Pearl Jams Einsatz für Rollstuhlfahrer: Pure Gänsehaut
Roland Mandel sollte der Zutritt in die Berliner Waldbühne verweigert werden. Die Band zeigte ein eindrückliches Zeichen der Solidarität.
Die Band spielt bereits mehr als eine Stunde, als Sänger Eddie Vedder eine längere Ansage startet. Der Mann, von dem er jetzt rede, habe alles gegeben, um an diesem Abend das Konzert verfolgen zu können – wörtlich sagt der 57-Jährige: „He worked his ass off to be here tonight“. Da rufen bereits die ersten Menschen im Publikum laut „Roland, Roland“.
Roland Mandel ist Lehrer aus Lüneburg, bei ihm wurde vor einem knappen Jahr eine unheilbare Krankheit diagnostiziert. Er sitzt im Rollstuhl, hat nur noch ein paar Monate zu leben und dieses Pearl-Jam-Konzert in Berlin ist einer seiner letzten Wünsche.
Doch lange schien es so, als würde das scheitern – nicht unbedingt an Mandels Gesundheitszustand, sondern an den Veranstaltern des Auftritts, den Pächtern der Waldbühne, den Senatsverwaltungen. Die Bühne gehört schließlich dem Land Berlin. Denn als Mandel sein Ticket gekauft hatte 2019 war er noch gesund. Nun, nach zwei Jahren Pandemie, waren alle Plätze für Menschen im Rollstuhl längst belegt. Allerdings sind es auch nur zwölf – ein krasses Missverhältnis gemessen an der Gesamtzahl der Plätze. Nicht zu ändern, bekam seine Familie zunächst auf die Bitte zu hören, Roland Mandel doch den Besuch zu ermöglichen.
Empfohlener externer Inhalt
Um es kurz zu machen: Es klappte nach vielen Verhandlungen dann doch – und Mandel bekommt sogar einen Ehrenplatz. Er verfolgt das Konzert von einer Nische neben der Bühne aus. Und am Ende der Ansprache von Sänger Eddie Vedder schieben Familie und Freunde ihn dann mitten drauf, auf die Bühne. „Er soll auch diesen besonderen Anblick miterleben“, sagt Vedder mit Blick in die bis in die Oberränge jubelnden Zuschauer*innen. Es ist zugleich ein Protest gegen die Behandlung Roland Mandels im Vorfeld. Mandel ist übrigens kein Einzelfall: Ein weiterer Fan im Rollstuhl erhielt ebenfalls erst nach dem von der taz öffentlich gemachten Aufruhr um Roland Mandels Geschichte einen Platz.
„Es war so unfassbar“, sagt Mandels Frau am Tag danach. So viele Menschen hatten mitgewirkt, diesen Konzertabend zu etwas ganz Besonderem zu machen. Und Roland Mandel selbst? „Er war so aufgeregt, so positiv, so voller Adrenalin“, sagt Mandels Frau. „Das bleibt für die Ewigkeit.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen