Parteitag der FDP: Neustart mit altem Chef

Die Parteiführung stellt sich bei einer Krisenklausur hinter Guido Westerwelle. Dafür muss der Parteichef seine Macht mit anderen teilen und auf mehr Themen setzen.

Noch hat Westerwelle die Hosen an, Generalsekretär Lindner wird aber bereits als sein Nachfolger gehandelt. Bild: reuters

BERLIN taz | Wenn selbst Wolfgang Kubicki seinen Parteichef Guido Westerwelle preist, dann muss die FDP in einer wirklich verzwickten Lage sein. Nach der zweitägigen Klausur von Bundes- und Fraktionsvorstand lobte die Führungsriege der FDP einhellig sich selbst und ihren Frontmann. Westerwelle behält vorerst seine Ämter als Parteivorsitzender und Außenminister und darf die geplante Kursänderung der Partei moderieren.

"Die FDP wird sich bei ihrem Neustart pragmatischer geben", sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Kubicki. "Deshalb fühle ich mich meinem Vorsitzenden Guido Westerwelle seit diesem Montag auch deutlich näher und in der FDP besser aufgehoben als in den vergangenen Monaten." In den vergangenen Wochen hatte Kubicki am lautesten die weit verbreitete Kritik an der Arbeit Westerwelles geäußert. Die Umfragewerte der Bundespartei liegen zwischen 5 und 7 Prozent, bei Konflikten in der Koalition konnte sich die FDP nur selten durchsetzen.

Nun will die Partei mit einem erneuten "Neustart" den desaströs verlaufenen Regierungsbeginn vergessen machen. Bei der zweitägigen Klausur verabredete die FDP-Spitze daher, künftig mehr Themen und Personen in den Vordergrund zu stellen. Offen erklärte dies Kubicki. Von seiner Partei erwarte er, dass zukünftig "Persönlichkeiten wie Gesundheitsminister Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine stärkere Rolle spielen als gegenwärtig".

Westerwelle, der hierfür Macht abgeben müsste, drückte sich da zurückhaltender aus. Bei der Vorstellung der Klausurergebnisse erwähnte er nur Lindner namentlich. Dieser leitet die Arbeit am neuen Grundsatzprogramm der Partei, das in zwei Jahren die marktliberalen "Wiesbadener Grundsätze" aus dem Jahr 1997 ablösen soll. Am Montag erhielt er hierfür den offiziellen Auftrag. "Unser Generalsekretär Christian Lindner nimmt diese Herausforderung an", sagte Westerwelle. "Ich glaube, dass er zu Recht so viel Anerkennung nicht nur in der Partei, sondern auch weit darüber hinaus genießt, weil er eine ganz vorzügliche Arbeit macht." Der 31-Jährige wird als möglicher Nachfolger Westerwelles im Parteivorsitz gehandelt, gilt aber noch als wenig erfahren auf Bundesebene.

Lindner revanchierte sich für dieses Lob, indem er seinen Parteichef demonstrativ stützte: "Der Bundesvorstand hat nach einer intensiven Aussprache Guido Westerwelle den Rücken gestärkt."

Diese Unterstützung erkauft sich der Parteichef durch Zugeständnisse an seine parteiinternen Kritiker. Westerwelle gestand ein, die politische Arbeit in Oppositionszeiten sei sehr stark auf ihn zugeschnitten gewesen. Die FDP werde jedoch von sehr vielen Schultern getragen. Nun gebe es die "enorme Chance" für die Partei, sich "insgesamt auch breiter aufzustellen, inhaltlich und personell". Worin diese inhaltlichen Änderungen genau bestehen, ließ der Parteichef jedoch offen. Allgemein sprach er von einer Stärkung der Bürgerrechte, "Bildung als Bürgerrecht" und "rationaler Umweltpolitik", die Atomkraft als "Brückentechnologie" einbeziehe. Weiterhin gelte: "Die Entlastung der Mittelschicht, das bleibt unser Ziel."

Bis zum Herbst, so Westerwelle, solle eine Regierungskommission Vorschläge zum Thema Steuervereinfachung machen. Ob die zu Jahresbeginn eingeführte Steuerbegünstigung von Hotelübernachtungen dazu gehören wird, ließ Westerwelle noch offen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.