Personalquerelen an der Uni Göttingen: Allerorts Uni-Präsidenten unter Beschuss
Drei niedersächsische Hochschulen werden von Streitigkeiten lahm gelegt. Die CDU findet, der SPD-Wissenschaftsminister sei daran nicht unschuldig.
Georg-August-Universität Göttingen
Es scheint auf eine Abwahl in mehreren Etappen hinauszulaufen: Anfang Oktober beschloss der Senat der Georg-August-Universität Göttingen mit großer Mehrheit die Abwahl von Uni-Präsident Metin Tolan. Am vergangenen Montag widersprach allerdings der Stiftungsrat der Universität. Damit ist die Abwahl allerdings nicht vom Tisch, sondern nur aufgeschoben.
Nun müssen zunächst beide Gremien einen Termin finden, um die Möglichkeit einer Einigung auszuloten. Erst dann kann der Senat eine erneute Sondersitzung einberufen, um seine Abwahlentscheidung zurückzunehmen oder zu bestätigen. Bis dahin werden weitere Wochen ins Land gehen, dabei schwelt diese Auseinandersetzung schon seit Monaten.
Eine wichtige Rolle spielt dabei wohl das erneute Scheitern der Universität bei der Exzellenzinitiative. Befürworter Tolans halten es für einen Fehler, dies ausschließlich dem Präsidenten anzulasten – immerhin hat dieser die Bewerbungen nicht allein verfasst. Und Streit um die Besetzung der Präsidentenstelle hatte es vorher auch schon gegeben. Tolans Kritiker werfen ihm seinen Führungsstil vor – der habe sich auch schon vorher gezeigt, etwa bei der Entlassung des Vizepräsidenten Norbert Lossau.
Fest steht: Innerhalb von weniger als drei Jahren hat sich die Stimmung im Senat gegen Tolan gedreht. Gewählt worden war er noch einstimmig, damals galt der brillante Wissenschaftskommunikator als Hoffnungsträger. Nun hat ihm der Senat das Vertrauen entzogen. Im Amt bleibt Tolan vorläufig trotzdem, einen Rücktritt lehnt er bisher ab.
Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) hat sich früh auf die Seite Tolans geschlagen, brachte in einem Interview mit dem Göttinger Tageblatt gar die Einsetzung eines Staatskommissars ins Spiel, was manche Hochschulangehörige als Drohung auffassten.
Universität Vechta
Die Unstimmigkeiten an der Universität Vechta wurden medial weit weniger intensiv begleitet als in Göttingen, wo am Ende fast im Wochentakt interne Papiere an die örtliche Zeitung durchgereicht wurden. Das Ergebnis ist aber nicht viel anders: Mitte Oktober wurde die Präsidentin Verena Pietzner durch den Senat abgewählt – hier sogar einstimmig.
Der Abwahl vorausgegangen waren Auseinandersetzungen um notwendige Einsparungen aufgrund sinkender Studierendenzahlen. In Vechta steht die Bestätigung durch den Hochschulrat noch aus, so lange bleibt Pietzner im Amt. Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) bescheinigte ihr laut Nordwest-Zeitung, „einen tollen Job“ gemacht zu haben.
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
In Hannover unterlag der interne Kandidat für das Präsidentenamt, Oliver Wille, knapp dem externen Bewerber Phillip Ahner. Allerdings wurden bei der entscheidenden Senatssitzung Formfehler gemacht. Dies nahm die Hochschulleitung zum Anlass, das Bewerbungsverfahren abzubrechen. Damit wollte sich wiederum der gewählte Kandidat nicht zufrieden geben: Er zog vor Gericht und bekam sowohl vor dem Verwaltungs- als auch dem Oberverwaltungsgericht Recht.
Die Hochschule hätte zwar das Bewerbungsverfahren nicht abbrechen dürfen, die Formfehler wären durch eine Wahlwiederholung heilbar gewesen. Die hat allerdings bis heute nicht stattgefunden. Das Wissenschaftsministerium hatte in diesem Konflikt die noch amtierende Hochschulleitung unterstützt und schließlich einen Staatskommissar eingesetzt.
Das Renommee leidet
Die CDU wirft Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) vor, in all diesen Fällen keine besonders glückliche Figur gemacht zu haben. Vor allem im Fall der Universität Göttingen habe sich der Minister sehr frühzeitig öffentlich geäußert, statt hinter verschlossenen Türen an einer Lösung mitzuwirken, kritisiert die wissenschaftspolitische Fraktionssprecherin Cindy Lutz.
„Wir erwarten jetzt, dass der Minister weniger Interviews gibt, sondern einen Beitrag zur Lösung der Führungskrisen leistet“, sagt Lutz. Die Fraktion fordert nun eine Unterrichtung im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur durch den Minister.
Einige Hochschulangehörige sehen die Schuld eher bei Mohrs’ Staatssekretär Joachim Schachtner, der lieber Öl ins Feuer gieße, als die Konflikte einzuhegen. Aus Angst vor disziplinarischen Maßnahmen wollen sie diese Kritik aber nur anonym äußern. Sie befürchten auch, dass hier nicht nur das Renommee und die Handlungsfähigkeit der einzelnen Hochschulen leidet – sondern letztlich die demokratische Mitbestimmung und Selbstverwaltung der Hochschulen nachhaltig beschädigt wird.
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