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Photovoltaik in Deutschland100 Gigawatt Sonnenleistung

Der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen kommt gut voran. Es fehlen aber Stromspeicher, um Angebot und Nachfrage beim Ökostrom besser abzustimmen.

Es gibt immer mehr Solaranlagen in Deutschland Foto: Bodo Schackow/dpa

Berlin taz | Die Solarkraft hat in Deutschland eine markante Schwelle überschritten: Wenn alle Photovoltaik-Anlagen auf voller Auslastung laufen, gibt es eine Leistung von 100 Gigawatt. Das hat der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) auf Basis von Daten der Bundesnetzagentur hochgerechnet.

Alleine im Jahr 2024 gingen rund eine Million Anlagen mit einer Erzeugungskapazität von 17 Gigawatt neu in Betrieb. Freilandanlagen hatten daran einen Anteil von 6,3 Gigawatt, auf Firmendächern wurden 3,6 Gigawatt installiert, 6,7 Gigawatt entfielen auf kleine Dachanlagen unter 30 Kilowatt.

Ungebrochen ist der Boom bei Steckersolargeräten, auch Balkonkraftwerke genannt. Deren neu installierte Leistung hat sich nach Angaben des BSW Solar gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Mit 0,4 Gigawatt erreicht sie trotzdem nur gut zwei Prozent Anteil an den neu installierten Kapazitäten.

Die Höchstleistung ist nur eine theoretische Größe. Die maximale tatsächliche Erzeugung lag im Jahr 2024 nach Zahlen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme bei 52,4 Gigawatt – zu einem Zeitpunkt Ende Juni, als rund 91 Gigawatt an Modulleistung installiert waren.

Praktisch genutzte Leistung geringer

Dass die tatsächliche Leistung stets deutlich hinter der theoretisch verfügbaren Leistung zurückbleibt, liegt vor allem daran, dass die Anlagen von der Himmelsrichtung und ihrer Neigung her unterschiedlich ausgerichtet sind. So können niemals alle Anlagen gleichzeitig ihre Höchstleistung bringen.

Aus Sicht des Stromsystems ist das durchaus sinnvoll. So kann ein Teil der Anlagen vor allem die Morgensonne, ein anderer Teil die Abendsonne einfangen. Als Faustregel kann man von bis zu 60 Prozent zeitgleicher Erzeugung ausgehen.

Im Sommer dürfte der Strom aus Photovoltaik-Anlagen bereits stundenweise die Nachfrage in Deutschland überschreiten, die mittags am Wochenende unter 50 Gigawatt liegen kann. Das dürfte ab Frühjahr dazu führen, dass es an der Strombörse reichlich Mittagsstunden mit Strompreisen unter null gibt, sodass Stromerzeuger fürs Einspeisen ins Netz Geld bezahlen statt bekommen.

Schon im Jahr 2024 gab es 457 solcher Stunden, was den Vorjahreswert um rund 50 Prozent übertraf. Helfen können Stromspeicher, in denen überschüssiger Strom lagern könnte, bis er gebraucht wird. Da der Photovoltaik-Ausbau – Ziel für 2030 sind 215 Gigawatt – deutlich schneller vorangeht als der Bau von Speichern, dürften die Zeiten mit negativen Börsenpreisen allerdings erst noch weiter zunehmen.

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12 Kommentare

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  • Es fehlen aber Stromspeicher, um Angebot und Nachfrage beim Ökostrom besser abzustimmen.



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    Reichlich geschönt, dieses "Aber".



    Die fehlenden Speicher werden ab sofort bei steigendem EE-Anteil im Strommix zur existenziellen Frage.



    Weil der (fossile) regelbare Strom weniger wird, bei steigendem volatilem EE-Strom.



    Wir sind jetzt schon - bei 60% EE-Anteil - an dem Punkt angelangt, dass wir bei Dunkelflaute den fehlenden Strom nicht mehr durch Backup-KWs (Gas, Kohle, AKWs) ausgleichen können. Das heisst, wir sind auf Stromimporte angewiesen, um einen Blackout zu verhindern. Wie war das nochmal mit der Energiesicherheit? Abhängigkeit vom Ausland? Und nebenbei: Wenn Nachbarländer Strom nach D exportieren, dann machen die das nicht um Geld zu verdienen, so wie die ganzen Ölländer. Da sollte man nicht auf Verlässlichkeit hoffen. Die ganze Energiewende hat den Aspekt der Unabhängigkeit (vom Öl). Das Gegenteil trifft zu , da wir auch bei Hellbrise dasselbe Problem haben: Wir müssen zwingend den zuviel produzierten Strom loswerden. Und wie wird das alles bei 80% oder 90% EE-Anteil im Strommix?



    Fragen...



    Sind längst bekannt, hat man nur leider negiert....

    • @menkfiedle isibisi:

      Eines ist klar: Speicher müssen her! Für Solar reichen erst mal die Speicher, die uns durch die Nacht bringen. Das ist bei den ewig fallenden Batteriepreisen schon am Horizont der Machbarkeit.



      Ich finde allerdings das Gejammer über Strom Im- und Exporte nicht sinnvoll. Genau das ist die Basis für das stabilste Stromnetz der Welt. Und das haben wir in Europa.



      In den USA als Beispiel ist das Netz deutlich instabiler. Der Netzverbund der US-Bundesstaaten ist deutlich viel, als das, was wir in Europa haben. Wenn es dort zu Schwingungen und Ausfällen kommt, versteigt man sich gerne mal in esoterische Erklärungen. Im europäischen Netz wird in solchen Fällen einfach ein anderer Verbindungsweg geschaltet und alles ist wieder OK.

  • Es ist immer wieder lustig zu lesen,wie manche Leute meinen, das Speicherproblem der Erneuerbaren mit ein paar Akkuleinchen lösen zu können [1]. Da bestehen anscheinend nur ziemlich rudimentäre Vorstellungen bezüglich der erforderlichen Kapazitäten...



    Zu ersetzen wären ja u.a. sämtliche Speicher, auf die die Konventionellen zurückgreifen, z.B. die 250 TWh Gasspeicher in Deutschland, die Braunkohle, die man entsprechend dem Bedarf aus dem Boden holen kann, nicht zu vergessen Öltanks und die "Strategische Ölreserve".



    Die entsprechenden Speicherkapazitäten sind in Deutschland nur mit Kohlenstoffverbindungen zu realisieren. Länder mit ordentlich Wasserkraft sind da besser dran.



    Akkus sind ein nettes Zubrot, geeignet, tageszeitliche Schwankungen teilweise auszugleichen. Mehr aber auch nicht. Damit sie einigermaßen bezahlbar bleiben, müssten sie mindestens 200 Vollzyklen/Jahr machen, selbst wenn die derzeitigen Preise auf ein Zehntel fallen sollten.



    [1] Besonders lustig wird es, wenn sie die Akkus auch noch auf Rädchen stellen und sie in der Gegend herumfahren wollen. Dann werden die sowieso schon teuren Akkus noch 2-3 mal so teuer... :-)

    • @sollndas:

      "Die entsprechenden Speicherkapazitäten sind in Deutschland nur mit Kohlenstoffverbindungen zu realisieren"



      Äh nö, Stickstoffverbindungen wie NH3 gehen auch. Klammern Sie sich doch nicht immer so an die Vergangenheit fest! Energietechnologie ist das neue heiße Ding. Die Entwicklung geht derzeit fast so schnell wie die der Computer in den 90ern und der Smartphones in 2010+.



      Wie können heute nicht mal ansatzweise abschätzen, ob es Batterien auf Protonen/Natrium/Aluminium/Kalzium/Schwefel/Silizium oder sonstiger Basis geben wird. Wir wissen auch nicht wirklich, ob es tatsächlich gigantische Wasserstoffreserven in tieferen Erdschichten gibt und wie wir diese nutzen können. Wir wissen nichts. Wie können Sie auf dieser Basis des "nicht Wissens" solche Aussagen abgeben?

  • "...dürften die Zeiten mit negativen Börsenpreisen allerdings erst noch weiter zunehmen."



    Die "negativen Börsenpreise" kosteten schon 2024 ca. 10 Milliarden Euro zum Fenster hinaus geworfenes Geld [1]. Sie wären vermeidbar gewesen, durch entsprechende Abregelung auf den tatsächlichen Stromverbrauch. Technisch kein Problem, aber die rechtlichen Regelungen wurden versiebt. Anscheinend kam es Habeck auf ein paar Milliarden mehr oder weniger nicht so drauf an.



    [1] taz.de/Zahl-des-Tages/!6016282

    • @sollndas:

      Von dem "zum Fenster hinaus geworfenes Geld" profitieren vor allem die, die mit fester Vergütung einspeisen. Wie war das noch mal mir Ihrer BP Solar?



      Der Unterschied ist lediglich der, dass früher der überteuerte Strom privater Solaranlagen aus der EEG-Umlage - also über den dem Strompreis finanziert wurde. Heute passiert das mit Steuergeld. Sie profitieren also indirekt ein klein wenig weniger. Klarer Grund zu meckern!

  • Wiedereinspeisung nicht doppelbesteuern, und ansonsten ist der Markt nun endlich da, die Technologien gehen explosionsartig nach oben. Bei Strom den Netzbetreibern Druck für die Erneuerung der Leitungen machen, ansonsten geht es eher schon mehr darum, zeitig bei Wärme, Bauen, Verkehr ... endlich die Weichen zu stellen.

    • @Janix:

      Das denke ich auch. Speichertechnologie ist so wichtig, dass sie komplett steuerfrei gestellt werden sollte.



      Noch wichtiger wäre die Befreiung von Netzumlagen. Diese wären bei Speichern absolut unfair, weil sie die Netze eher ent- als be-lasten. Beispielsweise könnte Speicher an den Dorftrafos die Belastung des Mittelspannungsnetzes über den Tag verteilen. Bei richtiger Auslegung spart das Unmengen Kabelquerschnitt.

  • Das sind gute Nachrichten!



    Es zeigt sich, dass die Förderung der Ampel erfolgreich war.



    Es ist natürlich sinnvoll, nun Speicherkapazitäten entsprechend auszubauen. Hier ist eine schnelle Lösung mehr Elektromobilität. Da viele Menschen mit dem Auto zur Arbeit fahren, könnten die Akkus der Fahrzeuge in der Spitzenproduktion der Photovoltaik Anlagen aufgeladen werden.



    Nutzung von Wasch-, Spülmaschinen und Trocknern ist auch für Privatpersonen in der Mittagszeit sinnvoll.



    Es ist schon Einiges möglich, bevor der Ausbau kommt.



    Bezüglich der kommenden Wahlen sei daran erinnert, dass die letzte CDU /FDP Regierung für die Pleite der Deutschen Solartechnik Produzenten verantwortlich war.



    Mit einem möglichen Merzelmann als Kanzler sind ähnlich wirtschaftsschädliche Rückschritte zu erwarten. Es bleibt mir ein Rätsel, warum sich die Grünen als FDP Surrogat an die CDU Heranwanzen. Wie in NRW und Schleswig Holstein zu sehen, ist in schwarz grünen Koalitionen wenig grün erkennbar (Beispiel Naturschutzgebiete).



    Für eine nachhaltige, soziale Zukunft gilt es bei dieser Wahl zu werben. Jetzt schon auf Pöstchen zu schielen dient weder der Zukunft der Natur, noch deren BewohnerInnen.

    • @Philippo1000:

      Nun ja, in der Regierung haben Grüne definitiv mehr Einfluss als in der Opposition.



      Was ein kleinerer Koalitionspartner in der Regierung bewirken kann, hat die FDP in den letzten drei Jahren eindrucksvoll demonstriert.

  • Auch bei einer Verdopplung der installierten Leistung würde der erzeugte Solarstrom nur selten den Stromverbrauch, wie er heute ist, überschreiten. Es kann dann wirtschaftlich sinnvoller sein, diesen Überschuss an Erzeugungspotential abzuregeln, als ihn für die Nacht zu speichern.

    Eher wird umgekehrt ein Schuh draus: Den Strombedarf in den anderen Tagesstunden kann man vorzugsweise mit gespeichertem Strom aus der Mittagszeit decken, wenn zu dieser Zeit genügend erzeugt wird.

    Wichtiger freilich ist es, variable Stromerzeugung zu verschieben - z.B. keine Strom-Einspeisung aus Biogas mehr bei reichlichem Solar- und Windstromangebot - und variable Stromverbraucher nutzen - einschließlich Wärmeerzeugung, und zwar auch zur anschließenden Wärmespeicherung. Das scheitert aber an zu hohen Abgaben und Umlagen auf den Stromverbrauch (Stromsteuer, Konzessionsabgaben, KWK-Umlage für fossile Stromerzeugung) und geplanten Abgaben auf die Stromerzeugung (z.B. in Bayern im Gesetzgebungsverfahren mit 0,3 Cent/kWh).

    • @meerwind7:

      Ich denke, bei Biogas treffen sie einen wesentlichen Punkt. Es lässt sich viel leichter speichern als Strom. Es wäre also besser, Biogas einzuspeichern, als sofort zu verstromen.