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Parteienbündnis in Schleswig-HolsteinAlle gegen die AfD

In Schleswig-Holstein vereinbaren die Landesvorsitzenden aller demokratischen Parteien, auf kommunaler Ebenen nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten.

Und am Revers das Eiserne Kreuz: Kurt Kleinschmidt, AfD-Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein Foto: dpa | Frank Molter

Hamburg taz | Als am Dienstag im schleswig-holsteinischen Henstedt-Ulzburg die neue Gemeindevertretung zur konstituierenden Sitzung zusammentraf, gab es Protest vor dem Bürgerhaus, das die AfD auch für Veranstaltungen nutzt. Unter dem Motto „Wir fordern Konsequenzen! AfD raus aus dem Bürgerhaus“ hatte das Bündnis „Tatort Henstedt-Ulzburg“ zur Aktion aufgerufen.

Anlass der Demonstration war der Erfolg der AfD bei der Kommunalwahl im Mai, bei der der Landesverband um Sprecher Kurt Kleinschmidt 8,1 Prozent der Stimmen holte. Bei der Landtagswahl war die AfD noch knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.

Auch in der Kommunalvertretung könnte sich Widerstand gegen die AfD formieren. Alle Parteien, von CDU und Grünen über SPD und SSW bis zur FDP, wollen der Normalisierung von AfD-Positionen entgegenwirken. Die Landesvorsitzenden vereinbarten, dass es auf kommunaler Ebene weder eine direkte noch eine indirekte Zusammenarbeit geben soll. „Gegen rechten Populismus stehen wir parteiübergreifend zusammen“, sagt die grüne Landesvorsitzende Anke Erdmann der taz.

Das gemeinsame Positionspapier kann als klares Signal gelesen werden – besonders bei der Union. Spätestens seit die AfD bei Wahlumfragen im Bund bei fast 20 Prozent liegt und bei Umfragen im Osten um die 30 Prozent, wird verstärkt eine demokratische Reaktion auf antidemokratischen Tendenzen diskutiert.

Die AfD versuche, die Kreistage, Stadt- und Gemeinde­vertretungen für sich zu instrumentalisieren, so das Papier

„Wir müssen klarer werden“, erklärte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Der Union, so Günther selbstkritisch im Interview mit der Welt am Sonntag, gelinge es nicht, „mit überzeugenden Angeboten wahrgenommen zu werden und die enttäuschten Stimmen abzuholen“, ihre Alternativen gegen die vermeintliche Alternative „präziser aufzuzeigen“.

Mit der Wahl ist die AfD in vielen kommunalen Vertretungen in Fraktionsstärke eingezogen, oft so stark, dass ihr als Fraktion im Zugriffsverfahren ein Ausschussvorsitz ober ein stellvertretendes Bürgermeisteramt zustünde, heißt es in dem Papier. Vor dem Hintergrund der stets radikalen Positionierungen der AfD, die teils offen rechtsextrem sind, müssten alle demokratischen Parteien einen gemeinsamen Umgang festlegen. Vor Abstimmungen oder Gremienbesetzungen solle ein klares Vorgehen festgelegt werden.

Die Landesvorsitzenden heben hervor, „dass die AfD mit Schauanträgen, rechtsradikalen Äußerungen und anderen Handlungen“ versuche, „die Kreistage, Stadt- und Gemeindevertretungen für sich zu instrumentalisieren“, dabei wolle sie „auch die herausgehobenen Positionen der Kommunalvertretungen nutzen“. Um dem entgegenzuwirken, weist das Papier auf rechtliche Mittel hin.

Auch verschiedene regionale mobile Beratungen gegen Rechtsextremismus weisen immer wieder auf die Wichtigkeit der kommunalen Ebene für die Akzeptanz rechter Positionen hin.

„Die Rechtsextremen aller Couleur versuchen sich hier stets als ‚Kümmernde‘ und bür­ge­r*in­nen­nah zu inszenieren“, sagt Torsten Nagel, Leiter des Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus der Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein, der die parteiübergreifende Position deshalb begrüßt. Denn Kommunalpolitik wird eher praxisnah und weniger politisch ausgerichtet wahrgenommen. Das sei aber eine verengte Wahrnehmung, so Nagel, „da unter diesem Deckmantel menschenfeindliche Ideologie verbreitet wird“.

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