piwik no script img

Per Schiff zur KlimakonferenzWie Greta, nur größer

36 Aktive wollen im Oktober aus den Niederlanden zur UN-Klimakonferenz nach Südamerika segeln. Sieben Wochen schmieden sie Pläne für grüne Mobilität.

Setzt die Segel nach Amerika: die „Regina Maris“ Foto: afp

Berlin taz | Was Greta kann, wollen auch sie versuchen – nur länger, weiter, als Gruppe und mit noch weniger Treibhausgas-Emissionen. Nachdem die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg auf der Segelyacht „Malizia II“ nach New York gefahren ist, macht sich in Europa eine Gruppe junger Menschen bereit, per Segelschiff zur UN-Klimakonferenz im chilenischen Santiago aufzubrechen.

Das Projekt „Sail to the COP“ (COP steht für Conference of the Parties) will am 2. Oktober an der niederländischen Küste die Anker lichten und für ein „gerechtes und nachhaltiges Transportwesen“ werben, mit dem man „leicht, erschwinglich und attraktiv reisen kann, ohne den Planeten zu beschädigen“, wie das Projekt verkündet.

36 Abenteuerlustige wollen sich Anfang Oktober in Scheveningen bei Den Haag unter Führung einer erfahrenen Crew einschiffen. Auf dem Dreimast-Segelschoner „Regina Maris“ geht die siebenwöchige Reise über Stopps in Casa­blanca, auf Teneriffa und den Kapverdischen Inseln nach Recife in Brasilien. Von dort segelt die Mann-Frauschaft nach Rio, wo es per Bus einmal quer durch Südamerika nach Santiago de Chile geht. Dort findet in den ersten zwei Wochen des Dezembers die 25. UN-Klimakonferenz statt, auf der die Weichen für das entscheidende Klimajahr 2020 gestellt werden sollen.

„Das ist natürlich kein Weg für alle“, sagt Frederike Freitag, die sich auf ihre siebenwöchige Reise auf der „Regina Maris“ vorbereitet, der taz. Die 21-jährige Allgäuerin studiert in den Niederlanden „Global Projects and Change Managment“ und nimmt sich mindestens vier Monate frei. „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass wir auch bei Reisen und Tourismus umdenken müssen.“

Täglicher Thinktank

Jeden Tag wollen sich die „Change Makers“ an Bord für einige Stunden als Thinktank zusammensetzen, um Konzepte für eine bessere Mobilität zu entwerfen. Eine solche Vision soll dann auf der COP präsentiert werden. Schließlich betont das Projekt auf seiner Homepage, wie stark Fliegen das Klima bedroht: Der Flugverkehr werde sich in den nächsten 20 Jahren weltweit wohl verdoppeln, dabei aber nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung nutzen: Nur 18 Prozent der Weltbevölkerung seien schon einmal geflogen.

Finanziert wird das Projekt von den Teilnehmern und Sponsoren. Freitag musste 2.500 Euro aufbringen, das Gesamtprojekt hat dazu per Crowdfunding bisher etwa die Hälfte der geplanten 25.000 Euro gesammelt. Unterstützt wird die Aktion von der niederländischen Bahngesellschaft ProRail, dem niederländischen Ministerium für Infrastruktur, der Umweltorganisation urgenda, Firmen und Universitäten. Für Spender und zahlende Medien stehen an Bord 10 Plätze zur Verfügung.

Leicht, erschwinglich und attraktiv reisen, ohne den Planeten zu beschädigen

Conference of the Parties

Frederike Freitag ist bewusst, wie wichtig das Reisen für ihre Generation ist. Sie habe selbst im Tourismus gearbeitet und sei in Australien und in der Karibik gesegelt, sagt sie. „Aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto klarer wurde, wie wenig nachhaltig das ist.“ Mit einer gemeinsamen „Vision“ und einem Fahrplan mit konkreten Punkten wollen die Reisenden bei der Klimakonferenz auf Lösungen drängen.

Wenn die COP vorbei ist, werde aber niemand aus dem Team der „Regina Maris“ ins Flugzeug steigen, um nach Hause zu fliegen, sagt Frederike Freitag. Im Gegenteil – die Aktivisten wollen über den Atlantik kommen, indem sie auf Segelschiffen anheuern oder sich nach Passagen auf Containerschiffen umsehen. Vielleicht nimmt ja auch jemand Greta Thunberg mit: Die Ikone der „Fridays for Future“-Bewegung hat zwar angekündigt, auf der COP in Santiago zu erscheinen. Bisher ist aber nicht bekannt, wie sie wieder nach Europa zurückkommt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • „Das ist natürlich kein Weg für alle“ ist wohl wahr aber solange Aktivismus positives zum Ziel hat, ist es recht. Ich würde auch gerne mitfahren und im Gegensatz zu den ewigen Kritikern wie einige Leser (bla bla wegen Geld-Ohjeh!) wünsche ich den 36 eine tolle Reise.

  • Sinnloser Aktivismus. Schon an den Kosten (Normalpreis: €11000/Woche für das Schiff, für diese Reise also um die 80000 Euro) sieht man, dass das alles Andere als wirklich ressourcenschonend ist. Sogar ein kleiner privater Charterjet für die gleiche Route wäre billiger gewesen. Aber sich eine mehrwöchige Segelreise auf einem Klasseschiff sponsern zu lassen ist schon was Schönes, wenn man die Geldgeber findet. Zumal das ein wirklich komfortables Touristenboot für Kreuzfahrten ist und keine Rennyacht, bei der man froh ist, bei der Ankunft noch alle Zähne im Mund zu haben und wieder eine richtige Toilette benutzen zu dürfen.

    • @TheBox:

      Ich glaube est geht da eher um den CO2 ausstoß als um den Preis.



      Billig ist ja leider nicht immer gleich umweltfreundlich.