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Parteispenden-WatchDie Finanziers der Parteien finden

736 Parteispenden in Höhe von über 13 Millionen Euro sind nun im Recherchetool der taz digital durchsuchbar. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Welche Unternehmen schenken den Parteien Geld? Bild: ap

Warum sollte es mich überhaupt interessen, von wem eine Partei Geld bekommt?

Die Öffentlichkeit soll Kontrolle über die Geldflüsse der Parteien ausüben – hielt das Bundesverfassungsgericht 1966 in einem Urteil fest. Grundlage dafür ist das Transparenzgebot nach dem Grundgesetz: „Das Verfassungsgebot zielt darauf ab, den Prozeß der politischen Willensbildung für den Wähler durchschaubar zu machen und ihm zu offenbaren, welche Gruppen, Verbände oder Privatpersonen im Sinne ihrer Interessen durch Geldzuwendungen auf die Parteien politisch einzuwirken suchen“, urteilte das Bundesverfassungsgericht.

Die Bürger sollen also sehen, welche Finanziers hinter den Parteien stehen. Die Suche nach den Spenden gestaltet sich aber etwas umständlich: Sie werden in den Rechenschaftsberichten der Parteien auf der Seite des Bundestages als PDF aufgelistet und sind nicht digital durchsuchbar. Parteispenden-Watch, das Recherchetool der taz soll die Suche vereinfachen.

[ ein aktuelles Suchtool finden sie bei LOBBYPEDIA ]

Wer sind die großzügisten Spender?

Die größten Spenden kommen von den Autoherstellern BMW und Mercedes, verschiedenen Banken, der Deutschen Vermögensberatung, Versicherungen und einigen Industrieverbänden. 2011 gab der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie mit seiner Spende an die CSU über 371.310 Euro am meisten Geld aus. Der Verband spendet jedes Jahr Hunderttausende.

Warum habt ihr erst die Spenden für das Jahr 2011 vorliegen?

Weil die Spenden in den Rechenschaftsberichten mit einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren erscheinen. In den Berichten müssen die Parteien ihre Spender mit Namen und Wohnort auflisten. Die aktuellen Berichte von 2013 beeinhalten die Spenden von 2011. Damit größere Geldflüsse nicht erst mit einer zweijährigen Verzögerung transparent gemacht werden, müssen Großspenden über 50.000 Euro dem Bundestagspräsidenten angezeigt und sofort auf der Seite des Bundestages veröffentlicht werden.

Zeigt das Suchtool alle Spenden an die Parteien an?

Nein, es ist dort nur ein kleiner Teil der Spenden zu sehen, weil nach dem Parteiengesetz nur Spenden über 10.000 Euro pro Spender und Jahr veröffentlicht werden müssen. Wenn ein Unternehmen nicht will, dass die Öffentlichkeit von einer Spende erfährt, kann es einfach jedes Jahr eine Summe überweisen, die knapp darunter liegt.

Warum setzt die Politik die Veröffentlichungsgrenze dann nicht einfach niedriger an?

LobbyControl und Transparency International fordern seit langem eine Absenkung der Grenze auf 2.000 Euro. Das hätte zur Folge, dass eine viel längere Liste von Spendern veröffentlicht werden müsste, als es jetzt der Fall ist. Die beiden Transparenzinitiativen sind der Überzeugung, dass man als Bürger auch bei tausenden Spendern noch durchblicken kann, wenn man sie digital durchsuchbar macht.

Der Mainzer Staatsrechtsprofessor Uwe Volkmann spricht sich dafür aus, die Veröffentlichungsgrenze auf 5.000 Euro abzusenken. „Es soll für den Bürger offengelegt werden, ob möglicherweise eine Einflussnahme vorliegt“, sagte er der taz. Vor allem auf der Kreisebene könnten auch kleinere Beträge entscheidend sein.

Was spricht gegen ein Absenkung?

Raju Sharma, Schatzmeister der Linkspartei, hält die jetzige Grenze für ausreichend. Alles in allem habe die Linkspartei im Jahr 2011 über 68.000 Zuwender gehabt, wenn man die Beiträge der Mitglieder mitrechnet. „Wenn wir beispielsweise die Zuwendungen ab 1.000 Euro veröffentlichen würden, kämen wir auf mehr als 1.000 Namen“, sagte Sharma der taz. Für den Bürger käme das einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich.

Parteienforscher Martin Morlok bringt noch einen weiteren Aspekt in die Diskussion. Es gehe bei der Frage auch um Persönlichkeitsrechte: „Eine deutliche Absenkung käme einer Offenlegung der Parteipräferenz der Bürger gleich“, sagte er der taz. Er hält die Grenze von 10.000 Euro für ausreichend.

Warum wird zwischen juristischen und natürlichen Personen unterschieden?

Das ist ein wichtiger Unterschied: Erhält eine Partei Geld von einer natürlichen Person, dann zahlt der Staat oben drauf: 38 Cent je gespendeten Euro, bis zu einer Summe von 3.300 Euro. Spenden bis 3.300 Euro können außerdem von der Steuer abgesetzt werden. Der Staat fördert Zuwendungen von Privatpersonen also doppelt. Geldgeschenke von juristischen Personen, also von Unternehmen, Verbänden und Vereinen sind steuerlich nicht absetzbar. Sie werden vom Staat auch nicht bezuschusst.

Warum tauchen unter den Spendern so viele Politiker auf?

Dabei handelt es sich um Beiträge von Mandatsträgern, die ebenso wie Spenden veröffentlicht werden müssen, wenn sie 10.000 Euro überschreiten. Die Parteien verlangen von ihren Mandatsträgern, dass sie einen Teil ihrer Diäten an die Partei abgeben. Die Grünen verlangen mit Abstand am meisten Geld von ihren Abgeordneten. Für alle Parteien im Bundestag gehören die Mandatsträgerbeiträge zu den wichtigsten Einnahmequellen. 2011 nahm etwa die CDU dadurch 17,5 Millionen Euro ein, die SPD 22,6 Millionen. Einen guten Überblick über alle Einnahmen der Parteien bietet Lobbypedia

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7 Kommentare

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  • F
    FROST

    Der Sachverhalt ist doch klar. Also warum wählt ihr diese schwänzelnden Hündchen der Großkonzerne noch? Es ist nur verdächtig, dass diese "Aufklärung" wieder mal nach den Wahlen geschieht. Es nutzt als wenig, dass man nur der FDP einen Denkzettel verpasst hat.

  • S
    Spendabel

    Können Sie herausfinden, ob Toll Collect an die CSU eine Spende gesandt hat?

  • MF
    Michael Fielsch

    Könnt Ihr bitte noch die Partei „NEIN!-Idee“ in die Liste mit aufnehmen. Ich habe dem Berliner Landesverband diesem Monat 13,- Euro gespendet, damit die NEIN-Option endlich auf den Wahlzettel kommt.

     

    Danke

  • B
    Borstell

    taz:

     

    "Die Parteien verlangen von ihren Mandatsträgern, dass sie einen Teil ihrer Diäten an die Partei abgeben. Die Grünen verlangen mit Abstand am meisten Geld von ihren Abgeordneten. Für alle Parteien im Bundestag gehören die Mandatsträgerbeiträge zu den wichtigsten Einnahmequellen. 2011 nahm etwa die CDU dadurch 17,5 Millionen Euro ein, die SPD 22,6 Millionen."

     

    eksom:

     

    "Nur bei den Partei der GRÜNEN muss jeder Abgeordnete/r (Mandatsträger/In) 50% seiner Bezüge an die Partei freiwillig spenden! Das steht so auch in der Satzung."

     

    Soll man diese verseckte Parteienfinanzierung auch noch gutheißen?

    Der Stammtisch schimpft über angeblich zu hohe Diäten, dabei geben Mandatsträger einen großen Teil des Geldes ab. Diese "Zwangsabgaben" von Mandatsträgern sollten verboten werden und die Diäten entsprechend gesenkt. An deren können dann transparentere Methoden der Parteienfinanzierung, die auch als solche im Haushalt auftauchen, eingeführt werden.

    Die Abgeprdneten der Piraten hatten Recht, also sie sich geweigert haben, das mitzumachen.

     

    Das durch die unterschiedlich hohen Mandatsbeiträge die Abgeordneten verschiedener Parteien "Netto" unterschiedlich viel rausbekommen, gefärdet übrigens auch die Gleichheit der Abgeordneten.

  • LP
    Les Paul

    Ist das ironisch gemeint? Wenn nein sollten sie besser keine öffentlichen Kommentare mehr schreiben und Fernsehen gucken.

  • LP
    Les Paul

    Parteispenden sind nur die halbe Wahrheit.

    Ich bin ein sog. Normalo und habe nicht weiter recherchiert, ich bin aber ein Beobachter des politischen Geschehens. Nach meinen Erinnerungen finanzieren sich die Parteien aber nicht ausschließlich über Parteispenden.

     

    Da gibt es beispielsweise die Möglichkeit, auf Parteiveranstaltungen sog. Informationsstände zu vermieten. Die Standmieten liegen weit über marktüblichen Messepreisen und werden von Industrie Finanzkapital und weiteren Verbänden genutzt, um die Kassen von CDU, CSU, FDP, SPD, und GRÜNEN, an den Kontrollgremien vorbei, zu füllen und Einfluss auf die o.g. Parteien zu nehmen. (Das war glaube ich eine Spiegelrecherche.) DIE LINKE hat sich an diesen Praktiken bisher nicht beteiligt.

     

    Weiterhin gibt es da die Möglichkeit über Stiftungen an Gelder zu kommen, sowie Druckschriften zu verkaufen und vermutlich noch vieles mehr.

     

    Der Einfluss von Interessenverbänden beschränkt sich aber nicht nur auf die Parteien, sondern beeinflussen auch die Politiker selbst. Da währe nicht zu vergessen, der wohlgefüllte Aktenkoffer unterm Tisch, der Vorstandsposten während der Mandatszeit oder der gut dotierte Beratervertrag nach Mandatsverlust. Auch an diesen Praktiken hat sich DIE LINKE, meines Wissens nicht beteiligt.

     

    Da selbst der Parteivorsitzende der CSU Seehofer schon zugegeben hat, Zitat „ Diejenigen die entscheiden sind nicht gewählt und Diejenigen die gewählt werden haben nichts zu entscheiden.“ (Seehofer bei Pelzig: ), bin ich der Meinung, dass die Demokratie Ansich seine Souveränität verloren hat.

     

    Eine juristische „Person“ (kann eine nationale o. internationale Gruppe o. Einzelperson sein), kein Stimmrecht besitzt, dürfen Sie ihre Interessen zwar äußern, ihre Vorschläge müssen aber öffentlich diskutiert werden und vom Souverän („Alle Macht geht vom Volke aus“) beschlossen werden.

     

    Wie souverän kann aber eine Partei oder Volksvertreter sein, die/der sein Mandat durch Geldmittel eines Interessenvertreters erlangt hat?

     

    Meiner Meinung nach hängt alles Übel mit der Parteienfinanzierung zusammen. Politik ist privatisiert worden. Wer sich die Parteien einkaufen kann, hat auch das Sagen wo´s lang geht. Das Deckmäntelchen Demokratie verschleiert nur die Strippenzieher und dem Wähler wird vorgemacht er hätte Anteil an der Macht. Doch eigentlich stört er nur.

     

    Meiner Meinung nach ist unser demokratisches System an sich reformbedürftig, denn ein grosser Teil der Wähler hat keinen Zugang zur Politik. Sie können es sich schlichtweg nicht leisten Mitgliedsbeiträge zu zahlen. Hartz4, Niedriglohn, Familien mit Kindern bei geringen bis normalen Einkommen, schlicht unterer Mittelstand bis arm. Sie dienen allgemein nur als sog. „Stimmvieh“.

     

    Ich stelle mir das so vor.

     

    -Die Mitgliedschaft in einer Partei ist gewollt und kostenlos. Politische Parteien werden zu 100% aus der Staatskasse finanziert, damit sichergestellt ist, dass jeder Bürger, unabhängig seiner finanziellen Situation, am politischen System teilhaben kann.

     

    -Die 5% Hürde und Parteiendemokratie bleiben erhalten.

     

    -Partei.- oder Mandatsträger-“Spenden“ erfüllen den Straftatbestand des „Hochverrats am Regierungssystem“ mit allen Konsequenzen und hebt auch die Immunität von Mandatsträgern auf, denn er ist dem Volk verpflichtet.

     

    Nur so ist sichergestellt, das ein Gesetz vom Volk erlassen wurde und ein Urteil in seinem Namen ausgesprochen werden darf.

     

    Ab einer bestimmten Summe ist eine „Spende“ nämlich eine Bestechung.

     

    Was treibt ihr da eigentlich? Volksverdummung? Euer Auftrag ist zu informieren und nicht Nebelkerzen zu zünden. Da ich hier eure Arbeit mache, kriegt ihr keinen Cent. Als alter Hausbesetzer, Ex-Urleser Ex-Einkommenssteuerzahler und nun EU-Rentner, könnt ihr mich gerne wegen meiner Kontodaten kontaktieren. Ich bin um jeden € Dankbar.

  • E
    eksom

    Nur bei den Partei der GRÜNEN muss jeder Abgeordnete/r (Mandatsträger/In) 50% seiner Bezüge an die Partei freiwillig spenden! Das steht so auch in der Satzung.

    Nicht nur dass: Jeder Grüne kann die Offenlegung der Bezüge seiner Madatsträger/In verlangen und erhält diese auch. Damit sind die Grünen weder von Banken, noch von Konzernen oder von Kapitalgebern mit anderen Absichten käuflich oder bestechlich! Bei den großen Parteien sieht es leider ganz ganz andres aus. Siehe aktuelle CSU in BAYERN. Aber auch bei der CDU und de SPD ist Vetternwirtschaft und keine Offenlegung von Einkünften Gewohnheitsrecht und ist damit kein Pflicht!