Petrodollar statt Urwaldbäume: Klimaschutz in Ecuador auf der Kippe
Obwohl 20 Länder Ausgleichszahlungen zum Klimaschutz anbieten, will Präsident Correa in einem Nationalpark Öl fördern. Die Unterhändler des Abkommens versuchen zu vermitteln.
PORTO ALEGRE taz | Ecuadors Vorzeigeprojekt gegen den Klimawandel, die sogenannte ITT-Yasuní-Initiative, steht auf der Kippe. Verantwortlich dafür ist Präsident Rafael Correa, der im Juni 2007 vorgeschlagen hatte, im östlichen Teil des artenreichen Yasuní-Nationalparks an der Grenze zu Peru auf die Förderung von 850 Millionen Barrel (à 159 Liter) Erdöl zu verzichten - wenn die Weltgemeinschaft im Gegenzug die Hälfte der erwarteten Ölmillionen aufbringt.
Seither hatte das Dschungel-statt-Öl-Projekt viele Sympathien erobert. Dem Unternehmer Roque Sevilla zufolge, der im Auftrag Correas in Europa für den Vorschlag warb, stellten Deutschland, Spanien, Belgien, Frankreich und Schweden für das nächste Jahrzehnt 49 Prozent der Zielsumme von 3,5 Milliarden Dollar in Aussicht. 15 weitere Länder hätten ebenfalls Interesse bekundet, die Emission von 410 Millionen Tonnen CO2 mit zu verhindern.
Nun bekam Correa, der sich als Sozialist, aber keineswegs als Ökologe versteht, offenbar kalte Füße. Am Samstag zog er vehement gegen seine Unterhändler und mögliche Geldgeber zu Felde: "Wir sind es satt, als Kolonie behandelt zu werden", sagte er in seiner allwöchentlichen Rundfunkansprache, "das Einfachste für uns wäre es, dieses Öl zu fördern und sechs Milliarden Dollar dafür zu bekommen. Ich habe angeordnet, dass der Treuhandfonds zu diesen beschämenden Bedingungen nicht unterschrieben wird." Denn das Geld solle in den Fonds fließen, "wo sie die Mehrheit haben und entscheiden, wo investiert wird. Wenn das so ist, behalten Sie ihr Geld, und im Juni fangen wir an zu fördern".
Am Montag traten Sevilla und die Ökologin Yolanda Kakabadse aus dem Team der Unterhändler zurück, vorgestern auch Außenminister Fander Falconí. Nach einem Telefongespräch mit dem Präsidenten sah Falconí, ein langjähriger engagierter Stratege der ecuadorianischen "Bürgerrevolution", die Vertrauensbasis zu Correa zerstört.
Dass der Haussegen schief hing, war bereits auf dem Klimagipfel von Kopenhagen zu spüren. Dort nämlich war nicht Correa, sondern Falconí Delegationsleiter - und unmittelbar vor der angekündigten Unterzeichnung des UN-Treuhandsfonds wurde der Chefdiplomat zurückgepfiffen. In dem Entwurf für die Vertragsgrundlage, der der taz vorliegt, gibt es keinerlei Hinweise auf den von Correa beschworenen Souveränitätsverlust. Seit Monaten handelten die Regierungsvertreter mit Funktionären des UN-Entwicklungsprogramms den Text aus, er sollte Ende Januar unterschrieben werden.
Alberto Acosta, der 2007 als damaliger Energieminister den Präsidenten dazu bewegt hatte, den innovativen Klimavorschlag zu lancieren, sieht die nationalistische Rhetorik Correas daher auch als Ablenkungsmanöver. "Ich fürchte, die Erdölinteressen haben sich durchgesetzt", sagte Acosta der taz. Das internationale Image des Präsidenten habe einen "schweren Schlag erlitten", analysiert der Umweltökonom.
Deswegen hält er es auch für wahrscheinlich, dass die Regierung zunächst den Treuhandfonds unterzeichne. "Aber ohne das erprobte Verhandlungsteam der letzten Jahre wird es schwer werden, das verlorene Terrain zurückzugewinnen - und dann sagt Correa, sie geben mir kein Geld, also muss ich fördern. Anschließend könnte er ein großes Darlehen für die Ölförderung im Yasuní-Park ankündigen."
Dagegen setzt Acosta auf den Druck der Sozialbewegungen in Ecuador und des Auslands: "Der Präsident muss jetzt zu einer eindeutigen förmlichen Erklärung gezwungen werden, während seiner Amtszeit auf die Förderung zu verzichten."
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