Parteitag der Berliner Linken: Von Krisen und Wagenknechten
Eigentlich will Berlins Linke am Samstag über Sozialpolitik in Krisenzeiten reden. Doch ein zentrales Thema dürfte der jüngste Wagenknecht-Eklat sein.
Kaum ein linker Landesverband ist so weit von Wagenknechts reaktionären Positionen entfernt wie der Berliner. Er gilt seit vielen Jahren als reformorientiert, regiert seit 2002 die meiste Zeit mit. Aber auch in der Berliner Linken würden Wagenknechts Positionen Unterstützung erfahren und gebe es Sympathien für „Querdenken“, sagt Parteichefin Katina Schubert.
Daher betont sie beim Vorgespräch am Mittwoch vor der Presse, dass Putin einen „brutalen völkerechtswidrigen Angriffskrieg“ führe und wendet sich gegen die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream II. Einen Parteiausschluss Wagenknechts hält Schubert indes für den falschen, weil „aussichtslosen“ Weg.
Am Samstag wird man dann genau hinhören, wenn erstmals nach dem Eklat im Bundestag Bundesparteichef Martin Schirdewan einen offiziellen Auftritt vor der Partei hat. Und auch Ulrich Schneider ist als Gast eingeladen: Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes war vor wenigen Tagen aus Protest wegen Wagenknecht aus der Partei ausgetreten.
Katina Schubert fordert derweil – wie das eine Parteiführung gerne tut, wenn Inhalte von internen Debatten verdrängt werden – die Konzentration auf die eigentlichen Anliegen der Linkspartei, vor allem die Bewältigung der „vielen sich überlagernden Krisen“. Es müsse jetzt darum gehen, „alle Berliner*innen gesund über den Winter zu bringen“; dafür zu sorgen, dass niemand im Kalten und Dunklen sitze, und auch Kultur und Unternehmen zu unterstützen.
Die Überschrift des Leitantrags: Leave NoOne behind!
Überschrieben ist der Leitantrag für den Parteitag mit „Niemanden zurücklassen“ – ein Slogan bislang vor allem für Unterstützung für Geflüchtete. Für Schubert ist er der „Inbegriff von Solidarität“: Geholfen werden müsse nun endlich auch jenen, die wenig bis nichts haben, was von der Ampelkoalition bisher nicht gewollt sei.
Zudem müsse die Energieversorgung in öffentliche Hände kommen; daher fordert die Linke die Rekommunalisierung der Gasag, auch wenn Gas nicht der Energieträger der Zukunft sei. Bei Uniper, dem vom Bund verstaatlichten Gasversorger, müsse darauf geachtet werden, dass er auch in Staatshand bleibe, sollte er wieder Gewinne machen.
Ab 2023 mit Doppelspitze
Für die Parteichefin selbst wird das Treffen voraussichtlich eine deutliche Veränderung bringen: Nachdem der Kreisverband Steglitz-Zehlendorf eine Doppelspitze an der Parteiführung per Antrag eingefordert hatte, übernahm der Parteivorstand diese Position – schließlich sei der Berliner Landesverband einer der letzten linken ohne Doppelspitze.
Schubert selbst findet diese „völlig in Ordnung“, bei vielen Treffen auch innerhalb der Berliner Koalition käme die Konkurrenz längst zu zweit, während sie alleine dastehe. Kommt der Antrag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit durch, wird beim nächsten Parteitag im Februar 2023 mindestens eine neue Parteivorsitzende gewählt.
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