: Peinlicher als erlaubt
■ In der Bürgerschafts-Broschüre zum „Tag der offenen Tür“kommt nur die SPD vor
Bedröppelt blickt er drein, um Entschuldigung hat er gebeten, Abhilfe versprochen, der Sprecher der Bürgerschaftspräsidentin, Karl Stellmacher. Doch es nützt alles nichts: CDU, GAL und Statt Partei rasen, wüten und schnauben. Genosse Stellmacher habe schlicht verdrängt, „daß es im Rathaus nicht nur die SPD gibt“, zischt der CDU-Geschäftsführer Volkmar Schön. Dieser Mann sei „als Pressesprecher der Parlamentspräsidentin nicht besonders geeignet“, giftet der GAL-Fraktionvorsitzende Willfried Maier.
Denn in der Broschüre zum morgigen „Tag der offenen Tür“im Rathaus ist auf dem wegweisenden Grundriß nur das SPD-Fraktionsbüro eingezeichnet. In 15.000 Exemplaren wurden die anderen Parteien einfach weggelassen. Dabei sei es die Pflicht der Bürgerschaftskanzlei, „alle Fraktionen gleichzubehandeln“, wettert Schön.
„Ein Denkfehler“, erklärt Bürgerschaftsdirektor Eckhart Reinert. Natürlich dürfe man „nicht nur einen Teil des Volkes bedienen“. Die Fehlerquelle höchstselbst, Pressesprecher Stellmacher, wollte den Hinweis auf das SPD-Büro als „technischen Hinweis“verstanden wissen, als Orientierungshilfe, damit man die Dokumentation im selben Stockwerk auch finde. Das sei „ein Dienst am Publikum“. Außerdem sei das Fraktionsbüro der SPD im Vergleich zu Statt, CDU und GAL am „schlechtesten zu finden“.
„Hochärgerlich“findet GAL-Geschäftsführerin Lexi von Hoffmann nicht nur den Fauxpas. Sie habe sich von Stellmacher „auch noch anblaffen lassen“müssen, als sie ihn darauf ansprach. An ein Versehen mag GALier Maier nicht glauben, höchstens „an ein systematisches Versehen“Stellmachers. „Der Mann ist einfach so gestrickt“.
Einstampfen lassen wollen die übergangenen VolksvertreterInnen das viele teure Papier dennoch nicht. Ein Beipackzettel soll Abhilfe schaffen. Er könne „neben“die Hochglanzbroschüre gelegt werden, zum Einlegen bleibe jetzt einfach keine Zeit mehr, bedauert Bürgerschaftsdirektor Reinert.
„Dann müssen die eben selber falten gehen“, CDUler Schön hat überhaupt kein Einsehen. „Ein Einlegeblatt wird eingelegt“, pflichtet Statt-Gruppen-Chef Achim Reichert bei. Es gebe doch den studentischen Schnelldienst. Oder man stellt zwei Häftlinge dafür ab. Er könne ja mal mit dem von der Statt Partei in den Senat entsandten Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem sprechen. „Oh, nein!“stöhnt GALierin Lexi von Hoffmann über diese Strafarbeit für Strafgefangene.
Da es ans Eingemachte geht, will Stellmacher nun fürs Eingelegte sorgen. StudentInnen will er engagieren, die sollen die Blättlein ins Faltblatt legen. Begeistert wirkt er nicht. Aber: „Die politische Dimension verbietet es mir zu kommentieren.“ Silke Mertins
Tag der offenen Tür im Rathaus, morgen 10 bis 18 Uhr
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