Pinneberger Extremismus: Mitte nicht ganz dicht
Nicht nur, wenn es um die Antifa geht: Parteien beanspruchen die Politik gerne exklusiv für sich. Extrem sind aber immer nur die anderen.
D ie Parteien“, so steht es im Grundgesetz, Artikel 21, „wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Dass Parteien und ihre Funktionär*innen diese Rolle schon mal damit verwechseln, einzig sie seien beauftragt mit dieser „politischen Willensbildung“, diesen Vorwurf nähren Vorgänge wie das, was die CDU im schleswig-holsteinischen Pinneberg sich da gerade ausgedacht hat. „Politische Veranstaltungen“ zu untersagen, weil man es kann? Und das am Ende noch als Reaktion auf die Kränkungserfahrung, die dem christdemokratischen Nachwuchs dort bereitet wurde, im bösen Antifa-Haus in der Bahnhofstraße? Geht's noch?
Längst nicht nur im Hamburger Speckgürtel gefällt sich der hier in Rede stehende Teil des Parteiensprektrums ja heute wieder mehr denn je in der Position der „Mitte“: Mögen sie an den Rändern laut sein und übertriebene Dinge vertreten, man selbst hat die Vernunft gepachtet und sowieso: recht.
Bis wieder irgendjemand „Antifa!“ ruft oder an die immer selben G-20-Gipfel-Gruselbilder erinnert; beides übrigens ganz oben im Werkzeugkasten der AfD und ihrer Online-Truppen. Dann stellt diese gegen alles Schlechte so immun sich wähnende Mitte zuverlässig unter Beweis, wie wenig sie abgedichtet ist gegen die bösen Ränder. Nicht zu vergessen: Es sind Christdemokrat*innen, die anderswo mit den gar nicht so neuen Nazis stimmen, nicht diese Stalinist*innen von der Linkspartei, die es doch laut der ebenfalls so populär gewordenen Hufeisen-These viel mehr sein müssten.
Haben die Pinneberger Bauchschmerzen wegen angeblich falscher Politik nun mit einer Antifa-Phobie zu tun oder nicht? Wer darüber schlecht schläft, der sollte konsequenterweise gleich das ganze Geschwister-Scholl-Haus säubern davon – und es umbenennen.
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