Pläne der syrischen Opposition: Freunde und Förderer
Vertreter westlicher und arabischer Staaten treffen sich in Marrakesch mit syrischen Oppositionellen. Auch eine Übergangsregierung wird bereits geplant.
BERLIN taz | Der politische Übergang im Falle eines Sturzes von Präsident Baschar al-Assad wird das dominierende Thema bei einem Außenministertreffen der „Freunde Syriens“ sein, das am Mittwoch in der marokkanischen Stadt Marrakesch stattfindet.
In dem Gremium sind zahlreiche westliche und arabische Staaten sowie die Türkei vertreten, die einen politischen Wechsel in Damaskus anstreben. Mit von der Partie ist auch das neue Oppositionsbündnis mit dem sperrigen Namen „Nationale Koalition der syrischen revolutionären und oppositionellen Kräfte“, das sich am 11. November in Katar gegründet hat.
Zuvor war der Syrische Nationalrat (SNC), der seit seiner Gründung am 23. August 2011 für die Opposition gesprochen hatte, in die Kritik geraten. Westliche Staaten, aber auch syrische Oppositionelle vor allem im Land hatten dem SNC vorgehalten, er repräsentiere nicht die Kräfte in Syrien selbst und sei von den islamistischen Muslimbrüdern dominiert. Zudem sei er nicht in der Lage, die bewaffneten Kräfte unter einen Hut zu bringen, und bereite sich nicht auf die Zeit des Übergangs auf die Zeit nach Assad vor.
Dies alles soll die neue Koalition nun leisten, und sie ist auch willens, das zu tun. Quasi ihr Geburtshelfer sind die USA. Beim Gründungstreffen in Katar machte das Wort von der „Ford-Seif-Initiative“ die Runde. Richard Ford war bis zu seinem Abzug US-Botschafter in Damaskus, Raid Seif ist ein langjähriger syrischer Oppositioneller.
Neues Hauptquartier in Kairo
Dem gut 60-köpfigen Führungsrat der Nationalen Koalition gehören auch 22 SNC-Mitglieder an. Er bereitet unter erheblichem Zeitdruck das Treffen der „Freunde Syriens“ vor.
Im Gegensatz zum SNC, der seinen Sitz in Istanbul hat, wählte die Nationale Koalition Kairo zu ihrem Hauptquartier – eine Entscheidung, die in kurdischen Kreisen positiv aufgenommen wurde. Mit von der Partie sind neben bekannten Persönlichkeiten Vertreter verschiedener Strömungen in Syrien, der lokalen Koordinationskomitees sowie drei Turkmenen.
Zum Vorsitzenden wurde Moas al-Chatib gewählt. Der ehemalige Imam der Omajaden-Moschee in Damaskus gilt als gemäßigt. Unter seinen drei Stellvertretern ist neben Raid Seif mit Suhair Atassi auch eine Frau. Der dritte Sitz wird für einen Kurden freigehalten. Nach Angaben aus Oppositionskreisen wird der Name dieses Vertreters möglicherweise bei dem Treffen in Marrakesch bekannt gegeben werden.
Bereits am Wochenende wurde ein Oberster Militärrat gegründet. Kommissionen werden gebildet, die sich um für die Übergangsphase wichtige Ressorts wie humanitäre Hilfe, Sicherheit und Justiz kümmern sollen. Selbst über den Chef einer Übergangsregierung wird bereits nachgedacht.
Zunächst galt Riad Hidschab als Favorit. Er war Premier unter Assad, bis er sich im August ins Ausland absetzte. Mittlerweile aber ist Konsens, dass dieser Posten nicht mit einer Figur des Regimes besetzt werden soll. Ein Kandidat wird möglicherweise in Marrakesch benannt werden.
Aus Sicht der Nationalen Koalition stehen die „Freunde Syriens“ daher nun in der Pflicht, das Gremium als Vertretung des syrischen Volkes anzuerkennen und mit Geld und Waffen zu unterstützen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“