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Pendler verschwenden Zeit und GeldStaus kosten Autofahrer Milliarden

Laut einer Studie verbringen Pendler, die mit dem Auto fahren, mehr als eine Arbeitswoche pro Jahr auf dem Weg. Der Verkehr nimmt weltweit zu.

Berufsverkehr auf dem Mittleren Ring in München Foto: dpa

München dpa | Staus kosten viel Lebenszeit und auch viel Geld. Besonders geplagt sind Autofahrer in Berlin, Stuttgart und München. Der Verkehrsdaten-Auswerter Inrix hat nachgerechnet.

Ein durchschnittlicher Pendler in Deutschland steht nach einer Auswertung des Verkehrsdaten-Dienstleisters Inrix 40 Stunden im Jahr im Stau. Berechne man allein für den Zeitverlust einen halben durchschnittlichen Stundenlohn, koste das 427 Euro pro Fahrer. „In ganz Deutschland kosteten Staus die Autofahrer 3,2 Milliarden Euro, das ist ein Anstieg um 14 Prozent gegenüber 2022“, teilte Inrix am Dienstag mit. Hinzu kämen noch die höheren Spritkosten im Stop-and-Go-Verkehr in einer ähnlichen Größenordnung.

Berlin führt die Liste der staugeplagten Städte in Deutschland an. Autofahrer verbrachten hier 2023 im Durchschnitt 55 Stunden im Stau, dicht gefolgt von Stuttgart (53 Stunden) und München (52 Stunden). In Köln standen Pendler 50 Stunden, in Düsseldorf 49 Stunden und in Bremen sowie im Ruhrgebiet jeweils 45 Stunden in Staus oder stockendem Verkehr. „Hamburg schneidet mit 43 Stunden noch vergleichsweise gut ab, aber auch hier mussten Pendler im Auto mehr als eine Arbeitswoche pro Jahr zusätzlich für den täglichen Arbeitsweg opfern.“ Zur Berechnung des Zeitverlusts verglich Inrix die Dauer der Fahrten nachts auf freier Strecke mit den Zeiten im Berufsverkehr tagsüber.

Eine interessante Entwicklung zeigte sich bei den Fahrten in die Innenstadt. Sie gingen in den Millionenstädten Berlin, Hamburg, München und Köln sowie in Frankfurt am Main stark zurück: „In Berlin sogar um 17 und in München um 16 Prozent“ gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig nahmen Verzögerungen durch Staus oder stockendem Verkehr zu. „Dies deutet auf eine schleichende Abwanderung aus den Stadtzentren und eine stärkere Verlagerung des Verkehrs in die Randgebiete hin“, so die Studie. Zugenommen habe der morgendliche Pendelverkehr.

Verkehr hat weltweit zugenommen

Der staureichste Straßenabschnitt lag im vergangenen Jahr an der A8 in Stuttgart-Ehningen. Der Mittlere Ring in München und der Elbtunnel in Hamburg sind weitere Stauschwerpunkte.

Weltweit habe der Verkehr 2023 erneut zugenommen. Um den wachsenden Verkehr in den Innenstädten besser in den Griff zu bekommen, sei für viele Paris ein Vorbild, wo der Radverkehr im Zentrum gezielt gefördert wird, sagte Verkehrsanalyst Bob Pishue. „Andere Modelle sind das „Deutschland-Ticket“ sowie das City-Maut-Programm in London, deren Erfolg mit Interesse beobachtet wird“. In Deutschland würden Nahverkehrszüge, Straßenbahnen und Busse im Vergleich zu 2022 deutlich mehr genutzt.

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13 Kommentare

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  • Autozeit ist verlorene Zeit.

    Radfahren ist Sport.



    In Bus und Bahn lässt sich häufig lesen oder dösen.

    Also mehr Leute aus dem Auto, Straßen positiv zu besserem Gebrauch umwidmen.



    Die teure Bezuschussung des Autoverkehrs schuf nur Zersiedlung als Ergebnis.

  • Die einen wollen es nicht anders, die anderen meinen, es nicht zu können. Letztlich liegt das Grundproblem in der täglich zu überwindenden Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Da waren frühere Generation deutlich vernünftiger. Wer zieht denn heute noch wegen eines veränderten Arbeitsplatzes um, wenn die Distanz weniger als 100km beträgt?

    • @vieldenker:

      Ja, da gibt es viele Hebel.

      Das "eine" "eigene Haus" mal demythologisieren und Haus-/Wohnungsgrößen und -Orte den Umständen stets jeweils anpassen.



      In anderen Ländern wie NL gar kein Problem.

      Pendeln eher sogar abstrafen als noch fördern. Denn es führt zu Abgasen, Asphalt und verplemperter Lebenszeit

      Work from Home gibt es auch noch für manche oder teils.

      Beim Pendeln kann man ansonsten (E-)Rad und Bus/Bahn kombinieren.



      Leider schlug derjenige nicht ein, aber mit der Kombination (und ggf. Fähre/Seilbahn, ja, ja) käme ich bei Kostentragen sofort an jeden Ort in Deutschland.

  • Stress wie dieser und der Lärm kosten das Gesundheitssystem Milliarden.



    Aber da eine bessere Volksgesundheit die Autoindustrie Milliarden kosten würde, bleibt es so, wie es ist.



    Übrigens bin ich überzeugt, dass die unzähligen Bleifüße und Spritköpfe es auch so wollen.

    2021 sagte der "künftige" Verkehrsminister Wissing bei ECOMENTO: "Der Verbrennungsmotor ist in seiner bisherigen Form ein Auslaufmodell."

    Hat er damals nicht gewusst, was die Autolobby von einem Verkehrsminister erwartet?

  • "

    Ein durchschnittlicher Pendler in Deutschland steht nach einer Auswertung des Verkehrsdaten-Dienstleisters Inrix 40 Stunden im Jahr im Stau. Berechne man allein für den Zeitverlust einen halben durchschnittlichen Stundenlohn, koste das 427 Euro pro Fahrer."

    Nicht schön, aber vermutlich für viele Pendler deutlich besser als 250 + x Mehrstunden im Jahr mit dem ÖPNV unterwegs zu sein.

    • @Tom Tailor:

      Auto ist verlorene Zeit, außer man wäre speziell drauf.



      Radfahren hingegen spart den Sport ein.



      In Bus und Bahn kann man schlafen, Lesen, hören, Foren beglücken, aus dem Fenster gucken.

      Aber ja, stecken wir endlich wieder Geld auch in den ÖPNV, denn da lässt sich optimieren.

  • Als der U-Bahn-Tunnel der U2 im Bereich Alexanderplatz abgesackt ist, musste ich plötzlich auch täglich zusätzliche 45-60 Minuten für meine Arbeitswege extra einplanen. Der ÖPNV ist für mich seit 15 Jahren in Berlin die bessere Variante, aber in dem Dreivierteljahr bis zur Behebung des Schadens bin ich ruck zuck bei +4 Stunden pro Woche gelandet, also recherisch (ohne Urlaub/Krankheit) über ein Dreivierteljahr +112 Stunden. Da tun mir die Autofahrer wg. 40 Stau-Stunden nicht besonders leid. ;-)

  • Staus kosten Autofahrer Milliarden?



    ---



    Stau ist das "Hochwasser" der/des kleinen Frau/Mann! Vielleicht sollten wir dagegen einen "Elementar-Pflichtversicherung" einführen! :-)



    Mal ernsthaft: Der PKW gestützte "Massenverkehr" nimmt zu, wenn ich den Artikel richtig verstanden habe & dessen Kosten, für den Einzelnen wie für die Gesellschaft steigen in "unermessliche"! Vergl. s.o.



    Von den langfristigen Nebenwirkungen will ich gar nicht erst anfangen.



    Doch den direkten Zugriff auf den o.a. Sektor haben wir.



    Ein attraktives ÖPNV, modulare Verkehrsmixe könnten wohl dieses Problem, wenn auch nicht lösen, aber massiv mildern!



    In welcher "Bibel" steht geschrieben, das wir mit 3.0t Verpackung 80 Kg Nutzlast über, im Schnitt zw. 15-25 Km, von Tür zu Tür transportieren müssen?



    Ein Verkehrsmix, von "Füssen, Rad, Zubringer, zum ÖPNV & dann am Ziel als Verteiler bietet sich da an.



    PKW gestützter Massenverkehr ist ein Widerspruch an/in sich! Vor allen Dingen wenn dabei überlegt wird, das das "Werkzeug" dazu im Schnitt 23 Std. am Tag nicht genutzt wird!



    Jede "Firma" würde solche "Arbeiten" auslagern, weil sich so ein Werkzeug nicht rechnet!



    Doch das "PKW's" heute mehr Imageträger sind, s.o. :-(

  • Schön, dass man jemand wissenschaftlich aufarbeitet was Land auf Land ab alle Spatzen von den Dächern pfeifen !

    Nur einer hört das Pfeifen nicht: Der Verkehrsminister.

    Denn Verkehr findet nicht nur auf deutschen Strassen und in deutschen Betten statt sondern ebenso auf der Schiene, auf den Wasserstrassen und auf dem Radl (ok - Verletzungsgefahr ! und zu zweit auf dem Radl ist eh verboten)

    • @Bolzkopf:

      es gibt Fahrräder extra für zwei oder sogar mehr Personen.



      Bei manchen sitzen zwei sogar recht gemütlich und nur der dritte muss strampeln.

      • @Herma Huhn:

        Das läuft dann wohl unter "Bike-Petting".



        Klingt verlokend.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    „… In Deutschland würden Nahverkehrszüge, Straßenbahnen und Busse im Vergleich zu 2022 deutlich mehr genutzt.“

    Und das muß dringend unterbunden werden…

    In SH wird der ohnehin defizitäre ÖPNV jetzt um 20% gekürzt.

    Danke liebe Ampel, danke an Grüne und CDU in SH.



    Schuldenbremse und Bedienung der HSH-Verbindlichkeiten gegenüber den „Reichen und Schönen“ sind halt wichtiger als alles andere,