Pharmaindustrie in der Schweiz: Chef verzichtet auf Millionen-Abfindung
Es wäre das höchste „Schweigegeld“ der Schweiz gewesen: 58,5 Millionen Euro sollte Pharmaboss Vasella bekommen, damit er nicht die Konkurrenz berät.
BASEL dpa | Nach scharfer Kritik von Politikern und Aktionären hat der scheidende Präsident des Schweizer Pharmakonzerns Novartis auf eine umstrittene Millionenabfindung verzichtet. Daniel Vasella und der Novartis-Vorstand haben sich darauf verständigt, die Vereinbarung über die Zahlung von 72 Millionen Franken (58,5 Millionen Euro) zu annullieren, wie das Unternehmen mitteilte.
Diese Entscheidung sei mit Rücksicht auf die Anteilseigner des Konzerns gefallen. Der Novartis-Präsident, der auf eine Kandidatur zur Wiederwahl in den Verwaltungsrat verzichtet hatte, sollte das Geld dafür bekommen, dass er sechs Jahre lang nicht für die Konkurrenz tätig wird, sondern Novartis berät.
Die Vereinbarung hatte in der Schweiz zu empörten Reaktionen geführt. Einflussreiche Aktionärsgruppen riefen dazu auf, dem Novartis-Vorstand bei der Generalversammlung am 22. Februar die Entlastung zu versagen.
„Schaden für sozialen Zusammenhalt“
„Ich habe verstanden, dass in der Schweiz viele den Betrag für die Einhaltung des Konkurrenzverbotes als unverhältnismäßig hoch empfinden, trotz der Tatsache, dass ich meine Absicht bekanntgab, den Nettobetrag für wohltätige Aktivitäten zur Verfügung zu stellen“, wird Vasella in der Novartis-Mitteilung zitiert.
Scharfe Kritik an der geplanten Millionen-Zahlung hatte zuvor auch die Schweizer Justizministerin Simonetta Sommaruga geäußert. „Das ist ein enormer Schaden für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land“, sagte sie in einem Interview mit der Zeitung SonntagsBlick. Diese "Selbstbedienungsmentalität" erschüttere das Vertrauen in die ganze Wirtschaft, sagte Sommaruga.
Mit Blick auf die am 3. März in der Schweiz stattfindende Volksabstimmung über die Begrenzung von Managervergütungen fügte die Ministerin hinzu: „Wenn es nun zu einem Ja kommt am 3. März, dann sind allein jene Manager dafür verantwortlich, die jegliches Maß verloren haben.“
Mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Schweizer will laut Umfragen für diese sogenannte Abzocker-Initiative stimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!