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Pegida-Forscher Werner PatzeltKeine Seniorprofessur für CDU-Helfer

Die Technische Uni Dresden verweigert umstrittenem Politikwissenschaftler Patzelt den Ehrenstatus. Er beriet die AfD und die CDU.

Werner Patzelt wird im März emeritiert Foto: imago/Sven Ellger

Dresden taz | Nun knirscht es auch öffentlich zwischen der Technischen Universität Dresden und ihrem Professor Werner Patzelt. Seit 1991 hat er am Institut für Politikwissenschaft den Lehrstuhl für Politische Systeme und Systemvergleich inne, im März steht er vor der Emeritierung. Am Wochenende nun teilte der Dekan der Philosophischen Fakultät, Prof. Lutz Hagen, dem 65-Jährigen mit, dass ihm nicht die ehrenamtliche Weiterarbeit als Seniorprofessor ermöglicht wird.

Patzelt ist eine illustre Figur in Sachsen. Die CDU ernannte ihn dort jüngst zum Quasi-Chef ihrer Wahlstrategiekommission. Zuvor beriet er auch die AfD. Unter Kollegen und Studenten ist Patzelt, der zu Pegida forschte, heftig umstritten: Ihm wird eine allzu große Nähe zu seinen Beobachtungsobjekten vorgeworfen.

Die Universitätsleitung bezieht sich nun auf die Entscheidung des Fakultätsrates: Dieser habe Patzels Antrag auf eine Seniorprofessur abgelehnt. Er habe „Politik und Wissenschaft derart vermischt, dass dem Ruf der TUD und der Fakultät dadurch geschadet wurde.“ Dekan Hagen erwähnt in einem MDR-Gespräch zudem Patzelts Kooperation mit politischen Websites, die „in sehr polemischer Weise die Kanzlerin angegriffen und mit Joseph Goebbels in Verbindung gebracht haben“.

Die Universitätsleitung ärgert auch Patzelts unwahre Behauptung, Rektor Hans Müller-Steinhagen habe die Bundesfinanzierung für ein von Patzelt geplantes Institut verhindert. Gemeint ist offensichtlich das 2016 dem Bundestag untergeschobene „Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt“. Patzelt hatte immer bestritten, dass er der Strippenzieher dieses unter dem Arbeitstitel „Pegida-Institut“ angedachten Instituts sei. Der Rektor hingegen engagiert sich stets an vorderster Front bei allen Großveranstaltungen für ein welt­offenes Dresden.

Anlass für das Votum des Fakultätsrates dürfte aber die gerade erst bekannt gewordene Berufung Patzelts in die Wahlstrategiekommission der CDU gewesen sein. Ministerpräsident Michael Kretschmer selbst hatte ihn geholt und nannte nun die Angriffe gegen den Wissenschaftler „schändlich“.

Auf dem Nominierungsparteitag für die CDU-Liste zur Landtagswahl am 1. September verteidigten Delegierte am Sonnabend Patzelts Engagement für den Unionswahlkampf gerade mit dessen bevorstehender Entbindung von der wissenschaftlichen Neutralitätspflicht. Er sei ein „Glücksfall“ und die „schärfste Waffe im Wahlkampf gegen den Hauptgegner AfD“. Patzelt selbst schweigt bisher zur Erklärung seiner Universität.

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4 Kommentare

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  • Es ist doch interessant, dass erst jetzt bekannt wird, dass es in Ostdeutschland noch mehr Politikwissenschaftler gibt. [ :))] Jahrelang hat die ARD in ihren Programmen Patzelt als ausgewiesenen Kenner Ostdeutschlands präsentiert. Insbesondere PHOENIX hat dem OSSI-Versteher stundenlang das Rederecht erteilt, als wäre er als einziger Mensch in der Lage und kompetent den Deutschen in Ost und West die präzise Lage im Osten zu erklären. Eigentlich eine Frechheit. Wer lange Zeit in Ostdeutschland war und auch dort gearbeitet hat, wusste schon lange, dass dieser Mensch nicht mehr als ein paar Kilometer aus Dresden herausgekommen ist. Eigentlich kann man sagen: so viele Ostdeutsche, so viele DDR´s hat es gegeben. Aber wie Kinder haben die Deutschlandfunk-Moderatoren an Patzelts Mund gehangen und ihm jedes Wort geglaubt, weil sie selbst sicher nicht mehr als ein paar Wochenenden im Osten waren, geschweige denn viele Menschen gesprochen und kennen gelernt haben. Patzelt hat jedes Statement dazu missbraucht, seine politische Agenda unter die Leute zu bringen. Warum hat die Fakultät so lange gewartet, um diesem Herrn die Leviten zu lesen oder ihn einfach raus zu schmeißen?

  • Ausgezeichnet! Diesen AFD/Pegida-Versteher braucht in der Wissenschaft kein Mensch.

  • Das ist so ein typischer Fall: Natürlich zensiert hier nicht der Staat, aber einige Akteure vergiften das Klima einer Debatte durch persönliche Angriffe auf Leumund und wirtschaftlichem Bestehen. Mir geht es hier vermutlich wie vielen anderen: Man hält schon einfach aus Mitleid für den Schwächeren zu Patzelt.

    • @Beinemann:

      ? Ich wundere mich manchmal schon ob andere Menschen tatsächlich dasselbe gelesen haben wie ich, oder einfach blind loskommentieren. Vielleicht verstehen sie auch einfach nicht, dann tut es mir leid.