piwik no script img

Petition gegen ZuchtbetriebSchließt das Schweinehochhaus!

Trotz Schock-Videos ist Europas einziges Schweinehochhaus offen. Das Deutsche Tierschutzbüro fordert die Schließung.

Das Schweinehochhaus in Maasdorf bei Halle steht in der Kritik Foto: dpa

Grauer Beton, sechs Stockwerke, ein Hochhaus im Grünen. Drinnen: Dunkelheit, Schweine in engen Kästen, kleine, milchige Augen. Und Mitarbeiter, die Ferkel auf den Boden schlagen. Dumpfer Aufprall, Ferkel Nr. 1 ist tot. Zwei, drei, vier, fünf … Dumpfer Aufprall, Ferkel Nr. 15 ist tot. Diese Szene vom Januar 2018 wurde mit versteckten Kameras aufgezeichnet, auf tierschutzbuero.de ist sie zu sehen.

In Europas einzigem Schweinehochhaus in Maas­dorf bei Halle werden nach Angaben des Deutschen Tierschutzbüros 500 Sauen gehalten – Produktionsmaschinen, die jedes Jahr Tausende Ferkel zur Welt bringen. Das Deutsche Tierschutzbüro startete die Petition „Schweinehochhaus muss schließen“ auf der Plattform change.org und fordert zusätzlich ein Tierhalteverbot für den niederländischen Betreiber Michiel Taken.

Bereits 2015 und 2016 erstattete die Tierschutzorganisation vergeblich Anzeigen gegen die Schweinezuchtfirma HET GmbH, sagt Pressesprecher Fabian Steinecke. Stattdessen zeigte der Betreiber den Gründer des Deutschen Tierschutzbüros Jan Pfeifer wegen Hausfriedensbruchs an – wegen eines Formfehlers allerdings folgenlos.

Im März 2018 wurden die Videos publik. 15 tot geschlagene Ferkel. „Da kann man kein Auge zudrücken – klare Tierquälerei. Es müsste sofort und konkret gehandelt werden“, sagt Steinecke. Erst seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen.

Die HET GmbH verkündete im April 2018, dass das Schweinehochhaus bis zum September geräumt werden soll, um zu renovieren. Die Schweinehaltung soll tiergerechter werden. Steinecke hat Zweifel: „Man kann sich nicht vorstellen, dass plötzlich der Umschwung kommt und das Tierwohl vor dem Profit steht.“ Das Tierschutzbüro vergab im August den Preis der Herzlosigkeit an Betreiber Taken, weil er keine Einsicht zeige. Auf eine taz-Anfrage zu den Vorwürfen reagierte die HET GmbH nicht.

Behörden sollen durchgreifen

Was wünschen sich Steinecke und das Tierschutzbüro? „Dass es langfristig keine Zuchtbetriebe mehr gibt. Dass es kurzfristig solche Bilder nicht gibt.“ Dafür müssten Ämter und Behörden mehr durchgreifen: Stärkere und häufigere Kontrollen, härtere Strafen, gesetzliche Regelungen verbessern. Denn mit einem würdevollen Leben hätten die vom Gesetzgeber genehmigten Kastenstände nichts zu tun. Und die Verbraucher? „Wir müssen komplett den Konsum von tierischen Produkten hinterfragen.“

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Das Tierschutzbüro organisiert neben der Petition die „Truck You“-Kampagne gegen Tiertransporte. An diesem Wochenende informiert das Team in Berlin auf dem Veganen Sommerfest – nach eigenen Angaben das größte Fest dieser Art in Europa – in einem umgebauten ehemaligen Tiertransporter über das Leid der Tiere.

Bisher haben über 200.000 Personen die Petition unterschrieben. Sie soll Anfang Oktober an die sachsen-anhaltinische Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert von den Grünen übergeben werden.

Es gehe um weitaus mehr als Hunderte Sauen und Tausende Ferkel, sagt Steinecke. „Nur wenige Aktivisten trauen sich in solche Betriebe. Das Schweinehochhaus ist kein Einzelfall. Es ist ein Sinnbild für die hohe Dunkelziffer in diesem Bereich.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • tierschutz ist naturschutz und klimaschutz und damit letztlich auch menschenschutz.



    warum gibt es so wenige pangalaktische zivilisationen im weltall?obwohl es doch viele billiarden von blauen planeten gibt?



    weil die meisten technologischen zivilisationen es nicht schaffen ihre autodestruktiven tendenzen zu meistern und unter kontrolle zu bringen und infolgedessen untergehen!.auch der zivilisation der menschheit droht dieses schicksal.



    aber es gibt einen weg ihm zu entrinnen:



    er besteht in einer rechtzeitigen bekehrung zu einem ethos der gewaltlosigkeit wie sie der Buddha gelehrt hat.



    europa ist zwar sehr stolz auf sein hellenistisches erbe-vermag es aber nicht zu würdigen und hat insbesondere auch die botschaft des greco-buddhismus nicht verstanden ..die meisten europäer*innen kennen aus dem schulunterricht den satz des Pythagoras,aber dass er den verzicht auf fleisch gelehrt hat wissen sie nicht.



    die meisten europäerinnen kennen die melodie der europäischen hymne ,aber nicht den text für den sie komponiert wurde und dass dieser allen wesen und nicht nur menschen freude wünscht

    www.youtube.com/watch?v=x4jSQm7Eaug

    www.dharmavoicesforanimals.org/

    der langen rede kurzer sinn:lasst uns das töten von säugetieren in europa verbieten

  • Aber ich billige diessen Personen, die diese Arbeit machen müssen, einen emotionalen Notstand zu, der dazu führt, durch den möglichst kurzen und besonders heftigen Vorgang des Erschlagens, diesen möglichst kurz zu halten und schnell von sich weg zu schieben. An kann eine Tierhaltung, die solche Handlungsweisen vorraussetzt für widerwärtig halten und sie ablehnen, dann darf man eben auch kein Fleisch essen. Weil in jedem Stall, in dem Ferkel geboren werden, selbst im Bio–Stall, werden nicht lebenfähige Ferkel geboren, die getötet werden – müssen.

  • Man kann das jetzt folgende als Perversion ansehen, soll aber nur das ganze Dilemma etwas aufhellen. Bei der derzeitigen Erlössituation muss ein Ferkelzüchter mindestens 250 – 300 Muttersauen halten um ein Einkommen zu erzielen, das vergleichbar ist mit einem vergleichbaren gewerblichen Beruf. um dass, bei dieser Größenordnung notwendige Arbeitsvolumen bewältigen zu können, werden die Arbeitsabläufe zeitlich koordiniert. Das heißt, die Termine von Brunst, künstlicher Besamung und Geburt werden mit Hilfe von Medikamenten synchronisiert und es wird ein regelmäßiger, sich alle 3 Wochen wiederholender, Arbeitsablauf erzeugt. Bei der Anlage in Maasdorf würde das bedeuten, dass alle 3 Wochen 70 Sauen an einem Tag Ferkel gebären. Bei einer Wurfgröße von 13 Ferkeln je Sauentsprächen diese 15 getöteten Tiere einem Anteil von 1,6 %, was als „normal“ angesehen werden kann. Normal weil bei dieser Anzahl von Ferkeln es in dem genannten Prozentsatz nicht lebensfähige Ferkel gibt. Nicht lebensfähige Ferkel sind in der Regel Tiere unter einem bestimmten Geburtsgewicht, die keinen Schluckreflex haben, die zu schwach sind sich in der konkurrenz mit den größeren Wurfpartnern eine Milchzitze zu erkämpfen oder auch Missbildungen haben. Diese Ferkel müssen, um ihnen weiteres Leid zu ersparen, getötet werden. Es war, bis dato eine allgemein, auch vom Gesetzgeber akzeptierte, Methode, die Ferkel mit einer bestimmten Art des Aufschlagen auf ein Rohr, das Genick zu bechen und die Ferkel damit zu töten. Die jetzt zugelassene Art des Tötens besteht darin die Tiere mit einem Kopfschlag zu betäuben und dann mit dem öffnen der Halsschlagader die Tiere zu entbluten. Eine weitere akzeptierte Tötungsmethode ist es die Ferkel in einer CO2-Box zu töten. Gegen das grundsätzliche Töten dieser Tiere spricht sich der Gesetzgeber nicht aus. Dass in Maasdorf so gehandelt wird wie in dem Video zu sehen ist, ist also nicht Tierschutz- oder Regelgerecht. Aber ich billige diessen Personen, die diese Arbeit mac

  • Wir Deutschen essen jedes Jahr so rund 45 Millionen Schweine auf, na gut wir könnten das Fleisch importieren dann gäbe es bei uns solche Bilder nicht.....

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ich bin kein Vegetarier und Veganer gleich gar nicht.

    Aber wenn ich mir dieses Video anschaue, kann ich es nicht anders beschreiben als Szenen aus einer Tierfolterhölle.

    Vielleicht sollte man wirklich kein Fleisch essen. Ich halte nichts von der Vermenschlichung von Tieren und die meisten Tierschützer erscheinen mir als menschenfeindliche Fanatiker.

    Aber diese Bilder haben eine Wucht, die man nicht so einfach wegstecken kann.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Dann probierren Sie doch mal, einen Monat lang kein Fleisch zu essen und dadurch ein Positivbeispiel abzugeben, also menschenfreundlich zu sein. Was haben Sie schon groß zu verlieren, in Anbetracht solcher Bilder?

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @systemrelevant:

        "Was haben Sie schon groß zu verlieren, in Anbetracht solcher Bilder?"

        Einige Kilo schon. Aber im Ernst, die Idee ist nicht schlecht.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Vielleicht erst mal auf Biofleisch umsteigen oder zumindest auf Schwein verzichten? Oder sogar beides!

      • @Cededa Trpimirović:

        Naja, mit dem Verzicht auf eine Tierart ist nicht viel erreicht. Es sind vor allem die schieren Mengen an Fleisch, welche wir verzehren, die zu diesen Haltungsbedingungen und den anderen schädlichen Begleiterscheinungen geführt haben. In dem Dorf, in welchem ich aufwuchs, hat jede Familie ein bis zwei Schweine im Jahr geschlachtet und die Helfer, sowie Nachbarn bekamen auch etwas ab. Ab und an gab es ein Suppenhuhn und das war es dann mit dem Fleisch. Man hat viele Teigwaren und Gemüse gegessen, keinen Hunger gehabt und es lief. Allerdings war es auch ein Statussymbol, wenn man mehr Fleisch, als die anderen zur Verfügung hatte. Diese Einstellung ist in der hiesigen Gesellschaft, wenn auch unterschwellig, ebenfalls vorhanden, sowie der Irrtum, dass man durch hohen Fleischkonsum Kraft erlangt. Hat etwas beinahe Mystisches an sich.



        Heutzutage gibt es zusätzlich neue Statussymbole und ernährungsbezogenen Aberglauben, wie z.B. täglich eine Avocado zu verzehren. Ist zwar in hohem Maße umweltschädlich, aber das kann man ja gut verdrängen.



        Das Hauptproblem, bei allen vorhanden, ist die Ignoranz gegenüber Realitäten. Z.B. freuten sich sehr viele (die Meisten?) wie Bolle darüber, dass wir einen so heißen und trockenen Sommer hatten. Seit April herrscht in Europa Dürre, was vor hundert Jahren noch zu Nahrungsmangel geführt hätte. Heute beziehen wir dann einfach Essen aus ärmeren Ländern, senken den Grundwasserspiegel zusätzlich, um Parkbäume zu gießen und tun einfach so, als wäre nichts gewesen. Erst die Finanzspritzen an landwirtschaftliche Unternehmen zeigen dem Großteil der Bevölkerung auf, dass sich irgendetwas abspielt. In Zusammenhängen wird aber weiterhin nicht gedacht. Überall herrscht der Zwang zur Produktionssteigerung und der Drang zum schönen Schein, damit auch ja kein ungutes Gefühl aufkommen kann. Vollbeschäftigung bis zur Selbstverleugnung, in der freien Zeit soviel konsumieren, wie nur irgend geht und immer schön mitschwimmen.