Pastörs zu Besuch in Unterkunft: NPD provoziert in Flüchtlingsheim
Die NPD erstritt über ihre Landtagsfraktion Zutritt zu einem Flüchtlingsheim in Mecklenburg-Vorpommern. Danach wetterte sie weiter gegen „Asylbetrüger“.
„So zu tun, als ob die Flüchtlinge, die oft nur ihr Leben retten konnten, hier wie im Schlaraffenland leben, ist absurd und zynisch“, sagt SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery. Zusammen mit etwa 15 Abgeordneten von SPD, CDU, Linken und Grünen ist er mit nach Horst gekommen, um der rechtsextremen Partei in der aktuellen Debatte um die Flüchtlingspolitik nicht das Feld zu überlassen.
Die NPD, die bundesweit nur noch in Mecklenburg-Vorpommern im Landesparlament sitzt, hatte sich vor dem Verfassungsgericht das Recht erstritten, die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes zu besuchen. Die Greifswalder Richter hoben das von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) zuvor verhängte Veto unter Hinweis auf die allgemeinen Abgeordnetenrechte auf. Caffier hält seine Grundsatzentscheidung dennoch für richtig. „Ein tatsächliches Interesse, sich über die Situation und Unterbringung der Flüchtlinge zu informieren, war bei der NPD absolut nicht zu erkennen. Vielmehr versuchte sie, ihr Auftreten als politische Provokation zu nutzen“, sagt der Innenminister.
Auch Nieszery sieht nach dem etwa zweistündigen, nicht öffentlichen Rundgang durch das frühere Kasernengelände seine Vermutung bestätigt. „Der NPD ging es mit ihrer offenkundigen Propaganda-Aktion doch von Anfang an nur darum, den Staat zu provozieren und bei ihrer Klientel zu punkten“, sagt er. Für den SPD-Politiker sind solche Aktionen wie in Horst und die aktive Rolle der NPD bei häufig auch gewalttätigen Protestaktionen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen weitere Gründe für ein Verbot der Partei. Er räumt aber ein, dass die NPD mit ihren ausländerfeindlichen Thesen auch außerhalb der eigenen Partei auf Resonanz stößt. „Da kann es nur klare Kante geben.“
Pastörs fragte gezielt nach Konflikten
Als „unerträglich“ wertet Grünen-Fraktionschef Jürgen Suhr den Versuch von Pastörs, bedürftige Menschen in Deutschland gegen die ankommenden Flüchtlinge auszuspielen. Und auch sein Parlamentskollege Hikmat Al-Sabty sieht in der NPD-Aktion nur ein Ziel: “Asylbewerber als Schmarotzer zu diffamieren und sie generell als Gefahr für die Gesellschaft hinzustellen“. So habe Pastörs gezielt nach Konflikten zwischen einzelnen Volksgruppen gefragt, berichtet der 61-jährige gebürtige Iraker, der selbst geflohen war und heute für die Linke im Landtag sitzt.
Menschen aus 23 Nationen würden in Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen und vorübergehend in der Erstaufnahme-Einrichtung untergebracht, sagt Peter Mehlem vom Landesamt für Migration. Wegen des großen Andrangs nach der Grenzöffnung in Ungarn sei es in Horst, wo regulär 650 Plätze vorhanden sind, zeitweise sehr eng zugegangen. „Da ist es normal, dass es auch mal Konflikte gibt. Aber angesichts des engen Zusammenlebens haben wir hier sehr ruhige Verhältnisse“, versichert Mehlem.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Privatjet auf Sylt besprüht
Haftstrafen für Letzte Generation – ohne Bewährung
Freihandelsabkommen Mercosur
Gegen die Isolation
Zwangsbehandlung psychisch Kranker
Im eigenen Zuhause
Stellenabbau in der Autoindustrie
Kommt jetzt die Massenarbeitslosigkeit?
Merkel zum Afghanistan-Abzug
„Ein furchtbares Scheitern“
Pressefreiheit in Israel
Bibis Medien-Blockade