Personalie im Außenministerium: Über den Gartenzaun hinaus
Der Blick in die Vergangenheit hilft. So passieren bestimmte Fehler nicht, wie die Berufung einer fragwürdigen Mitarbeiterin ins Außenministerium.
W er davon ausgeht, dass Außenpolitik nur außerhalb der Grenzen Deutschlands und Europas stattfindet, irrt sich gründlich. Die Welt ist längst da und der Deutsche längst in der Welt (auch wenn das oft keine gute Idee ist). Um den Anforderungen der vernetzten Welt gerecht zu werden, wird man in die Schule geschickt und dort nicht nur auf den Arbeitsmarkt, sondern auch auf politische Mündigkeit vorbereitet. Dazu gehört der Geschichtsunterricht.
Doch es genügt nicht, nur Deutsche Geschichte zu lernen (wobei man deutsche Geschichte nie genug lernen kann, wenn man sich die neurechten Auswüchse und den Geschichtsrevisionismus deutschtümmelnder Deutscher ansieht), auch globale Geschichte gehört auf den Lehrplan. Neben Kolonialismus, den von den Deutschen verübten Genozid an den Herero und Nama, gehört auch der Genozid an den Armenier*innen verpflichtend auf den Lehrplan, zumal Deutschland auch Mitschuld trägt. Wenn man genauer hinsieht, ist globale Geschichte auch deutsche Geschichte. Und Außenpolitik fängt nicht erst hinter dem Gartenzaun an.
Um es mit Faulkner zu sagen, die Vergangenheit ist nicht tot. Sie ist nicht einmal vergangen. Erst vor wenigen Tagen drohte Erdoğan nach den jüngsten Eskalationen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze: „Wir werden die Mission fortsetzen, die unsere Vorfahren vor Jahrhunderten im Kaukasus begonnen haben.“ Nicht nur an der Grenze zwischen Aserbaidschan und Armenien eskalierte es. In Berlin wurde ein armenisches Botschaftsfahrzeug in Brand gesteckt und in Köln kam es zu einem Übergriff auf eine armenische Shisha-Bar.
Gleichzeitig stellt Heiko Maas eine neue Mitarbeiterin im Referat „Religion und Außenpolitik“ vor. Neben einem angehenden Rabbiner und einem Pastor berät nun auch Nurhan Soykan das Außenministerium in Religionsfragen. Soykan war entschiedene Gegnerin der Armenienresolution des Bundestags vor vier Jahren. Die Anerkennung des Genozids hätte, so Soykan, das Vertrauen vieler türkischstämmiger Menschen in die deutsche Politik und gerade in die türkischstämmigen Abgeordneten geschwächt.
Für die Teilnehmer*innen des antisemitischen Al-Quds-Marsches in Berlin zeigte sie hingegen viel Verständnis, faselte dabei, dass man „nicht so einseitig Partei für die israelische Lobby ergreifen“ sollte. Soykan ist im Gegensatz zu ihren beiden Kollegen keine Theologin, sondern Verbandsfunktionärin beim Zentralrat der Muslime. Zum ZMD gehören unter anderem die Blaue Moschee Hamburg (iranisches Regime), die ATIB (Graue Wölfe) und bis vor Kurzem noch die DMG (Muslimbruderschaft). Zu keiner dieser Organisationen hat sie sich kritisch geäußert.
Jemanden wie Soykan sollte man nicht ins Außenministerium berufen, sondern direkt in den Geschichtsunterricht und Grundkurs politische Bildung befördern. Und stattdessen jemanden einstellen, der den bestanden hat.
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