Petition der Woche: Manche bleiben auf der Strecke

Bei der Modernisierung von Zügen wird zu wenig an Menschen mit Rollstuhl gedacht, kritisiert Kathrin Denecke. Das möchte sie ändern.

Ein Doppelstockzug in einem Bahnhof.

Metronom-Zug im Hauptbahnhof von Bremen Foto: Eckhard Stengel/imago

Zu schmale Durchgänge, Stufen statt Rampen, viel zu enge Toilettenräume: Die Hindernisse im Alltag von Roll­stuhl­fah­re­r:in­nen oder gehbeeinträchtigten Menschen sind zahlreich. Das betrifft auch den öffentlichen Personennahverkehr. Die UN-Behindertenrechtskonvention und das Personenbeförderungsgesetz haben daran nichts verändert, Verbände wie die Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte oder die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben kämpfen bislang gegen Windmühlen.

Es mangelt nicht nur an der Umrüstung von alten Waggons für mehr Barrierefreiheit, sondern auch an fehlender Vorstellung davon, was beim Neubau von Zügen zu beachten ist. So sieht es jedenfalls Kathrin Denecke, die kürzlich eine Petition im Niedersächsischen Landtag eingebracht hat. Damit möchte sie einen Stopp der aus ihrer Sicht unüberlegten Modernisierung von insgesamt 37 Zügen und den dazugehörigen Steuerwagen erwirken und sich darüber hinaus für die künftige Mitbestimmung von entsprechenden Interessengruppen einsetzen.

Kritisch sieht Denecke etwa die Modernisierung von Doppelstockzügen der Landesverkehrsgesellschaft in Niedersachsen (LNVG) und den Einsatz von zwei neuen Steuerwagen beim privaten Bahnunternehmen Metronom, denn beides bringt ihrer Einschätzung nach eher Verschlechterung als Verbesserungen.

Ausschlaggebend für die Bremerhavenerin, die selbst im Rollstuhl unterwegs ist, war eine Situation, die sie im vergangenen Sommer erlebt hat. Beinahe wäre sie am Bahnsteig zurückgelassen worden, weil der Einstieg in den neuen Steuerwagen des Zuges für sie nicht möglich war. „Das Personal meinte, ich solle doch bitte die nächste Bahn nehmen, weil sie nicht wüssten, wie sie die manuelle Rampe bedienen sollten und weil eine der Mit­ar­bei­te­r:in­nen Rückenprobleme hätte“, sagte sie der taz.

Die elektrische Rampe, die bisher zum Einsatz kam, konnte in das neue Modell nicht eingebaut werden, erfuhr Denecke. Grund dafür ist laut der LNVG eine EU-Verordnung (Nr. 1300/2014), die genau vorschreibt, wie steil eine Rampe sein darf. Weil die elektrisch ausfahrbare Variante im neuen Steuerwagen den zugelassenen Steigungswinkel überschritt, wurde sie durch eine manuelle Klapprampe ersetzt.

Doch das war nicht die einzige problematische Neuerung. In den zwei modernisierten Doppelstockzügen bei Metronom sind sogenannte Rückprallwände sowie Sitzplätze für Begleitpersonen eingebaut, und der Fußboden im Eingangsbereich wurde mit einer langen Schräge versehen. Jene neuen Elemente machen es Denecke nun nahezu unmöglich, sich ohne Hilfe vom Eingang zu ihrem Platz zu manövrieren. Auch das Verriegelungssystem der Toilettenräume wurde verändert. Statt drei Knöpfen – die sie gut bedienen konnte – gibt es bloß noch einen, der aus dem Rollstuhl nur mit Mühe zu erreichen ist. So muss Denecke in den neuen Zügen jemanden bitten, sie zu begleiten und wachend vor der Klotür stehen zu bleiben.

Bis Mittwochabend kamen 964 Unterschriften für Kathrin Deneckes Petition zusammen. Bis Anfang März müssen es 5.000 sein, damit über ihre Petition im Petitionsausschuss beraten wird – und die LNVG weitere Umbaupläne überdenkt.

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