dummen) Wähler aus, um an der Macht zu bleiben. Erst die Steuern erhöhen um sie dann senken zu können.Ähnlich dem Nato-Doppelbeschluss:erst aufrüsten dann abrüsten. "Der Doppel-Steuerbeschluss".Bin mal gespannt, wie viele wieder auf diesen miesen Trick hereinfallen.

  • MC
    Marcus Cornelius Fronto

    Panem et circenses.

  • T
    Tim

    Wär's vielleicht möglich, dass ihr auf den neoliberalen Kampfbegriff "Steuererleichterungen" verzichtet?