Parteikongress in Nordkorea: Kim will Atomarsenal ausbauen
Diktator Kim Jong Un möchte, dass Nordkorea von der neuen US-Regierung als Atommacht anerkannt wird. Corona setzte der Wirtschaft schwer zu.
Und die ist unmissverständlich: Die internationale Gemeinschaft – allen voran der „Hauptfeind“ USA – täten besser daran, Nordkorea endlich als Atommacht anzuerkennen.
Nur wenige Tage vor Joe Bidens Amtsantritt in Washington zementiert Pjöngjang den Status quo auf der geteilten Halbinsel also noch fester. Wahrscheinlich wird damit auch eine weitere Konstante der letzten Jahre wiederkehren: die regelmäßigen Raketen- und Atomtests des nordkoreanischen Regimes.
Die militärische Aufrüstung erfolgt zweifelsohne aus einer Position der Schwäche. Denn Grund zu Selbstbewusstsein hat Pjöngjang seit letztem Jahr wenig. Schon während seiner Neujahrsansprache hatte Diktator Kim mit erstaunlicher Offenheit das Scheitern seines ökonomischen Fünfjahresplans eingestanden: In fast allen Bereichen habe man die angestrebten Wirtschaftsziele deutlich verfehlt.
Kaum mehr Zucker und Speiseöl
Ironischerweise hat die Coronapandemie bewirkt, was die Vereinigten Staaten mit ihrer jahrelangen Sanktionspolitik nicht geschafft haben: Nordkorea vollständig vom Außenhandel zu isolieren. Schätzungen zufolge ist dieser von seinem ohnehin niedrigem Niveau um weitere 80 Prozent eingebrochen.
Auch wenn die Mitarbeiter fast sämtlicher Botschaften und internationalen Hilfsorganisationen inmitten des Lockdowns längst evakuiert wurden, erreichen dennoch vereinzelt anekdotische Informationen das Ausland: Das Fachmedium NK News berichtet etwa, dass selbst die exklusiven Supermärkte in der Hauptstadt Pjöngjang, der mit Abstand wohlhabendsten Region, kaum noch Zucker und Speiseöl führen.
Renommierte Experten wie etwa der Koreanist Andrei Lankov von der Kookmin-Universität in Seoul sprechen von der größten Herausforderung für das Regime seit der Zeit der Hungersnöte in den neunziger Jahren. Damals starben vermutlich Hunderttausende Nordkoreaner an den Folgen der Mangelernährung.
Die Erklärung für die jetzige Krise ist einfach: Aus Angst vor dem Virus hat die Staatsführung als weltweit erste ihre Landesgrenzen vollständig geschlossen und wird diese wohl auch als letzte wieder öffnen. Denn mit einem katastrophalen Gesundheitssystem sowie einer zu weiten Teilen unterernährten Bevölkerung ist Covid-19 für Nordkorea eine noch größere Gefahr als für andere. Zugleich vermutet das paranoide Regime hinter ausländischen Virologen oder Entwicklungshelfern potenzielle Spione.
Kims Schwester aus dem Weg geräumt
Trotz der fragilen Lage deutet jetzt nichts darauf hin, dass das System vor einem Kollaps stünde. Im Gegenteil: Kim Jong Un hat sich selbstbewusst beim Parteikongress den Titel des Generalsekretärs der Arbeiterpartei verleihen lassen – eine Ehre, die bislang für seinen verstorbenen Vater Kim Jong Il reserviert blieb.
Für Überraschung sorgte vor allem, dass Kims Schwester bei der aktuellen Mitgliederliste des Politbüros nicht mehr aufgezählt ist. Die 32-jährige Kim Yo Jong sorgte einerseits bei Auslandsreisen wie etwa während der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang 2018 für so etwas wie nordkoreanische Softpower und legte eine rasante Karriere im Regime hin.
Ihre Abwertung hat möglicherweise damit zu tun, dass Kim Jong Un mit Gerüchten über seine mögliche Nachfolge aufräumen will. Wegen seines mutmaßlich schlechten Gesundheitszustandes – schwer übergewichtig und Kettenraucher – sahen viele Medien seine jüngere Schwester als potenzielle Thronfolgerin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen