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Personalkrise im ÖPNVDünne Luft bei der BVG

Weil ihr trotz Job-Kampagnen hunderte FahrerInnen fehlen, kündigt die BVG für 2024 einen abgespeckten Bus-Fahrplan an – und einen „3-Punkte-Plan“.

Fährt künftig ein bisschen seltener durch Nacht und Wind: BVG-Bus Foto: Jens Kalaene/dpa

Berlin dpa/taz | Die BVG muss ihr Angebot an Busverbindungen weiter ausdünnen, weil dem Unternehmen derzeit ungefähr 350 FahrerInnen fehlen. „Wir werden das Angebot im Bereich Bus um 6 Prozent im Vergleich zum Normalfahrplan reduzieren“, kündigte der Betriebsvorstand der Verkehrsbetriebe, Rolf Erfurt, am Freitag an.

Die Arbeitsmarktlage im öffentlichen Personennahverkehr sei sehr angespannt, so Erfurt. „Zudem ist die Fluktuation bei den fertig ausgebildeten Busfahrern höher geworden.“ Die Fahrplanausdünnung soll jetzt zu mehr Verlässlichkeit führen und spontane Ausfälle reduzieren, hofft die BVG.

Dabei bieten die Verkehrsbetriebe schon jetzt weniger Busfahrten an als eigentlich vorgesehen: Für das Jahr 2024 war eigentlich geplant, rund 100 Millionen Buskilometer zurückzulegen – durch die Ausdünnung werden es nun absehbar rund 94 Millionen Kilometer.

Dem Unternehmen zufolge sollen die Fahrpläne vor allem außerhalb der Stoßzeiten angepasst werden. Anpassungen solle es „vorrangig dort geben, wo das Netz besonders dicht ist“, teilte die BVG mit. Wo möglich, sollen größere Fahrzeuge eingesetzt werden, große Schulstandorte oder Kliniken sollen unverändert gut angebunden bleiben. „Es werden weiterhin alle 6.500 Halte regelmäßig angefahren“, betonte Erfurt.

Noch keine Liste

Eine genaue Übersicht, welche Linien zu welchen Uhrzeiten ausgedünnt werden, gibt es bisher noch nicht. Sie soll bis 14 Tage vor dem Fahrplanwechsel am zweiten Dezember-Wochenende vorliegen.

Um die Personalkrise zu überwinden, will die BVG jetzt außerdem einen „3-Punkte-Plan“ umsetzen: Erstens seien die Recruiting-Aktivitäten schon deutlich hochgefahren worden, unter anderem mit Job-Events auf den Betriebshöfen und einer „sehr erfolgreichen“ Werbekampagne, teilte das Unternehmen mit. Im laufenden Jahr habe man bereits knapp 500 BusfahrerInnen einstellen können, die Prognose liege bei insgesamt 630 – 65 Prozent mehr Einstellungen als 2022.

Zweitens wolle man die „Arbeitsbedingungen wettbewerbsfähig halten“. Das betreffe Schichtmodelle, Arbeits- und Pausenzeiten und die soziale Infrastruktur. Punkt drei soll darin bestehen, „gemeinsam mit den Behörden mit Hochdruck Busse und Bahnen im Gesamtverkehr zu beschleunigen“, so die BVG. Das werde nicht nur Ärger bei den Fahrgästen, sondern auch Frust bei den FahrerInnen reduzieren.

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4 Kommentare

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  • "Arbeitsbedingungen wettbewerbsfähig halten" ist der falsche Weg.

    Bedeutet im Klartext: Löhne müssen niedrig bleiben, Schichten müssen lang sein, und es müssen sich genug Deppen finden. Weil das senkt die Betriebskosten und es kann mehr Gewinn eingefahren werden. Man will sich im Wettbewerb mit anderen Nahverkehrsunternehmen schließlich behaupten.

    Wenn man so eine neoliberale Scheiße durchzieht, ist es kein Wunder, warum mindestens 350 Beschäftigte fehlen. 350 Doppelschichten von 5-14 und von 16-22 Uhr, also 17h auf der Arbeit, davon 2h Pause, will keiner machen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Das kann grundsätzlich auch heißen, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass überhaupt noch jemand dort arbeiten will.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Wenn die Fahrkarte nichts kosten darf, wo soll das Geld herkommen? JA zu 69€ für das Deutschland- Ticket. Keine Ausnahme.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Teilweise haben die Fahrer nicht mal fürs Pause machen Zeit. Es verwundert auch nicht das viele Fahrer mit der Zeit Blasenprobleme bekommen...weil sie vor lauter Zeitdruck nicht mal bei Notwendigkeit auf die Toilette gehen können.

      Quelle: alter Artikel der BZ