Pietätlos oder Satire?: Kritik an Drink auf Israeltag
Ein israelisches Restaurant hatte einen Drink aus „gehäckselter“ Wassermelone ausgeschenkt. Der Inhaber beteuert, es sei als Witz gemeint.

Am Stand hatten sie den Drink mit einem laminierten Aushang beworben. „Watermelon meets Zionism“ (dt.: Wassermelone trifft auf Zionismus) stand darauf, das dazugehörige Bild zeigte einen Löwen mit israelischer Flagge als Schürze vor einem Hintergrund von ganzen und aufgeschnittenen Wassermelonen, auf denen teils Smiley-Gesichter angedeutet waren.
In der Hand hielt er ein Israelfähnchen und zwei Gläser, eins gefüllt mit Melonenstücken, eins mit einem Getränk in der gleichen Farbe. Der Aushang beschreibt den Drink mit den Worten: „Israeli Style Watermelon, gehäckselt, prüiert (sic) & zerhackstückelt auf Eis mit Vodkashot.“ Das Restaurant verbreitete Bilder von dem Aushang und dem Stand auch auf Social Media.
Dort regte sich vehemente Kritik an dem Drink und dem Aushang. „Ich habe Feinberg immer verteidigt, wenn er bedroht und antisemitisch angegriffen wurde“, schreibt etwa die Politikerin Sawsan Chebli auf Instagram. „Umso erschütternder ist es, dass er auf einem Fest einen Drink anbietet, der für mich auf zynische Weise die Tötung meines Volkes zelebriert.“ Darunter fordert sie zum Tragen der Wassermelone auf.
Als Witz gemeint
„Ein pietätloser und menschenverachtender Akt“, kommentiert der Schauspieler und Sozialunternehmer Shai Hoffmann, bekannt für sein jüdisch-palästinensisches Bildungsprojekt ebenfalls bei Instagram. Und die syrischstämmige SPD-Bundestagsabgeordnete Rasha Nasr schreibt: Was auf der Feier der deutsch-israelischen Gesellschaft passiert sei, stimme sie „tieftraurig und ehrlich gesagt auch wütend“.
Yorai Feinberg, Inhaber des Restaurants in Schöneberg, verteidigt den Drink auf Nachfrage. „Die Wassermelone symbolisiert den Terror und den Krieg gegen uns“, sagt er. Sie werde aktuell als Symbol im Kampf gegen Juden und den jüdischen Staat benutzt. „In meinen Augen symbolisiert sie das neue Hakenkreuz“, sagt er.
„Wir haben das als Witz über den grassierenden Antisemitismus und Israelfeindlichkeit verstanden, im geschützten Rahmen des Israeltags. Wir meinten es auf gar keinen Fall als Gewaltaufruf“, betont Feinberg. Die Aussage sei viel mehr: „Moderne Symbolen des Judenhasses gehören im Mixer zerschreddert“, wie das Restaurant als Reaktion auf die Kritik in einer Klarstellung schreibt. „Wir achten selbstverständlich und unfraglich das Lebensrecht aller Menschen.“
Die deutsch-israelische Gesellschaft schrieb auf Instagram, sie habe erst nach Ende des Israeltags von dem Aushang Kenntnis erhalten, am Tag selbst habe es vor Ort auch keine Beschwerden gegeben. „Wir können jedoch nachvollziehen, dass Palästinenser dieses offenbar satirisch gemeinte Plakat als Angriff auf ihre Person und Würde wahrnehmen können“, schreiben die Veranstalter. Doch dies sei vom Caterer nicht beabsichtigt gewesen. Den Vorfall würden sie sehr bedauern.
Hassanrufe und Bedrohung
Reaktionen beschränken sich laut Restaurantinhaber Feinberg allerdings nicht nur auf Social Media. Feinberg berichtet, dass das Restaurant aktuell etwa alle 15 Minuten einen Hassanruf erhalte. „Die Anrufer schreien „Free Palestine“ oder dass es kein Israel und auch kein israelisches Essen gebe“, erzählt er. Auch würden regelmäßig Autos vor dem Restaurant anhalten.
Bereits ab 2017 war Feinberg mit seinem Restaurant anhaltend bedroht worden. Nach dem 7. Oktober sei das Restaurant mit Hassmails überzogen, mit antisemitischen Kommentaren bewertet und mehrfach angegriffen worden, berichtet er. Damit, dass ihr Drink die Hassanrufe so befeuern könnte, habe er nicht gerechnet, sagt Feinberg.
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