Pläne für „Mietendeckel“ in Berlin: Eingespartes Geld erst mal parken
300.000 Haushalte in Berlin zahlen aus Sicht des Senats „Wuchermieten“. Doch Absenkungen gibt es aufgrund angekündigter Klagen nur unter Vorbehalt.
Neben dem Einfrieren der Mieten sind die Tabellen für Mietobergrenzen das Herzstück des Gesetzes. Wie hoch sind diese Grenzen ?
Die Grenzen beruhen auf einer Tabelle, die in Anlehnung an den Berliner Mietspiegel 2013 plus einem Inflationsaufschlag entwickelt wurde. Die Mietobergrenzen gelten als Höchstwerte bei Wiedervermietungen, es sei denn, die Vormiete lag darunter, dann gilt diese. Zusätzlich sind sie die Berechnungsgrundlage für Absenkungen in bestehenden Mietverhältnissen.
Geeinigt hat sich die rot-rot-grüne Koalition auf eine Tabelle mit zwölf Oberwerten, unterteilt nach Baujahr und Ausstattung der Wohnungen. Die Werte reichen von 3,12 Euro pro Quadratmeter nettokalt in schlecht ausgestatteten Altbauten bis zu 9,80 Euro in Neubauten bis 2013. Später errichte Wohnungen sind ausgenommen. Im Falle der Grenzen für „Wuchermieten“ kommen noch Zu- oder Abschläge für einfache Wohnlagen (minus 28 Cent/Quadratmeter), mittlere Lagen (minus 9 Cent/Quadratmeter) und gute Lagen (plus 74 Cent/Quadratmeter). In Bestandsmieten sind Überschreitungen der Maximalwerte von maximal 20 Prozent zulässig. Darüber liegende Mieten gelten als „Wuchermiete“ und können dann abgesenkt werden.
Beispiel: Für eine bis 1918 errichtete Altbauwohnung mit Heizung und Bad in mittlerer Lage gilt eine Obergrenze von 6,36 Euro pro Quadratmeter. Mit dem tolerierten Aufschlag von 20 Prozent könnte die Miete für eine solche 70 Quadratmeterwohnung dann als „Wuchermiete“ abgesenkt werden, wenn sie mehr als 534 Euro nettokalt beträgt. In Kreisen der Koalition hieß es, dass etwa 300.000 Berliner Mieterhaushalte „Wuchermieten“ zahlen.
Können MieterInnen, die bereits in einer Wohnung zur „Wuchermiete“ leben, dann einfach weniger Miete zahlen, sobald das Gesetz in Kraft tritt?
Die Regelung zur „Wuchermiete“ gilt erst neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, also ab Herbst 2020. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, geht davon aus, dass Mieter sich dann erst bei einer Behörde melden und dort einen Bescheid über ihre „Wuchermiete“ abholen können. Danach können sie die Miete senken. Wild rät aber dazu, die eingesparte Miete auf einem Konto zu parken. Falls die Gerichte und am Ende das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel kippen, „müsste der Mieter den Differenzbetrag nachzahlen“, sagt Wild.
Was passiert, wenn Mieter eine teure Wohnung neu anmieten, deren Miete über der Tabellenmiete liegt?
Bei Wiedervermietungen gelten die Tabellenwerte als Obergrenze, ohne den Aufschlag von 20 Prozent. Behördliche Bescheinigungen über überteuerte Mieten wird es hier nicht geben. Wild vom Mieterverein rät dazu, bei einer Neuanmietung erst mal die überteuerte Miete zu zahlen und erst dann gegen den Vermieter auf Rückzahlung zu klagen. „Eine Rechtsschutzversicherung ist hier wichtig“, sagt Wild.
Falls der neue Mieter von sich aus einfach die Miete senken würde, ohne Klage, könnte der Vermieter wegen Mietrückständen kündigen und diese Kündigung würde wirksam, wenn die Gerichte dann gegen den Mietendeckel entscheiden und das Gesetz für unwirksam erklären. „Das wäre ein hohes Risiko“, sagt Wild. Er geht davon aus, dass die Vermieter erst mal von sich aus die Mieten nicht senken und auch die Angebotsmieten in den Inseraten hoch bleiben.
Könnte der Mietendeckel Vorbild sein für andere Bundesländer und Stadtstaaten?
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. In Bremen will man erst mal den Ausgang der Gerichtsverfahren gegen den Berliner Mietendeckel abwarten. In Bayern wurde ein Volksbegehren für einen Mietendeckel gestartet. Der Hamburger Bürgermeister lehnt den Deckel ab.
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