Parteien vor der Wahl: Revolutionärer Umsturz bei der Linken

Die Linke straft ihre Fraktionsspitze ab und nominiert die bisher unbekannte Kristina Vogt neben Parlamentarier Klaus-Rainer Rupp als Spitzenkandidatin

Kristine Vogt und Klaus-Rainer Rupp gewannen die Spitzenplatz-Wahlen bei der Linken Bild: Jan Zier

Bremen - Die Linkspartei zieht mit Kristina Vogt und Klaus-Rainer Rupp an der Spitze in den Bremer Wahlkampf. Das ist Ergebnis einer 16-stündigen, aber disziplinierten Aufstellungsversammlung mit knapp 200 Parteimitgliedern im Konsul-Hackfeld-Haus, die erst gegen vier Uhr morgens endete.

Kristina Vogt, Mitarbeiterin des Rechtsanwaltes Jan Sürig, war bisher zwar Mitglied des erweiterten Landesvorstandes der Linken, ist aber erst seit 2008 Parteimitglied. Die 45-Jährige ist jedoch, wie sie sagt, "seit 30 Jahren im Bremer Westen" politisch aktiv. Sie sieht sich als Vertreterin der außerparlamentarischen Opposition, ist unter anderem in der Flüchtlingsarbeit aktiv und rechnet sich keiner der verschiedenen Parteiströmungen zu. Der bisherigen Linksfraktion warf sie implizit vor, "zu wenig Biss" gehabt zu haben. Dem Landesverband hielt sie entgegen, "ganz oft an eigenen Machtkämpfen erstarrt" zu sein. Vogt gewann in der Stichwahl mit einer Mehrheit von nur einer Stimme gegen Claudia Bernhard, Betriebsratsvorsitzende der Bremer Arbeit GmbH, aber deutlich gegen die Bürgerschaftsabgeordnete Inga Nitz, die auch Bundessprecherin der Strömung "Forum demokratischer Sozialismus" ist.

Klaus-Rainer Rupp, der Finanzpolitiker der Linksfraktion und wie Frauenpolitikerin Bernhard der Strömung der "Emanzipatorischen Linken" zuzurechnen, setzte sich seinerseits in einer Kampfabstimmung klar gegen den Parteilinken Heinz-Gerd Hofschen durch. Der Historiker am Focke-Museum, bis 1999 SPD-Mitglied, sieht im Parlament die "Tribüne des Klassenkampfes". Einziehen wird er auf keinen Fall: Er steht nicht auf der Liste. Der amtierenden Linksfraktion warf er "Intrigen und Gruppenegoismus" vor.

Der derzeitige Fraktionschef Peter Erlanson, Krankenhaus-Betriebsrat und Sympathisant der Strömung "Antikapitalistische Linke", der ebenfalls als Spitzenkandidat antrat, landete nach mehreren Abstimmungsniederlagen nur auf Platz 12 der Liste. Er kann also allenfalls noch dank der Chancen des neuen Wahlrechts wieder ins Parlament einziehen. Bei der letzten Bürgerschaftswahl bekam die Linkspartei 8,44 Prozent der Stimmen und damit sieben Mandate, davon eines aus Bremerhaven. Rupp und Vogt haben für die Wahl im Mai allerdings ein zweistelliges Ergebnis als Ziel ausgegeben.

Neben Rupp hat es aus der bisherigen Bremer Linksfraktion nur der Bildungspolitiker Jost Beilken auf einen aussichtsreichen Listenplatz geschafft: Im Kampf um Platz vier setzte er sich unter anderem gegen Hofschen und Erlanson durch. Inga Nitz ist nach mehreren verlorenen Abstimmungen gar nicht auf der Liste vertreten, Fraktionschefin Monique Troedel bewarb sich gar nicht wieder für ein Mandat. Die Nominierung der KandidatInnen für Bremerhaven steht noch aus. Sie entsandten vor vier Jahren Walter Müller in die Bürgerschaft (Landtag.) Einen sicheren Platz für die neue Fraktion haben Claudia Bernhard (Platz drei), Thea Kleinert, Sozialarbeiterin, Sprecherin des Kreisverbandes Links der Weser und Unterstützerin der Bürgerinitiativen "Alter Rettungshafen" und "Rettet den Stadtwerderwald" (Platz fünf) und Christian Wechselbaum, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), der auf Platz sechs kandidiert und damit nun statt Erlanson den Gewerkschaftsflügel der Partei repräsentiert. Die beiden Landesvorstands-Sprecher Cornelia Barth (Platz neun) und Christoph Spehr (Platz acht) haben wohl nur dann eine Chance, wenn die Linke bei der Bürgerschaftswahl im Mai deutlich mehr Stimmen holt als beim letzten Mal. Es sei denn, sie profitieren vom neuen Persönlichkeitswahlrecht. Allerdings haben sich beide auch nicht für vordere Listenplätze beworben, zeigten sich aber "sehr zufrieden" mit der Liste.

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